Microsoft will in Kürze ein Webformular zur Verfügung stellen, mit dem europäische Nutzer gemäß des Mitte Mai ergangenen Urteils des Europäischen Gerichtshofs die Löschung von personenbezogenen Suchergebnissen beantragen können. Google bietet solch ein Online-Formular für Löschanträge schon seit Ende Mai an.
Zwar wird Microsofts Suchmaschine Bing in Europa im Vergleich zur Google-Suche (mit einem Marktanteil von 92 Prozent) relativ wenig genutzt, aber dennoch muss der Konzern das EuGH-Urteil umsetzen. Dieses macht den Betreiber einer Suchmaschine im Fall personenbezogener Daten auf von Dritten veröffentlichten Internetseiten für die von ihm vorgenommene Verarbeitung verantwortlich. Das heißt, dass eine Person unter bestimmten Voraussetzungen den Betreiber direkt auffordern kann, Links aus der Ergebnisliste zu löschen, die bei einer Suche nach ihrem Namen erscheint. Die fraglichen Einträge müssen die Privatsphäre der Person verletzen.
Seit Ende Mai hat Google nach eigenen Angaben über 70.000 Löschanträge erhalten, die insgesamt 250.000 Webseiten betreffen. Um zu entscheiden, welche beanstandeten Suchergebnisse tatsächlich gelöscht werden, hat der Internetkonzern inzwischen einen „Lösch-Beirat“ gegründet. Dem achtköpfigen Expertengremium gehört auch die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger an.
Microsoft will dem „Recht auf Vergessen“ nun mit einem eigenen Online-Formular Rechnung tragen. Allerdings hat es sich bisher noch nicht dazu geäußert, wann genau es die Löschanträge einführen und wie es sie auswerten wird. „Wir arbeiten noch an den Details, wie wir die jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs umsetzen. Wir rechnen damit, in Kürze ein Antragsformular für EU-Bürger anbieten zu können“, erklärte ein Microsoft-Sprecher. Nach Informationen der New York Times kann Microsoft derzeit keine genauen Angaben zur Verfügbarkeit des Formulars machen, weil es sich zuvor noch mit Yahoo abstimmen muss, dessen Suche auf Bing basiert.
Was die Sache für die Suchmaschinenbetreiber erschwert, ist, dass es bislang keine offizielle Richtlinie gibt, wie sie konkret mit Anfragen umgehen und entscheiden sollen, welche Ergebnislinks veraltete Informationen enthalten oder irrelevant sind. Sie müssen vor allem prüfen, ob ein öffentliches Interesse an den Informationen besteht, zum Beispiel, ob es um finanzielle Betrugsfälle, Berufsvergehen oder Amtsmissbrauch, strafrechtliche Verurteilungen oder das öffentliche Verhalten von Regierungsbeamten geht.
In einer Stellungnahme gegenüber dem Guardian erklärte Googles Chefanwalt David Drummond, dass man sich mit sehr vagen und subjektiven Tests herumschlage, um die Gültigkeit von Anfragen zu überprüfen. „Die Beispiele, die wir bisher gesehen haben, verdeutlichen den schwierigen Bewertungsprozess, dem Suchmaschinen und die europäische Gesellschaft nun gegenüberstehen: ehemalige Politiker wollen Einträge entfernt haben, die ihre Politik in ihrer Amtszeit kritisieren; ernsthaft bitten Gewalttäter darum, Artikel über ihre Straftaten zu löschen; schlechte Bewertungen für Berufsgruppen wie Architekten und Lehrer; Kommentare, die Leute selbst geschrieben haben (und jetzt bedauern). In jedem dieser Fälle möchte jemand Informationen verstecken, während andere argumentieren könnten, dass diese Informationen öffentlich zugänglich bleiben.“
Unter seinen Sucherresultaten zeigt Google bei Personensuchen mittlerweile häufig den Hinweis an, dass einige Ergebnisse möglicherweise aufgrund der Bestimmungen des europäischen Datenschutzrechts entfernt wurden. Ob Microsoft eine ähnliche Mitteilung für Bing plant, hat es noch nicht mitgeteilt.
[mit Material von Liam Tung, ZDNet.com]
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