Wenig überraschend wurde auf der WWDC 2014 nicht das neue iPhone 6 vorgestellt, sondern erwartungsgemäß über iOS 8 und seine neuen Funktionen gesprochen. Neu ist die Tastaturhilfe „Quicktype“, deren Funktionalität für Android-Nutzer in Form von Swype oder Swiftkey bereits bekannt ist. Damit ist es möglich durch das Ziehen einer Spur über die Tastatur zu schreiben. Das bewährte System erleichtert das Schreiben, eine Revolution ist es allerdings nicht. Vielmehr liefert Apple eine Funktion nach, die bereits in anderen Systemen etabliert ist.

Ebenfalls stark an Android erinnert eine Erweiterung des Notification-Centers. Damit kann man Hinweise, wie über neue SMS Nachrichten, über der aktuellen App anzeigen lassen. Damit muss man die aktuelle Aktion nicht unterbrechen. Bei Apples hauseigener Nachrichten-App iMessages, die die Kommunikation zwischen allen iPhone-Geräten ermöglicht, werden ebenfalls Funktionen nachgeliefert. Der Textservice wird um die Möglichkeit, Audionachrichten und Bilder zu versenden, erweitert. Damit nähert sich der Dienst bekannten Messenger Apps wie Telegram, WhatsApp oder Threema an.

Über mobile Bezahlmöglichkeiten hat Apple auf der WWDC nicht viel verraten. Immerhin gab es bekannt, dass Apps-Entwickler mit iOS 8 auch den im iPhone 5S integrierten Fingerabdruckscanner Touch-ID zugreifen können. Das würde die Autorisierung für einen Bezahlvorgang erheblich vereinfachen. Wie zu hören ist, plant Paypal Touch-ID zu unterstützten. Durch eine Integration von NFC im iPhone 6 könnte das Apple-Smartphone eine weiteres Feature enthalten, das mobile Bezahahlvorgänge erleichtert. Morgan Stanley rechnet fest mit der Nutzung von NFC im nächsten Apple-Smartphone. Gestützt wird die Vermutung nicht nur mit einem angeblichen Vertrag eines NFC-Zulieferers, sondern auch durch ein Apple-Patent, das mobile Bezahlvorgänge auf Basis von WLAN, Bluetooth und NFC beschreibt.

NFC steht für Near Field Communication (Nahfeldkommunikation) und ist ein international gültiger Standard zur kontaktlosen Übertragung von Daten per Funk auf kurze Distanzen. Über wenige Zentimeter Entfernung wird eine Übertragungsrate von maximal 424 kBit/s erreicht. Über 93 Prozent aller Smartphones mit NFC laufen unter Android. Das System ist hier gerade für Micropayments, also die bargeldlose Zahlung per Smartphone in kleinen Beträgen stark genutzt. Sowohl deutsche Sparkassen mit girogo, als auch die Deutsche Bahn nutzen NFC für kleinere Transaktionen. Die Anbieter und Einsatzbereiche wachsen und werden vielseitiger.

Gerade die kurze Reichweite von NFC macht die Technologie besonders tauglich für die Übertragung vertraulicher respektive kryptografisch gesicherter Daten. Anders als bei WLAN oder Bluetooth wird durch die Reichweite eingeschränkt, welche Geräte genau miteinander kommunizieren. Ein Angriff von Cyberkriminellen erscheint daher unwahrscheinlich. Wirklicher Schutz der Privatsphäre und Sicherheit vor einem Missbrauch ist aber dennoch nur dann gewährleistet, wenn die Funktion standardmäßig deaktiviert ist. Für den Einsatz sollte sie jedes Mal explizit im Gerät eingeschaltet werden. Es besteht durchaus die Möglichkeit, die Reichweite von NFC zu erhöhen, das benötigt zwar sehr starke Antennen, dennoch ist es nicht ausgeschlossen.

Seit Ende 2013 setzt Apple auf bereits auf sogenannte „iBeacons“, Bluetooth-4.0-Transmitter, zum Beispiel für die Navigation im Inneren von Gebäuden und Kundeninformation in den 254 US-Filialen. Die münzgroßen Transmitter werden mit einer Uhrenbatterie betrieben und haben eine Laufzeit zwischen einem und zwei Jahren. Das iBeacon an sich übermittelt keine Daten, sondern ermittelt lediglich die Position des Anwenders innerhalb eines Gebäudes. Das ermöglicht die Übermittlung von Daten über das gängige Mobilfunknetz oder WLAN, die an den Standort gebunden sind. Mögliche Einsatzorte für die iBeacon Technologie sind Bibliotheken, Restaurants, Universitäten, Flughäfen oder Hotels die in bestimmten Räumlichkeiten, Inhalte anbieten wollen, die mit der Position des Nutzers in Verbindung stehen. Auch für Museen könnte die Technologie interessant sein. Hier kann durch Positionsbestimmung eines iBeacon ein Videoclip oder ein Text, der Informationen über einen Ausstellungsraum oder ein Exponat liefert übertragen werden. iBeacons funktionieren sowohl mit iOS-Geräten, als auch mit Android- oder Windows-Smartphones.

Die Einsatzgebiete für NFC und die iBeacon-Technologie scheinen auf den ersten Blick durchaus unterschiedliche Funktionen zu erfüllen. Damit wäre eine Integration von NFC im iPhone 6 nicht ausgeschlossen. Kürzlich hat Apple mit China UnionPay einen Vertrag geschlossen. Dabei handelt es sich um einen Anbieter mobiler Bezahldienste. Dies lässt sich als weiteres Indiz für die Verwendung von NFC im kommenden Smartphone werten.

Dennoch wird in der Berichterstattung rund um NFC und iBeacon häufig eine Konkurrenz heraufbeschworen, die vielleicht mit der Integration von NFC im iPhone 6 ein Ende haben wird. Würde sich Apple dem Standard NFC für mobile Bezahlmethoden anschließen, bliebe dem Endnutzer auch ein Anbieterchaos durch konkurrierende Dienste erspart. Damit wäre für eine flächendeckende Einführung von NFC der Weg geebnet, während iBeacon seine eigene Funktionalität parallel dazu ausbreiten kann.

Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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