Routerzwang: Wirtschaftsministerium bekräftigt geplante Abschaffung

Das Bundeswirtschaftsministerium bekräftigt nach jetzt laut gewordener Kritik sein Festhalten an der geplanten Abschaffung des Routerzwangs. Unter anderem der Bundesverband IT-Mittelstand (BITMi) und der Digitale Gesellschaft e.V. hatten sich erstaunt und verärgert geäußert. Anlass war ein Entwurf der Bundesnetzagentur zur sogenannten Transparenzverordnung. Einzelne Router-Hersteller waren auf Anfrage von ZDNet bisher nicht zu einer offiziellen Stellungnahme bereit, äußerten sich aber inoffiziell ähnlich.

Im vergangen Jahr hatte die zunehmende Neigung der Netzbetreiber, Kunden einen bestimmten, oft funktional eingeschränkten Router vorzugeben, einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Auf Anfragen von Verbrauchern hatte die Bundesnetzagentur zunächst ablehnend reagiert. Die Opposition gegen den Routerzwang war aber schließlich so groß geworden, dass sich auch die Politik des Themas annahm, indem sie im Koalitionsvertrag dessen Abschaffung vereinbarte.

Die Bundesnetzagentur hatte dann für November eine Anhörung angesetzt und im Februar versichert, man plane in der kommenden Verordnung die Abschaffung des Routerzwangs – und werde so den politischen Willen der Großen Koalition zur Digitalen Agenda kurzfristig umsetzen.

Der nun vorliegende Entwurf setzt dieses Versprechen jedoch nicht vollständig um. Stein des Anstoßes sind die eigentlich verbraucherfreundlich klingenden Bestimmungen in Paragraf 1 zu allen Punkten, die im Produktinformationsblatt enthalten sein müssen. Dort heißt es, Unternehmen müssten Kunden, sofern „der Telekommunikationsdienst mit einem integrierten Zugangsgerät (Integrated Access Device „IAD“) gebündelt vermarktet wird“, vor Vertragsabschluss darüber informieren, falls „das integrierte Zugangsgerät vom Kunden nicht ausgetauscht werden darf“ – sprich, wenn Routerzwang herrscht. Außerdem muss bereits vorab auf das Recht zum Anschluss von Telekommunikationsendeinrichtungen an die entsprechende Schnittstelle, die Darstellung der Funktionen des Gerätes sowie etwaige Einflüsse auf den Telekommunikationsdienst informiert werden. Auch die Zugriffsmöglichkeiten des Anbieters auf das Gerät sowie eventuelle Auswirkungen auf personenbezogene Daten des Kunden müssen ebenso wie etwaige mit der Nutzung des Geräts für den Kunden verbundene Kosten klar benannt sein.

Letztendlich geht aus dem Entwurf der Verordnung also implizit hervor, dass Telekommunkationsanbieter Endkunden Router vorgeben dürfen. „Das ist ein krasser Widerspruch zu dem, was CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hatten. Dort steht, dass sie den Routerzwang abschaffen wollten“, erklärt BITMi-Präsident Oliver Grün. „Dass die Bundesnetzagentur jetzt mit einem solchen Entwurf aus der Deckung kommt, zeigt, dass die Politik dringend handeln muss. Der Verordnungsentwurf klingt nicht so, als ob man überhaupt noch Interesse an einer Abschaffung des Routerzwangs hat.“

Die Vodafone EasyBox 803 ist ein vom Provider bereitgestellter Router (Bild: Vodafone).

Alexander Sander, Geschäftsführer des Digitale Gesellschaft e.V. ergänzt: „Der Routerzwang ist weder zeitgemäß noch verbraucherfreundlich. Wenn man die Menschen einerseits dazu auffordert, selbst für einen besseren Schutz ihrer Daten im Netz zu sorgen, kann man sie nicht gleichzeitig dazu zwingen, Geräte zu verwenden, denen sie nicht trauen. Daran ändert auch die vorgesehene Informationspflicht nichts, da Verbraucherinnen und Verbraucher damit in das Dilemma gebracht werden, sich zwischen ihrem bevorzugten Netzzugang und dem vorgeschriebenen Router zu entscheiden.“ Zudem gibt Sander zu bedenken: „Auch wird die Information ihnen wenig nützen, wenn sich die großen Telekommunikationsunternehmen geschlossen für Zwangsrouter entscheiden.“

Grün zufolge sieht die Bundesnetzagentur derzeit keine gesetzliche Grundlage, um gegen den Routerzwang der Telefongesellschaften vorzugehen. Die Bundesregierung dagegen hat zwar für das kommende Jahr einen Gesetzesentwurf angekündigt, der Zwangsrouter unterbinden soll, gut informierte Beobachter in Berlin sind aber skeptisch, ob diese Ankündigung auch in die Tat umgesetzt wird. Schließlich würde mit dem Gesetz eine gerade erst ergangene Verordnung über den Haufen geworfen, weshalb das Gesetz unter Hinweis auf die gerade erst zum Thema ergangene Verordnung wieder in der Schublade verschwindet.

Auf Anfrage von ZDNet widerspricht das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) dieser Spekulation. Das Ministerium teilt mit, es sei nach wie vor beabsichtigt, „eine Regelung zur freien Routerwahl in das Telekommunikationsgesetz aufzunehmen.“ Außerdem erklärt das BMWi gegenüber ZDNet, dass die Verordnung der Zustimmung des Wirtschaftsministers bedarf. Und weiter: „Zwischen BMWi und der Bundesnetzagentur besteht Einvernehmen über das Ziel einer freien Routerwahl. In der Begründung der Rechtsverordnung weist die Bundesnetzagentur deshalb auch ausdrücklich auf das Vorhaben der Bundesregierung hin, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, die eine freie Routerwahl ermöglicht. Das BMWi wird im Rahmen der anstehenden Abstimmung prüfen, inwieweit die vorgesehene Verordnungsregelung, die mit Blick auf die Transparenzvorgabe den aktuellen Stand wiedergibt, insoweit missverständlich ist.“

Brigitte Zypries, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, hat diese Auffassung heute ebenfalls noch einmal bekräftigt: „Die TK-Transparenzverordnung ermöglicht es Verbrauchern jetzt, die Bandbreiten und Geschwindigkeiten ihrer Internetverbindung zu testen. Zudem werden die Anbieter verpflichtet, die Verbraucher in einem Informationsblatt genau über die Bedingungen ihres Internetvertrags zu informieren.“ Beides bezeichnet sie als wichtige Schritte zu mehr Transparenz. Zypries weiter: „Ich setze mich parallel dafür ein, den Internetnutzern eine freie Routerwahl zu ermöglichen. Das Bundeswirtschaftsministerium erarbeitet dazu – wie auch im Koalitionsvertrag vereinbart – einen Gesetzentwurf.“

Peter Marwan

Für ZDNet veröffentlicht Peter immer wieder Beiträge zum Thema IT Business.

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