Cisco beschwert sich über die Spähattacken der National Security Agency (NSA). In einem Blogeintrag wirft Chefjustiziar Mark Chandler der US-Regierung vor, über das Ziel hinauszuschießen und damit die Freiheit zu unterminieren. Er äußert sich im Namen von Ciscos gesamtem Führungsteam und fordert Maßnahmen, die für eine Balance zwischen Sicherheit und Freiheit sorgen sollen.
Chandler bezieht sich auf Medienberichte, nach denen der Auslandsgeheimdienst in den USA hergestellte Hardware auf dem Transportweg abfing und mit Hintertüren ausstattete. „Wir halten uns an die Gesetze der USA wie die von vielen anderen Ländern, die Exporte an bestimmte Kunden und Ziele untersagen“, schreibt Chandler. „Wir sollten uns daher darauf verlassen können, dass die Regierung nicht die gesetzeskonforme Auslieferung unserer Produkte beeinträchtigt und sie in dem Zustand belässt, wie wir sie hergestellt haben. Wer es anders handhabt und die legitimen Privacy-Rechte von Einzelnen wie Institutionen rund um die Welt verletzt, unterminiert das Vertrauen in unsere Branche.“
Dieser Vertrauensverlust schlägt sich für US-Technikfirmen auch in wirtschaftlichen Verlusten nieder, von denen Cisco offenbar am stärksten betroffen ist. Nicht zuletzt chinesische Kunden halten sich mit Bestellungen zurück. Schon im November warnte der Netzwerkspezialist vor bis zu 10 Prozent weniger Umsatz. Aber auch aufstrebende Märkte wie Brasilien und Mexiko wenden sich nach den NSA-Veröffentlichungen von Ciscos Netzwerktechnik ab.
In seinem dritten Fiskalquartal 2014 büßte der Hersteller deutlich an Umsatz und Gewinn ein, auch wenn er die Erwartungen der Analysten noch übertreffen konnte. CEO John Chambers nannte als vorrangige Herausforderung die rückläufige Nachfrage aus den aufstrebenden Märkten. Die Bestellungen aus diesen Regionen gingen um 7 Prozent zurück – aus den BRIC-Staaten plus Mexiko sogar um 13 Prozent. Cisco erwartet, „dass diese Herausforderungen weiterhin andauern“.
Ausdrücklich versichert Chefjustiziar Mark Chandler in seinem Blogeintrag weiter, Cisco arbeite mit keiner Regierung – auch nicht der Regierung der Vereinigten Staaten – zusammen, um seine Produkte zu schwächen: „Wenn wir von einer Sicherheitslücke erfahren, überprüfen wir das, informieren unsere Kunden und beheben es.“ Das Unternehmen gebe seinen Kunden robuste Tools, um ihre Umgebungen gegen Angriffe zu sichern, und habe mit seinen vielfältigen Maßnahmen das Vertrauen der Kunden erworben. „Wir erwarten, dass unsere Regierung das wertschätzt und dieses Vertrauen respektiert.“
Chandler fordert außerdem, Regierungen sollten nach klaren Richtlinien handeln und ihnen bekannte Sicherheitslücken umgehend an die Hersteller melden, damit sie behoben werden können – nur mit der möglichen Ausnahme, dass ein Gericht einen zwingenden Grund für eine vorübergehende Verzögerung feststellt. Regierungen sollten auch Dritte nicht davon abhalten, den Herstellern Schwachstellen zu melden. Klare Standards sollen außerdem dafür sorgen, dass Kunden weltweit darauf vertrauen können, dass ihre Informationen auch dann geschützt sind, wenn sie bei Tochterunternehmen von US-Firmen verwahrt werden.
Das Versäumnis, solche Regeln zu etablieren, stärke nicht die nationale Sicherheit, mahnt Chandler, sondern bringe die Kunden nur dazu, andere Lösungen zu bevorzugen. Es stärke vielmehr jene, die kein freies und offenes Internet wollen, und die veröffentlichten Vorwürfe als Rechtfertigung für mehr staatliche Kontrolle und eingeschränkte Meinungsfreiheit nutzen: „Ein Versäumnis, ein klares und transparentes Regelwerk zu schaffen, wird zu einem fragmentierten Internet führen, die Meinungsfreiheit einschränken und das weltweite wirtschaftliche Wachstum behindern.“
[mit Material von Larry Dignan, ZDNet.com]
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