Edward Snowden: So wurde ich zum Whistleblower

Edward Snowden hat in einem Interview mit Wired erstmals seine Entscheidung erklärt, geheime NSA-Unterlagen an die Öffentlichkeit zu bringen. Den Ausschlag habe eine öffentliche Lüge des für die US-Geheimdienste verantwortlichen James Clapper gegeben. Clapper sagte im März 2013 vor einem Senatskomitee aus, die NSA sammle „nicht wissentlich“ die Daten von Millionen Amerikanern.

„Ich glaube, ich habe das am nächsten Tag in der Zeitung gelesen, habe mit Kollegen gesprochen und noch gesagt, könnt Ihr das glauben …?“, sagte Snowden im Interview. Er habe aber schon Jahre vorher Bedenken gehabt, was die Aktivitäten der NSA anging, insbesondere den Versuch, Pornokonsum durch radikale Politiker auszuspionieren. „Das ist wie damals, als das FBI die Untreue von Martin Luther King nutzen wollte, um ihn in den Selbstmord zu treiben. Wir haben gesagt, das sei damals unangemessen gewesen. Warum tun wir genau das jetzt?“

Besondere Sorge habe ihm der Bau einer Datenspeichereinrichtung in Bluffdale (Bundesstaat Utah) bereitet, erklärte Snowden weiter. Dort wurden Millionen Anrufe, Faxe, E-Mails, Datenübertragungen und SMS weltweit gesammelt und gescannt.

Nach der Wahl von Barack Obama habe er Gedanken an ein Weitergabe von Unterlagen erst einmal aufgeschoben, da er auf eine offenere Regierung gehofft habe, sagte Snowden. Er sei aber ernüchtert worden und bekam zunehmend den Eindruck, an einem „bösen“ System mitzuarbeiten.

Seine Kollegen seien nicht sonderlich schockiert gewesen über Clappers Aussagen vor dem Senat. „Das ist wie mit dem Frosch im kochenden Wasser“, sagte Snowden in Anspielung auf eine Fabel über einen Frosch, der in einen Topf mit kaltem Wasser springt und trotz langsamer Erhitzung so lange ausharrt, bis es zu spät ist. „Man wird ein wenig Bösem ausgesetzt, kleinen Regelverstößen, etwas Unehrlichkeit, ein wenig Täuschung, geringfügigen Handlungen gegen das öffentliche Interesse, und das kann man abperlen lassen, ja sogar rechtfertigen.“

Im gleichen Interview mit Wired hatte Snowden von MonsterMind berichtet, einem Cyber-Abwehrsystem der NSA, das derzeit entsteht. Es könne auch für Gegenangriffe verwendet werden. NSA-Algorithmen ermöglichen ihm zufolge eine Analyse massenhaft gesammelter Metadaten, um normalen Datenverkehr im Netzwerk von auffälligem oder gefährlichem Traffic zu unterscheiden. Anhand dieser Informationen könne die NSA unverzüglich und eigenständig eine „ausländische Bedrohung“ erkennen und blockieren.

[mit Material von ZDNet.com]

Tipp: Wissen Sie alles über Edward Snowden und die NSA? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de.

Florian Kalenda

Seit dem Palm Vx mit Klapp-Tastatur war Florian mit keinem elektronischen Gerät mehr vollkommen zufrieden. Er nutzt derzeit privat Android, Blackberry, iOS, Ubuntu und Windows 7. Die Themen Internetpolitik und China interessieren ihn besonders.

Recent Posts

Google kündigt neue Sicherheitsfunktionen für Chrome an

Der Sicherheitscheck entzieht unsicheren Websites automatisch alle Berechtigungen. Zudem können Nutzer in Chrome künftig Websites…

7 Stunden ago

Cyberkriminelle nehmen Fertigungsbetriebe ins Visier

Ontinue registriert einen Anstieg beim Anteil am Gesamtangriffsvolumen um 105 Prozent. Das Angriffsvolumen auf den…

7 Stunden ago

o1: OpenAI stellt neues KI-Modell für komplexe Abfragen vor

Das o1 genannte Modell liegt als Preview vor. Bei einer Mathematikprüfung beantwortet es 83 Prozent…

3 Tagen ago

Zoom erhält IT-Sicherheits- kennzeichen des BSI

Das Kennzeichen erhalten Zoom Workplace Pro und Zoom Workplace Basic. Es bescheinigt unter anderem aktuelle…

4 Tagen ago

Google verbessert Tab-Verwaltung in Chrome

iOS und iPadOS erhalten Tab-Gruppen. Zudem unterstützt Chrome nun die Synchronisierung von Tab-Gruppen.

4 Tagen ago

Identitätsdiebstahl: 58 Prozent der Deutschen sorgen sich um digitales Erbe

Sie befürchten einen Missbrauch der Identitäten von Verstorbenen. 60 Prozent befürworten deswegen eine Klärung des…

4 Tagen ago