Google hat öffentliche Anhörungen zum Thema „Recht auf Vergessenwerden“ in europäischen Hauptstädten angekündigt. Es will damit Antworten zu Fragen der praktischen Umsetzung des im Mai ergangenen Urteils des Europäischen Gerichtshofs einholen, wonach Suchmaschinen unter bestimmten Umständen personenbezogene Ergebnisse löschen müssen, wenn sie die Privatsphäre Betroffener verletzen. Aufgrund dieser Entscheidung können Personen den Betreiber direkt auffordern, Links aus der Ergebnisliste zu löschen, die bei einer Suche nach ihrem Namen erscheint.
Bei den Veranstaltungen werden eingeladene Experten, Mitglieder eines von Google gegründeten Lösch-Beirats sowie Teilnehmer diskutieren, die sich online dafür anmelden können. Die Debatten sollen öffentlich über das Internet gestreamt werden.
Googles Experten-Beirat gehören neben Executive Chairman Eric Schmidt und Chief Legal Officer David Drummond auch Wikipedia-Gründer James Wales, Luciano Floridi, Professor für Philosophie an der Oxford University, und der frühere Chef der spanischen Datenschutzbehörde José-Luis Piñar an. Auch die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wurde in das Gremium berufen.
In den Debatten soll es darum gehen, die Spannung zwischen den Grundprinzipien von freier Meinungsäußerung und dem Schutz der Privatsphäre zu überbrücken. Das erste Forum findet am 9. September in der spanischen Hauptstadt Madrid statt. In Spanien begann der Rechtsstreit, der zur Entscheidung des EuGH führte. Es ging dabei um die Lösch-Forderung eines Spaniers, der bei einer Google-Suche nach seinem Namen die lange zurückliegende Bekanntmachung über eine Zwangsversteigerung seines Hauses fand. Der Madrider Anwalt Joaquín Muñoz Rodriguez, der ihn erfolgreich vertrat, wird ebenfalls an der Veranstaltung teilnehmen. Gegenüber Bloomberg erklärte er es als „eine gute Idee, eine öffentliche Anhörung zu veranstalten. Abzuwarten bleibt aber, wer kommt und ob es echte Opponenten gibt.“
Trotz Einladung sagten Regulierungsbehörden eine Teilnahme ab und wollen nur einzelne Beobachter entsenden. Besonders skeptisch äußerte sich Isabelle Falque-Pierrotin, Chefin der französischen Datenschutzbehörde sowie Vorsitzende der Artikel-29-Datenschutzgruppe, dem Beratungsgremium der Europäischen Kommission in Fragen des Datenschutzes. Sie beschrieb Googles Initiative als Teil eines „PR-Kriegs“ zu einem Thema, das geschäftsstrategisch wichtig für das Unternehmen sei.
Den Regulierern scheint auch zu missfallen, wenn die Löschung von Links öffentlich gemacht wird. Als Google Medien wie die BBC und den Guardian über gelöschte Links informierte, löste das empörte Zensurvorwürfe aus. Die Wikimedia Foundation richtete aus Protest sogar eine eigene Seite ein, auf der sie Links auf Artikel der Online-Enzyklopädie Wikipedia veröffentlichte, deren Entfernung bei Suchmaschinen beantragt wurde.
Die weiteren geplanten Anhörungen finden am 10. September in Rom, am 25. September in Paris, am 30. September in Warschau, am 14. Oktober in Berlin und am 16. Oktober in London statt. Die Schlussveranstaltung folgt am 4. November in Brüssel, das als Hauptsitz der EU gilt.
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