Technikfirmen: National Security Letters verletzen verfassungsmäßige Rechte

Eine Gruppe von US-Technikfirmen will Kunden sowie Öffentlichkeit besser über die Anforderung von Nutzerdaten durch National Security Letters (NSLs) informieren dürfen. Mit ihnen können Ermittler ohne richterliche Anordnung Informationen verlangen, und sie sind zugleich mit strikter Geheimhaltung verbunden. In dieser Schweigepflicht sehen Google, Yahoo, Facebook und Microsoft eine Verletzung des 1. Zusatzartikels zur Verfassung der Vereinigten Staaten, der die Meinungsfreiheit garantiert.

Das geht aus entsiegelten Gerichtsdokumenten hervor. Unter Verschluss ist dabei allerdings noch der insgesamte Fall, nur einzelne Dokumente wurden bislang öffentlich gemacht. „Die Regierung hat versucht, sich an einer öffentlichen Debatte über die NSL-Regularien zu beteiligen“, heißt es in der Eingabe an das Berufungsgericht. „Ihr sollte nicht erlaubt sein, diejenigen mit einem Maulkorberlass auszuschließen, die am besten dazu in der Lage sind, einen informierten Beitrag in dieser Debatte zu leisten – nämlich diejenigen, die NSLs erhalten haben.“

Umstritten sind die National Security Letters vor allem durch die mit ihnen auferlegte Schweigepflicht. Den angeschriebenen Providern wird darin meist verboten, die Maßnahme – etwa dem Kunden gegenüber – zu kommunizieren. Das FBI kann damit beispielsweise von Internetfirmen vertrauliche Nutzerinformationen erhalten, wobei es Gründe wie Terrorismusabwehr angibt. Durch das 2001 verabschiedete Anti-Terror-Gesetz Patriot Act bekamen die Ermittler stark ausgeweitete Befugnisse, NSLs auch über spionagebezogene Ermittlungen hinaus einzusetzen, und nutzen diese offenbar intensiv. Schon 2007 stellte der Generalinspekteur des Justizministeriums in einem Bericht den „ernsthaften Missbrauch“ von NSLs durch das FBI fest.

Microsoft berichtete eben, dass es sich in einem Einzelfall durch eine andere gerichtliche Klage erfolgreich gegen die verlangte Herausgabe von Kundendaten durch einen National Security Letter des FBI wehren konnte. Der an Microsoft verschickte NSL bezog sich auf einen Enterprise-Kunden und forderte die Herausgabe von wesentlichen Subscriber-Informationen. Auch hier war eine Geheimhaltungsklausel enthalten, die es Microsoft untersagte, den betroffenen Kunden über die Anfrage zu informieren. Das Unternehmen entschied sich zur Anfechtung bei einem US-Bundesgericht in Seattle, da es sein verfassungsmäßiges Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt sah – und daraufhin zog das FBI den National Security Letter zurück.

Betroffene Technikfirmen ersuchen die US-Regierung schon länger darum, in Transparenzberichten auch detailliert NSLs ausweisen zu dürfen. Eine rechtliche Klärung suchen sie vor allem seit den zahlreichen Enthüllungen über das Spähprogramm PRISM und weitere Aktivitäten des Auslandsgeheimdienstes NSA, die auch ihre Geschäftskunden zunehmend verunsicherten.

Wie aus den entsiegelten Dokumenten zu entnehmen ist, hält die Regierung noch immer mit dem Argument dagegen, dass das verfassungsmäßige Recht auf Meinungsfreiheit den Firmen nicht erlaubt, über ihre Beteiligung an geheimen behördlichen Ermittlungen zu informieren. Die betroffenen Unternehmen halten diese Aussage für falsch und wollen sich weiter um eine gerichtliche Klärung bemühen, wie sie gegenüber der Washington Post versicherten.

„Die US-Regierung sollte Yahoo und anderen Technikfirmen erlauben, mehr über Anzahl, Umfang und Art von National Security Letters zu enthüllen, die sie erhalten“, heißt es in einer Stellungnahme von Yahoo. „Die Menschen haben das Recht, zu erfahren, wann und wie Regierungen ihre Informationen anfordern“, sagte eine Google-Sprecherin. „Wir hoffen, dass das Gericht erkennt, wie schädlich es sein kann, wenn Gesetze Firmen daran hindern, aufrichtig zu sein hinsichtlich Regierungshandlungen, die bürgerliche Freiheiten beeinträchtigen können.“

[mit Material von Steven Musil, News.com]

ZDNet.de Redaktion

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