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Microsoft will in Deutschland mit mehr Tempo in die Cloud

Auch wenn Microsoft gerade die Version 10 seines Produktflaggschiffs Windows vorgestellt hat – die Zukunft des IT-Riesen wird nicht auf dem Desktop stattfinden. „Unser Geschäft wird sich in Richtung Cloud bewegen“, sagte Christian Illek, Vorsitzender der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland, auf der diese Woche stattfindenden Partnerkonferenz in Mannheim. „Dazu gibt es keine Alternative“, so Illek weiter. In einigen Jahren werde der Umsatz mit Cloud-Services über dem mit Nicht-Cloud-Angeboten liegen.

Doch auf dem deutschen Markt muss Microsoft dafür noch an Tempo zulegen. „Wir bewegen uns noch nicht schnell genug von On-Premise in Richtung Cloud“, stellt Illek fest. In Deutschland sei Amazon mit seinem Web-Services-Angebot noch die dominierende Größe. Das muss sich laut Illek möglichst schnell ändern.

Floris van Heijst ist als General Manager für das Mittelstands- und Partnergeschäft von Microsoft Deutschland verantwortlich (Bild: Markus Strehlitz).

Probleme machen aber auch die Anwender selbst. Dienste aus der Wolke sind bei hiesigen Unternehmen noch nicht so beliebt wie in anderen Ländern. Zwar komme Deutschland „langsam aus den Startlöchern“, so Illek. Doch besonders bei der Public Cloud gebe es noch Nachholbedarf. Vor allem kleine und mittlere Firmen halten sich noch zurück. „Die Cloud hat sich im Mittelstand noch nicht durchgesetzt“, meint Illek.

Diese Zielgruppe wolle Microsoft vor allem mit seinen Hosting-Partnern erreichen, wie Floris van Heijst berichtet, der als General Manager für das Mittelstands- und Partnergeschäft von Microsoft Deutschland zuständig ist. Hosting sei bei den deutschen Anwenderunternehmen nach wie vor sehr beliebt. „Unser Hosting-Team in Deutschland ist eines der größten weltweit“, so van Heijst.

Im Cloud-Geschäft setzt Microsoft unter anderem auf die Attraktivität von Office 365. Um 400 Prozent ist der Umsatz mit der webbasierten Bürolösung in den vergangenen zwölf Monaten gewachsen. 3000 Microsoft-Partner kümmern sich mittlerweile darum, das von vielen von ihnen zunächst skeptishc beäugte Office 365 zu den Anwendern zu bringen.

Ein weiterer Punkt, an dem Microsoft ansetzt, um beim Cloud Computing voranzukommen, ist das Thema Datensicherheit und Datenschutz. Das mangelnde Vertrauen der Nutzer ist nach wie vor eine der großen Hürden für die Verbreitung von Services aus der Wolke. Das bestätigt zum Beispiel ein Whitepaper des Marktforschungshauses Experton Group. Die Analysten sehen darin „wesentliche Hemmnisse für den weiteren Einsatz von Cloud-Lösungen und -Services in den Befürchtungen möglicher Anwender, die Kontrolle über ihre Daten zu verlieren.“ Potenzielle Nutzer fühlten sich außerdem den hohen Datenschutzanforderungen nicht gewachsen, die mit Cloud Computing verbunden sind.

Microsoft-Chef fordert EU-Datenschutzverordnung

Winfried Kretschmann, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, sprach als Gastredner auf der Microsoft-Partnerveranstaltung in Mannheim (Bild: Markus Strehlitz).

Microsoft ist daher bestrebt, sich als besonders sicherer IT-Anbieter zu positionieren. Die große Bedeutung von Datenschutz in Deutschland könne ein Wettbewerbsvorteil für Microsoft sein, meint Illek. Er weist dabei unter anderem auf das hohe Sicherheitsniveau der hauseigenen Cloud-Rechenzentren hin. Im Transparenzzentrum in Brüssel könne zudem jedes Unternehmen Einblick in den Quellcode der Microsoft-Produkte erhalten. „Das ist etwa so, wie wenn sich die BASF in ihre Patente schauen lässt“, verdeutlicht Illek. Ihm zufolge hat Microsoft kein Interesse daran, die Daten seiner Kunden weiter zu geben. „Unser Geschäftsmodell ist nicht das Datengeschäft,wir wollen Produktivitätslösungen anbieten.“

Seiner Aussage nach wehrt sich Microsoft vehement gegen die Herausgabe von Daten an US-Dienste außerhalb der Vereinigten Staaten. „Das werden wir notfalls bis zum Supreme Court erstreiten“, so Illek. Im Kampf um die Datensicherheit und -schutz erwartet der Microsoft-Deutschland-Chef Unterstützung von der Politik. „Wir brauchen eine EU-Datenschutzverordnung.“

„Vertrauen ist die knappste Ressource“ – meint auch Winfried Kretschmann, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, auf der Microsoft-Veranstaltung in Mannheim. „Nur wenn ein Unternehmer weiß, dass seine Firmengeheimnisse sicher sind, wird er Innovationen mitmachen“, so der Politiker. Ohne Sicherheit gebe es kein Vertrauen. Und ohne Vertrauen könne kein digitaler Wandel stattfinden.

