Joaquín Almunia, der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission, erklärt: „Die sogenannten Smartphone-Patentkriege dürfen nicht auf Kosten der Verbraucher ausgetragen werden. Deshalb müssen sich alle Industrie-Beteiligten an die Wettbewerbsregeln halten. Unser Beschluss zu Motorola, in Verbindung mit dem heutigen Beschluss, die Verpflichtungszusagen von Samsung zu akzeptieren, schafft Rechtssicherheit bezüglich der Umstände, unter denen Unterlassungsklagen zur Durchsetzung standardessentieller Patente wettbewerbswidrig sein können. Dies trägt auch zum ordnungsgemäßen Funktionieren der Normung in Europa bei. Patentinhaber sollten für die Nutzung ihres geistigen Eigentums fair vergütet werden, und Anwender solcher Normen sollten zu fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen Zugang zu standardisierter Technologie erhalten. Die Wahrung dieses Gleichgewichts gewährleistet, dass Verbrauchern eine breite Auswahl an interoperablen Produkten geboten wird.“
Im Wesentlichen dreht sich der Streit zwischen Motorola Mobility und der EU darum, ob Patente für Industriestandards bei Gericht für eine Unterlassungsverfügung und einem damit zusammenhängenden Verkaufsverbot genutzt werden können.
Die fraglichen standardessentielle Smartphone-Patente (SEP) von Motorola Mobility beziehen sich auf die GPRS-Mobilfunknorm des Europäischen Instituts für Telekommunikationsnormen (ETSI) als Teil der GSM-Norm, bei der es sich um eine zentrale Industrienorm für mobile und drahtlose Telekommunikationsdienste handelt. Bei Einführung dieser Norm in Europa verpflichtete sich Motorola Mobility, die Lizenzen für die Patente, die der Konzern als für die Norm unerlässlich erklärt hatte, zu FRAND-Bedingungen zu erteilen.
Im heutigen Beschluss hat die Kommission festgestellt, dass Motorola in Deutschland gegen Apple missbräuchlich eine Unterlassungsverfügung auf der Grundlage eines SEP beantragt und vollstreckt hat, zu dem es sich verpflichtet hatte, eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen zu erteilen. Zudem hatte Apple sich bereit erklärt, die Lizenz zu erwerben und die von dem zuständigen deutschen Gericht festzulegenden FRAND-Gebühren zu zahlen.
Die Kommission stellte ferner fest, dass es wettbewerbswidrig war, dass Motorola unter Androhung der Vollstreckung der Unterlassungsverfügung darauf bestand, dass Apple seine Rechte auf gerichtliche Prüfung der Gültigkeit von Motorola-SEP oder des Verstoßes gegen diese SEP durch Apple-Mobilgeräte aufgibt.
Die Verpflichtungserklärung von Samsung, die die EU heute apzeptiert hat, skizziert das Verfahren, wie zukünftige Rechtsstreitigkeiten beigelegt werden. Samsung hat sich verpflichtet, in Europa keine Unterlassungsverfügungen auf Grundlage seiner standardessentiellen Patente (SEP) für Smartphones und Tablet-Computer gegen Unternehmen zu erheben, die einen bestimmten Lizenzierungsrahmen einhalten. Nach diesem Lizenzierungsrahmen werden Meinungsverschiedenheiten zwischen Patentinhaber und Lizenznehmer, welche Bedingungen als fair, zumutbar und diskriminierungsfrei („FRAND“-Bedingungen) zu betrachten sind, vor Gericht oder – bei Einverständnis der Parteien – vor einer Schiedsstelle geklärt. Die Verpflichtungszusagen verschaffen laut EU sämtlichen potentiellen Lizenznehmern Rechtssicherheit, die bei Samsung eine Lizenz für einschlägige SEP erwerben wollen. Potentielle Lizenznehmer, die den Lizenzierungsrahmen akzeptieren, sind vor Unterlassungsklagen Samsungs auf der Grundlage einschlägiger SEP geschützt.
Der Lizenzrahmen sieht eine Verhandlungsdauer von bis zu 12 Monaten, und wenn keine Einigung gefunden wird, eine Festlegung der „FRAND“-Bedingungen durch ein Gericht oder durch eine Schiedsstelle, falls beide Seiten zustimmen. Ein unabhängiger Treuhänder wird die Kommission bei der Überwachung der ordnungsgemäßen Umsetzung der Verpflichtungen beraten.
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