Tim Berners-Lee hat auf der Messe IPExpo Europe in London einen stärkeren Datenschutz eingefordert. Die Daten, die jeder täglich im Internet erzeuge, gehörten den jeweiligen Nutzern, und nicht den Firmen, die sie einsammelten, sagte Berners-Lee. Zudem wird seiner Ansicht nach das Potential von Big Data verschwendet, da die aktuellen Eigentümer der Daten sie nur für mehr „üble“ zielgerichtete Werbung nutzten.

Tim Berners-Lee auf dem Weltwirtschaftsgipfel 2013 (Bild: News.com)

Die Menschen schauten nur aus einer Richtung auf Big Data, zitiert The Guardian Berners-Lee. „Wenn man Artikel über Big Data liest, dann geht es darum, dass große Firmen Sie ausspionieren. Einen großen Teil des Wunderwerks Big Data sehe ich als Bedrohung an. Was machen diese Leute mit den Daten? Sie nutzen sie für zielgerichtete Werbung, was sich heikel anfühlt. Zielgerichtete Anzeigen sind nicht die Zukunft.“

Stattdessen sollten Nutzer Berners-Lee zufolge Eigentümer ihrer Daten sein, um sie mit Informationen über sich aus anderen Quellen zu kombinieren und nützliche Erkenntnisse zu erhalten. Die kombinierten Daten nennt Berners-Lee „Rich Data“, also reichhaltige Daten. Sie seien wertvoller als die Ware „Big Data“.

„Die Daten, die Firmen von Ihnen haben, sind für Sie wertvoller als für die Firmen“, ergänzte Berners-Lee. Als Beispiel nannte er Daten, die er fast ein Jahr lang mit der Location-Tracking-App Moves gesammelt habe. Sie zeigten, dass er mal mehr, mal weniger trainiere.

„Wenn man alle Daten zusammenfügt, von meiner Wearable, meinem Haus, von anderen Firmen wie Kreditkartenunternehmen und Banken, von allen Sozialen Netzwerken, dann kann ich meinem Computer ein gutes Bild meines Lebens vermitteln, und ich kann es benutzen. Diese Informationen sind wichtiger für mich als für die Cloud.“

Berners-Lee fordert zudem, dass die Organisationen und Einzelpersonen, die die Daten benutzen, auch dafür verantwortlich sein sollten, den Weg der Daten zur verfolgen. Auf diese Art müssten Nutzer nicht alle vertraulichen Informationen wie Gesundheitsdaten unter Verschluss halten. Im Fall eines Autounfalls habe die richtige Person Zugang zu wichtigen Informationen – aber nur, indem sie den Besitzer über den Zugriff informiere.

Diese Umkehrung der Norm sei beispielsweise wichtig für die medizinische Forschung. „Wenn man den Menschen die Möglichkeit gibt zu sehen, wie ihre Daten verwendet werden, und man einen Missbrauch unterbindet, dann sind die Leute viel eher bereit, ihre Daten für eine Nutzung zu öffnen. Bei der Suche nach Medikamenten müssen wir in der Lage sein, riesige Mengen von Daten zu sichten.“

Berners-Lee setzt sich aber nicht nur für mehr Datenschutz, sondern auch für die Netzneutralität ein. Eine Bevorzugung von Diensten und Inhalten gegen Bezahlung lehnt er strikt ab. Wie die New York Times berichtet, sagte Berners-Lee auf der IPExpo, mehr Zusammenarbeit zwischen Menschen weltweit und eine stärkere Nutzung von Online-Daten sei nur möglich, wenn alle Menschen weiterhin einen uneingeschränkten Zugang zur Basis-Infrastruktur des Internets hätten.

„Netzneutralität ist wirklich, wirklich wichtig“, zitiert ihn die New York Times. „Niemals zuvor hatte man etwas im System, das eine App drosseln kann.“

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Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

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