NSA-Affäre: USA drohten Yahoo mit Millionen-Strafe

Die US-Regierung hat Yahoo im Jahr 2008 ein Bußgeld in Höhe von 250.000 Dollar täglich angedroht, um die Herausgabe von Nutzerdaten zu erzwingen. Einzelheiten wie diese gehen aus rund 1500 Seiten zuvor geheimer Gerichtsdokumente hervor, die ein Berufungsgericht jetzt freigab.

Der Internetkonzern hatte sich juristisch gegen die behördlichen Anforderungen zu wehren versucht, da es sie für verfassungsrechtlich bedenklich hielt. Nach einer Niederlage in der ersten Instanz und der angedrohten Millionenstrafe musste sich Yahoo jedoch fügen. Das wiederum lieferte einen Präzedenzfall, der es dem US-Geheimdienst NSA erlaubte, auch andere Technikfirmen zur Zusammenarbeit zu nötigen. Es war ein entscheidender Augenblick in der Umsetzung des Späh- und Überwachungsprogramms PRISM, das der NSA umfangreichen Zugang zur Online-Kommunikation der Nutzer von Yahoo und anderen Firmen gab, berichtet die Washington Post. Schließlich kamen alle wichtigen US-Technikfirmen einschließlich Google, Facebook, Apple und AOL den Forderungen nach. NSA-Dokumenten zufolge schloss sich Microsoft dem Programm schon vor dieser Entscheidung an.

Das damalige Urteil fällte das Geheimgericht FISC (Foreign Intelligence Surveillance Court) – dessen Entscheidungen die Öffentlichkeit ebenso wenig erfahren durfte wie die des Berufungsgerichts FISC-R. Yahoo konnte seine engagierten Versuche, sich einer Teilnahme am Überwachungsprogramm zu widersetzen, daher über Jahre hinweg nicht öffentlich machen. Im letzten Jahr erst konnte es sich mit einem Antrag durchsetzen, der die Offenlegung von juristischen Schriftsätzen sowie einer Gerichtsentscheidung aus dem Jahr 2008 forderte. Das Unternehmen wollte damit beweisen, dass es vehement für die Privatsphäre seiner Nutzer kämpfte und alle rechtlichen Mittel ausschöpfte, um nicht am Spähprogramm PRISM teilnehmen zu müssen – auch wenn es offenbar ein vergeblicher Kampf war.

Vollständig freigegeben wurden die fraglichen Gerichtsdokumente noch immer nicht. „Die Dokumente bleiben teilweise noch immer versiegelt und als geheim eingestuft, sind selbst unserem Team nicht bekannt“, schreibt Yahoos Chefjustiziar Ron Bell in einem Tumblr-Eintrag. „Die freigegebenen Dokumente unterstreichen, wie wir jeden Schritt dieses Weges kämpfen mussten, um die Überwachungsbemühungen der US-Regierung anzufechten.“

Yahoo drängt noch immer zur Freigabe weiterer Dokumente aus dem eigentlichen Gerichtsverfahren der Jahre 2007 – 2008. Die jetzt vom FISC-Berufungsgericht freigegebenen 1500 Seiten will das Unternehmen vollständig veröffentlichen. „Wir werden weiterhin Anforderungen und Gesetze anfechten, die wir als rechtswidrig, unklar oder zu breit ausgelegt betrachten“, bekräftigt der Chefjurist von Yahoo.

Die veröffentlichten Dokumente werfen viele Fragen zum Verhalten anderer Technikfirmen auf. Ein Unternehmen nach dem anderen versuchte in den letzten Jahren, mit Transparenzberichten seine aufrechte Haltung zu beweisen. Dropbox verstärkte seine Bemühungen soeben mit der Umstellung seiner Berichte von jährlich auf halbjährlich. Im Dropbox Blog stellte Chefjustiziar Bart Volkmer heraus, dass die Ermittlungsbehörden noch immer häufig auf Geheimhaltung drängen, selbst wenn eine gesetzmäßige Handhabe dafür fehlt.

„Solche Klauseln waren bei 80 Prozent der von uns im Berichtszeitraum erhaltenen Anordnungen angefügt“, schreibt Volkmer. „Wir haben uns zur Regel gemacht, unsere Nutzer über Anfragen nach ihren Informationen zu benachrichtigen. Daher fügen wir uns nicht, wenn eine Behörde ohne rechtliche Grundlage eine Schweigepflicht durchsetzen will.“

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ZDNet.de Redaktion

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