HIGHLIGHT

Digitale Wirtschaftsspionage: ein totgeschwiegenes Problem

Die meisten deutschen Firmen leben vor allem von ihrem Know-how. Nur unterschätzen sie die Attraktivität ihres Wissens für die Konkurrenz. Die ist wenig zimperlich und nutzt die Möglichkeiten von IT, Sozialen Netzen und Web rücksichtslos aus.

Die Aufgabe ist laut Kretschmann aber so komplex, dass bundesweit alle Kräfte gebündelt werden müssten, um sie zu erfüllen. Dazu zählt er unter anderem die verschiedenen Forschungsinstitute wie das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) oder die Fraunhofer-Einrichtungen. Auf der kommenden Ministerpräsidentenkonferenz wolle er das Thema Cybersicherheit auf die Agenda bringen. Der Stuttgarter Regierungschef möchte aber nicht, dass die hohen Datenschutzanforderungen in Deutschland mögliche Innovationen ausbremsen. „Ich bin für einen gestaltenden und nicht für einen abwehrenden Datenschutz“, so Kretschmann gegenüber ZDNet.

Infrastruktur eine wichtige Voraussetzung für die Digitalisierung

Microsofts Deutschland-Chef Illek stößt ins gleiche Horn, wenn er sagt, dass häufig noch alte Regeln auf neue Entwicklungen angewandt würden. Als Beispiel nennt er den von den Taxi-Fahern heftig bekämpften Mitfahrdienst Uber. Seiner Meinung nach müsse man eine Kultur entwickeln, in der neue Geschäftsmodelle ermöglicht würden. Auch hierfür erhofft er sich Unterstützung durch die Politik.

Neben der Datensicherheit ist aber auch die Infrastruktur eine wichtige Voraussetzung für die Digitalisierung in Deutschland. Daher wünscht sich Kretschmann von der Bundesregierung mehr Geld für Breitbandnetze. In der digitalen Agenda gebe es den Plan, flächendeckend 50 Megabit pro Sekunde umzusetzen. Der sei jedoch nicht finanziell hinterlegt. Notwendig seien zweistellige Milliardenbeträge.

Chancen bei Industrie 4.0 und Big Data nicht verpassen

Mit seiner starken Automatisierungsbranche wird Baden-Württemberg auch eine wichtige Rolle beim Zukunftsthema Industrie 4.0 spielen. Und dabei will auch Microsoft mitmischen. Lösungen für Industrie 4.0 und das Internet der Dinge werden nach Meinung von Illek eine treibende Kraft für Big Data sein. „In Deutschland gibt es da vielfältige Einsatzszenarien“, so der Chef von Microsoft-Deutschland.

Christian Illek, Vorsitzender der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland, auf der diese Woche stattfindenden Partnerkonferenz in Mannheim (Bild: Markus Strehlitz)

Bisher nutzen laut Illek aber gerade mal neun Prozent der Unternehmen Big-Data-Lösungen. Ein Grund für die Zurückhaltung: Nach Meinung von Illek wissen viele Firmen noch nicht, wie sie mit Big Data überhaupt umgehen sollen. Das möchte Microsoft ändern. Laut van Heijst ist Microsoft gerade auf der Suche nach Business-Partnern, um Big-Data- und Industrie-4.0-Projekte in den Unternehmen umzusetzen. Auch bei diesem Thema gehöre dem Cloud Computing die Zukunft. „Auf lange Sicht wird Big Data nicht mit On-Premise-Lösungen möglich sein“, so van Heijst.

Während Microsoft mit Big Data ein für den Konerrn noch ein relativ neues Feld beackert, ist das Mobility-Geschäft schon eine ganze Weile etabliert. Und dennoch spielt in diesem Markt Microsoft bisher nur eine Nebenrolle. Bei 6,6 Prozent liegt der Anteil von Microsoft bei den mobilen Betriebssystemen in Deutschland. „Damit bin ich überhaupt nicht zufrieden“, sagt Illek.

Das Geschäft mit den Firmenkunden funktioniere jedoch recht gut. „Grund dafür ist, dass wir ein breites Produktspektrum haben“, erklärt Illek, „vom Einsteiger-Smartphone für 100 Euro bis zum Highend-Gerät für 550 Euro.“ Und darin sieht er seine Chance. Ziel ist es, über einen weiteren Ausbau des Geschäfts mit den Business-Kunden auch die Präsenz im Gesamtmarkt zu erhöhen.

Zehn Prozent Marktanteil sind dabei die Messlatte. Bleibt abzuwarten, wie erfolgreich Microsoft damit sein wird. Denn in der jüngeren Vergangenheit wurde die Geschäfts- eher durch die Consumer-Welt beeinflusst und nicht umgekehrt. Grundsätzlich gibt Illek zu, dass es auch für Microsoft „immer wieder viel zu lernen“ gebe. „Aber das ist cool“, so Illek, „wir haben so viele Möglichkeiten vor uns.“

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Peter Marwan

Für ZDNet veröffentlicht Peter immer wieder Beiträge zum Thema IT Business.

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