Urteil: Google muss personenbezogene Suchergebnisse auf Antrag löschen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat heute einen Streit zwischen Google Spanien und der spanischen Datenschutzbehörde Agencia Española de Protección de Datos (AEPD) entschieden (Aktenzeichen C131/12). Laut seinem Urteil ist der Betreiber einer Suchmaschine im Fall personenbezogener Daten auf von Dritten veröffentlichten Internetseiten für die von ihm vorgenommene Verarbeitung verantwortlich. Das heißt, dass eine Person unter bestimmten Voraussetzungen den Betreiber direkt auffordern kann, Links aus der Ergebnisliste zu löschen, die bei einer Suche nach ihrem Namen erscheint.

Laut EuGH sind die von einer Suchmaschine automatisch, kontinuierlich und systematisch zusammengetragenen Informationen Daten im Sinne der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments vom 24. Oktober 1995. Wenn Firmen wie Google diese Daten auslesen, speichern, organisieren, auf eigenen Servern vorhalten und bei Anfragen als Ergebnislisten weitergeben, verarbeiteten sie diese – und sind für diesen Schritt verantwortlich. Der Gerichtshof betont ausdrücklich, dass das auch für Informationen gilt, die zuvor in Medien veröffentlicht wurden.

Das EU-Gericht formuliert wie folgt: „Da die Tätigkeit einer Suchmaschine zusätzlich zu der der Herausgeber von Websites erfolgt und die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und Schutz personenbezogener Daten durch sie erheblich beeinträchtigt werden können, hat der Suchmaschinenbetreiber in seinem Verantwortungsbereich im Rahmen seiner Befugnisse und Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass seine Tätigkeit den Anforderungen der Richtlinie entspricht.“

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Google hatte unter anderem argumentiert, die Richtlinie sei nicht anwendbar, weil die Datenverarbeitung in Kalifornien und nicht im Geltungsbereich der Richtlinie stattfinde. Der EuGH hält dagegen, die spanische Tochtergesellschaft verkaufe im Geltungsbereich der Richtlinie Werbeflächen und mache damit das Angebot rentabel, weshalb Google auch der Richtlinie zu unterwerfen sei.

Das Verfahren geht auf die Forderung eines Spaniers zurück, der bei einer Google-Suche nach seinem Namen die Bekanntmachung über eine Zwangsversteigerung seines Hauses fand, die vor Jahren aufgrund unbezahlter Sozialversicherungsbeiträge gerichtlich angeordnet wurde. Die amtliche Bekanntmachung aufgrund gesetzlicher Vorschriften in Spanien ist noch immer auf der Website einer Tageszeitung zu finden. Der Betroffene forderte aber von Google, Suchverweise zu dieser Information zu entfernen.

Gegen Anfang des Jahres 2011 verlangten in diesem und 180 ähnlichen Fällen Spaniens Datenschützer die Löschung der Suchergebnisse, da sie die Privatsphäre der Betroffenen verletzten. Nachdem Google das Ansinnen aus grundsätzlichen Erwägungen heraus ablehnte, kam es zu einem Verfahren vor einem der höchsten spanischen Gerichte, das der Suchkonzern verlor. Dagegen legte Google Berufung ein.

Interessant ist, dass Niilo Jääskinen, Generalanwalt des Gerichtshofs der Europäischen Union, in seinem Schlussantrag (PDF) im Juni 2013 die Ansicht vertrat, dass Google nicht für die Löschung personenbezogener Daten auf Websites verantwortlich sei, auf die die Suchmaschine verweist. Jääskinen, der als Generalanwalt die Richter des Europäischen Gerichtshofs in ihrer Entscheidungsfindung unterstützt, ging davon aus, dass Google nicht der Herausgeber der umstrittenen Information ist. Deswegen sei der Konzern auch nicht dafür verantwortlich, dass der verlinkte Inhalt der EU-Datenschutzdirektive entspreche. Er argumentierte: „Eine nationale Datenschutzbehörde kann einen Internetsuchmaschinen-Diensteanbieter nicht zur Entfernung von Informationen aus seinem Index verpflichten, es sei denn, der Diensteanbieter hat ‚Exlusion Codes‚ nicht beachtet oder ist einer Aufforderung seitens des Websitebetreibers zur Aktualisierung des Cache nicht nachgekommen.“

Der Berliner Anwalt Johannes von Rüden begrüßte die Entscheidung des EuGH als Stärkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. „Damit hat jedermann nun faktisch das Recht darauf, vergessen zu werden“, teilt er mit – wenn auch nur im Fall sensibler Daten, „denn das Recht der Allgemeinheit am ungehinderten Informationszugang ist ein hohes Schutzgut und war entsprechend zu berücksichtigen.“

Die Entscheidung des EuGH ist laut von Rüden aber auch aus anderen, ganz praktischen Erwägungen heraus wichtig: Oft seien die Betreiber von Webseiten für die deutsche Gerichtsbarkeit gar nicht greifbar. Künftig könne man sich direkt an Google wenden und dort die Löschung aus dem Index beantragen. Damit verschwindet zwar der umstrittene Inhalt nicht – es wird aber deutlich schwerer, ihn aufzufinden. Auch die EU-Kommission ist mit dem Urteil zufrieden. In einer Stellungname heißt es: „Die EU-Kommission begrüßt die Bestätigung durch das Gericht, dass Nutzer Rechte haben, die sie gegenüber den Suchmaschinenbetreibern wahrnehmen können. Der Gerichtshof hat mit seiner Entscheidung die Position der Kommission unterstützt, die diese fundamentalen Persönlichkeitsrechte mit ihrer vorgeschlagenen Datenschutzreform in Gesetz gießt und so mehr legale Sicherheit für Unternehmen und Bürger bringen wird.“

Nutzer haben übrigens schon länger eine Möglichkeit, selbst die Löschung von Seiten aus dem Suchindex von Google zu beantragen. Allerdings läuft es meistens darauf hinaus, dass man sich zuvor beim Webseiten-Betreiber um die Löschung kümmern muss, sodass sich der Antrag auf Löschung nur auf den Google Cache bezieht.

Auf diesen Sachverhalt verweist auch die Bundesbeauftrage für den Datenschutz. Allerdings gibt es zwei Ausnahmen für Fälle, in denen zum Beispiel eindeutig rechtswidrige Inhalte vorhanden sind und nicht gegen den Anbieter vorgegangen werden kann oder wenn Informationen, die auf der ursprünglichen Website nicht mehr vorhanden sind, noch im Cache von Google abrufbar sind. Dann kann die Datenschutzaufsichtsbehörde in Hamburg helfen.

[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]

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Florian Kalenda

Seit dem Palm Vx mit Klapp-Tastatur war Florian mit keinem elektronischen Gerät mehr vollkommen zufrieden. Er nutzt derzeit privat Android, Blackberry, iOS, Ubuntu und Windows 7. Die Themen Internetpolitik und China interessieren ihn besonders.

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