Bericht: Bundesregierung plant Schlichtungsstelle für Google-Löschanträge

Die Bundesregierung will offenbar eine Schlichtungsstelle einrichten, an die sich Bürger wenden können, die Informationen zur eigenen Person aus Googles Suchergebnissen löschen lassen wollen. Wie das Handelsblatt in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, führen Union und SPD dazu aktuelle Gespräche mit dem Internetkonzern. Beide Seiten hätten Interesse an einer solchen Lösung.

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom 13. Mai ist Google verpflichtet, personenbezogene Suchergebnisse auf Antrag zu löschen. Entsprechende Anfragen gingen bereits kurz darauf bei dem Suchmaschinenbetreiber ein.

Noch ist aber offen, wer darüber entscheidet, ob ein Löschantrag zulässig ist oder nicht. Ole Schröder (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, sagte dazu im Handelsblatt „Es muss verhindert werden, dass Suchmaschinen beim Löschen von Meinungen und Informationen willkürlich vorgehen“. Daher seien „ein verpflichtendes Streitschlichtungsverfahren und eine Midiationsstelle“ sowie klare Regeln für den Umgang mit den Anträgen der Nutzer nötig. Auch Google selbst sei „wenig erpicht“ darauf, selbst zu entscheiden, unter welchen Umständen Suchresultate zu löschen sind.

An der Schlichtungsstelle werden sich laut dem Bericht auch die Datenschutzbeauftragten der Bundesländer beteiligen. Sie hatten bereits nach dem Urteil gefordert, in ein Entscheidungsverfahren zu den Löschanträgen eingebunden zu werden. Am 5. Juni sollen sie über ein gemeinsames Vorgehen beraten.

Das Urteil des EuGH macht den Betreiber einer Suchmaschine im Fall personenbezogener Daten auf von Dritten veröffentlichten Internetseiten für die von ihm vorgenommene Verarbeitung verantwortlich. Das heißt, dass eine Person unter bestimmten Voraussetzungen den Betreiber direkt auffordern kann, Links aus der Ergebnisliste zu löschen, die bei einer Suche nach ihrem Namen erscheint. Die fraglichen Einträge müssen die Privatsphäre der Person verletzen.

Google hatte das Urteil in einer ersten Stellungnahme als „enttäuschend für Suchmaschinen und alle Online-Verlage“ bezeichnet. Executive Chairman Eric Schmidt erklärte: „Es gibt da eine Kollision zwischen dem Recht auf Vergessen und dem Recht auf Wissen. Aus Googles Perspektive halten sie sich die Waage.“

Auch Wikipedia-Gründer Jimmy Wales übte Kritik. In einem Interview mit der BBC bezeichnete er die Entscheidung als „eines der weitreichendsten Internet-Zensur-Urteile, das ich je gesehen habe“. Er zweifelt vor allem an der Umsetzbarkeit. Internetnutzer könnten sich „über etwas beschweren und einfach behaupten, es sei irrelevant, und Google muss dann eine Entscheidung treffen. Das ist sehr schwer für Google, vor allem da das Risiko besteht, dass es rechtlich haftbar gemacht wird, wenn es in irgendeiner Form falsch entscheidet.“ Aus diesem Grund dürfte der Konzern auch an einer Schlichtungsstelle interessiert sein.

Das EuGH-Urteil soll die Privatsphäre von Nutzern schützen. Es geht auf die Forderung eines Spaniers zurück, der bei einer Google-Suche nach seinem Namen die Bekanntmachung über eine Zwangsversteigerung seines Hauses fand, die vor Jahren aufgrund unbezahlter Sozialversicherungsbeiträge gerichtlich angeordnet wurde. Die amtliche Bekanntmachung aufgrund gesetzlicher Vorschriften in Spanien ist noch immer auf der Website einer Tageszeitung zu finden. Der Betroffene forderte aber von Google, Suchverweise zu dieser Information zu entfernen.

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ZDNet.de Redaktion

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