Usedsoft hat Microsoft per Abmahnung Aussagen zu Gebrauchtsoftware in einem mittlerweile gelöschten Video bei Youtube untersagen lassen. Der Gebrauchtsoftwarehändler teilt mit, Microsoft habe die Abmahnung akzeptiert und wie gefordert erklärt, das Video nicht weiter zu nutzen, sowie die Kosten der Abmahnung übernommen. In dem Video habe Microsoft eine Reihe von Behauptungen aufgestellt, die den Urteilen von BGH und EuGH zum Thema Gebrauchtsoftware widersprachen.
Der Gebrauchtsoftware-Anbieter zitiert aus dem Microsoft-Video wie folgt: „Schließlich sollte man als Käufer doch vor allem wissen, was für einen Lizenzvertrag man überhaupt erwirbt, welche Rechte und Pflichten sich daraus ergeben, oder ob für die Übertragung der Lizenzen die Zustimmung des Herstellers erforderlich ist beziehungsweise tatsächlich vorliegt. Denn das Frankfurter Landgericht entschied kürzlich, dass dem Käufer allein mit selbst erstellten Lizenzurkunden und notariellen Bestätigungen zum Software-Lizenzerwerb noch keine Lizenzen übertragen werden.“
Usedsoft argumentiert, das Video suggeriere damit, „dass die Softwarelizenzübertragung von der Zustimmung des Softwareherstellers abhängt.“ Genau dies treffe aber mindestens seit der zweiten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Aktenzeichen I ZR 129/08) nicht mehr zu. „Die Urteile von EuGH und BGH lassen keine Fragen offen. Wenn die Software-Hersteller etwas anderes behaupten, sind das lediglich plumpe Versuche, die Kunden zu verunsichern, die man getrost ignorieren kann“, sagt Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider in einer Pressemitteilung. Am 17. Juli 2013 hatte das oberste deutsche Gericht Usedsoft Recht gegeben, indem es den Handel mit gebrauchter Software für grundsätzlich rechtmäßig und anderslautende Lizenzbedingungen für nichtig erklärte.
In der Urteilsbegründung heißt es dazu: „Hat der Inhaber des Urheberrechts dem Herunterladen der Kopie eines Computerprogramms aus dem Internet auf einen Datenträger zugestimmt, sind der zweite oder jeder weitere Erwerber einer Lizenz zur Nutzung dieses Computerprogramms nach § 69d Abs.1 UrhG zur Vervielfältigung des Programms berechtigt, wenn das Recht zur Verbreitung der Programmkopie erschöpft ist und der Weiterverkauf der Lizenz an den Erwerber mit dem Weiterverkauf der von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen Programmkopie verbunden ist.“
Hinsichtlich der „Erschöpfung des Urheberrechts“ hat der Bundesgerichtshof allerdings einige Bedingungen festgelegt. Das Urheberrecht hat sich ihm zufolge erschöpft, wenn der Hersteller vom Erstkäufer eine „dem wirtschaftlichen Wert der Kopie seines Werkes entsprechende Vergütung“ bekommen sowie mit dem Kauf das Recht erworben hat, die Software zeitlich unbegrenzt zu nutzen. Zudem müssen nach dem Kauf zur Verfügung gestellte Verbesserungen und Aktualisierungen von einem Wartungsvertrag abgedeckt sein. Natürlich gehört zu den Bedingungen auch, dass der Ersterwerber seine Kopie unbrauchbar gemacht hat. Letzteres war aber nie in Frage gestellt worden – schließlich ging es nicht um die Vervielfältigung, sondern den Weiterverkauf von Software.
Wichtig ist zudem, dass laut BGH das Recht zum Weiterverkauf auch nicht durch die Lizenzbedingungen ausgehebelt werden kann: Das einmal eingeräumte Recht zur „bestimmungsgemäßen Benutzung“ kann durch vertragliche Bestimmungen nicht ausgeschlossen werden, die dieses Recht dem Ersterwerber vorbehalten sei, so die Richter.
Wichtig ist auch, dass bereits der vom BGH befragte EuGH die Frage der Aufspaltung von Lizenzen geklärt hatte: Verboten ist nur eine Lizenz auf mehrere Nutzer zu verteilen – was ja einer Vervielfältigung gleichkäme. Erlaubt ist dagegen zum Beispiel, Lizenzen aus einem Volumenlizenzvertrag für 1000 Nutzer, in zehn Paketen zu je 100 Nutzerlizenzen weiter zu veräußern.
Gegen die Aufspaltung von Lizenzen aus Volumenverträgen hatte sich besonders Microsoft gesträubt. Bereits im Dezember 2012 hatte allerdings das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Blick auf den EuGH im Streit um Adobe-Lizenzen entscheiden, dass der Weiterverkauf von einzelnen Lizenzen, die ursprünglich im Rahmen eines Volumenlizenzvertrags erworben wurden, keine unzulässige Aufspaltung sei. Das Aufspaltungsverbot des EuGH beziehe sich nur auf die „abweichende Sachverhaltskonstellation“ von Client-Server-Lizenzen.
Im Hintergrund ist das nächste große Thema bereits absehbar: die Frage, in welchem Umfang Dritte berechtigt sind, Wartung und Support für Software anzubieten. Bis sie die deutschen Gerichte beschäftigt, ist es wohl nur eine Frage der Zeit. Zugleich mehren sich Hinweise, dass Softwareanbieter in einigen Fällen äußerst interessante Sonderkonditionen eingeräumt haben, um Drittanbieter von Support aus dem Geschäft zu drängen.
[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]
Tipp: Wie gut kennen Sie sich mit der europäischen Technologie-Geschichte aus? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de.
OutSystems-Studie: 62 Prozent der Befragten haben Sicherheits- und Governance-Bedenken bei Softwareentwicklung mit KI-Unterstützung.
Der Cybersecurity Report von Hornetsecurity stuft 2,3 Prozent der Inhalte gar als bösartig ein. Die…
Die Hintermänner haben es auf Zugangsdaten zu Microsoft Azure abgesehen. Die Kampagne ist bis mindestens…
Cloud-Plattform für elektronische Beschaffungsprozesse mit automatisierter Abwicklung elektronischer Rechnungen.
Mindestens eine Schwachstelle erlaubt eine Remotecodeausführung. Dem Entdecker zahlt Google eine besonders hohe Belohnung von…
Nur rund die Hälfte schaltet während der Feiertage komplett vom Job ab. Die anderen sind…