Weitere EU-Kartellbeschwerde gegen Google eingereicht

Das portugiesische Unternehmen Aptoide hat bei der Europäischen Kommission eine Kartellbeschwerde gegen Google eingereicht. Der Betreiber des nach eigenen Angaben „größten unabhängigen“ Android-App-Stores wirft dem Internetkonzern vor, mit seinem Online-Marktplatz Play Store seine Marktmacht zu missbrauchen und andere Anbieter ins Abseits zu drängen.

„Die Europäische Kommission ist sehr aktiv bei der Ermittlung von Situationen, in denen eine dominante Marktposition missbraucht wird“, sagte Paulo Trezentos, Mitgründer und CEO von Aptoide, im Gespräch mit CNET. „Wir glauben, dass unser Fall überzeugend ist und er der der EU helfen kann, mit Google an einer Korrektur dieser Geschäftspraktiken zu arbeiten.“

Aptoide wirft Google vor, den Umgang mit Software von Drittanbietern im Lauf der Jahre verändert und die Installation von Software aus anderen Quellen als Google Play erschwert zu haben. Außerdem soll das Unternehmen Kernfunktionen des Android Open Source Project entfernt und stattdessen in seine eigenen Google Mobile Services integriert haben, zu denen wichtige Android-Apps wie Google Maps, Gmail und Google Play zählen.

Darüber hinaus entferne Google alternative App Stores sowie Anwendungen mit Links zu diesen Marktplätzen aus Google Play, so Trezentos weiter. Außerdem blockiere der Open-Source-Webbrowser Chromium den Zugang zu App Stores von Drittanbietern.

„App Stores können sehr wichtig sein und Google stellt sicher, dass es 100 Prozent des App-Vertriebs kontrolliert“, ergänzte Trezentos. „Die wettbewerbsfeindlichen Geschäftspraktiken schaden nicht nur Verbrauchern, die weniger und teurere Optionen haben, sondern auch der Android-Plattform als Ganzes.“

Trezentos fordert von Google, andere App Stores in Google Play zuzulassen. Sie müssten zudem von Google als „vertrauenswürdige Quellen“ für Android-Anwendungen eingestuft werden. Weiter solle Google die Android-Plattform langfristig offener gestalten für Beiträge von Dritten.

Die Europäische Kommission hat gegenüber CNET den Erhalt der Beschwerde bestätigt. Die Kartellregeln in der EU (PDF) sehen vor, dass ein „marktbeherrschendes Unternehmen eine besondere Verantwortung hat, dass sein Verhalten den Wettbewerb nicht stört“. Es bleibt abzuwarten, ob die Kartellwächter ein Verfahren eröffnen oder gar Änderungen von Google verlangen.

Laut Orla Lynskey, stellvertretende Jura-Professorin an der London School of Economics, hängt das weitere Vorgehen der EU von den Details der Beschwerde ab. „Google hat in vielen der möglicherweise relevanten Märkte eine dominante Stellung und deswegen ist die Frage, ob es diese Position ausgenutzt hat, um mögliche Mitbewerber auszuschließen.“ Die Kommission werde die Beschwerde nun sorgfältig prüfen und falls es sie annehme, ein offizielles Verfahren gegen Google einleiten.

Der IHS-Analyst Ian Fogg erwartet, dass ein offizielles Kartellverfahren gegen Google auch weitreichende Folgen für Apple und Microsoft hat. „Der mobile Markt ist heute anders als der PC-Markt, da App Stores in jedes wichtige Betriebssystem eng integriert sind – Google Play in Android, Apples App Store in iOS und der Microsoft Store in Windows Phone. Sollten die Kartellwächter die Vorinstallation von alternativen App Stores auf Android-Smartphones prüfen und die Beschwerde bestätigen, dann ist das wahrscheinlich der erste Schritt zu einer größeren Analyse des gesamten Markts für Smartphone-Inhalte und -Dienste und die Rolle von Google, Apple und Microsoft.“ Die Kartellwächter seien in der Lage, das gesamte derzeitige Vertriebsmodell für Apps, mobile Inhalte und Dienste in Frage zu stellen.

Aptoide hat nach eigenen Angaben 6 Millionen aktive Nutzer, die monatlich mehr als 50 Millionen Downloads generieren. Das Unternehmen ermöglicht Partnern aber auch, ihren eigenen Android Store zu erstellen. Auf mehrere Beschwerden, dass der Chromium-Browser Aptoide blockiere, habe Google bisher nicht reagiert, so Trezentos weiter. Es sei ihm auch nicht gelungen, bei Google einen Ansprechpartner für die anderen Probleme zu finden.

[mit Material von Luke Westaway, News.com]

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Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

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