Die Studie stellt auch die Behauptungen der Regierungen in Washington und London infrage, wonach die Überwachungsmaßnahmen proportional zur terroristischen Bedrohung ausgeweitet worden seien und wirksam durch Gesetze eingeschränkt seien. Emmerson zufolge ist es möglich, rechtlich gegen die massenhafte Überwachung vorzugehen, die „praktisch jeden Internet-Nutzer“ treffe.
Die Geheimdienste untergraben laut der Studie vor allem die durch den UN-Zivilpakt zugesicherten bürgerlichen und politischen Rechte. Ihre Abhörprogramme seinen „eine direkte und anhaltende Anfechtung etablierter internationaler Rechtsnormen.“ Dabei beruft er sich auf Artikel 17 des Zivilpakts (PDF), in dem es heißt: „Niemand darf willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Jedermann hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.“
Die Enthüllungen von Edward Snowden haben bisher für keine sichtbare Resonanz in Wirtschaft und Verwaltung gesorgt. ZDNet-Autor Joachim Jakobs wollte wissen, wie die Wirtschaft jetzt auf die neue Qualität digitaler Plünderungen reagiert. Bei seiner Recherche ist er auf eine Mauer des Schweigens gestoßen.
In seinem 22-seitigen Bericht warnt Emmerson, dass die Abhörprogramme von NSA und GCHQ wie Prism und Tempora „das Recht auf Privatsphäre im Internet neutralisieren“. Er bezieht sich aber auch auf Programme wie Quantum, das es dem Geheimdienst erlaubt, die Kontrolle über einzelne Server zu übernehmen und sich als eine fremde Website auszugeben, um Überwachungssoftware in Computer und WLAN-fähige Geräte einzuschleusen.
Viele Länder seien außerdem technisch in der Lage, Telefon- und Mobilfunkverbindungen abzuhören, den Standort von Personen zu ermitteln und zu verfolgen, und Textnachrichten zu lesen und aufzuzeichnen, so Emmerson weiter. Zudem setzten immer mehr Staaten Schadsoftware ein, um Computer oder Smartphones einzelner Nutzer zu infiltrieren und sie zu überwachen. Das alles sei ein systematischer Eingriff in die Privatsphäre und erfordere eine überzeugende Rechtfertigung, ergänzte Emmerson.
Emmerson räumt allerdings ein, dass eine Massenüberwachung sehr wohl dazu beitragen kann, Terroranschläge zu verhindern oder die Täter zu ermitteln. Die Tatsache, dass etwas technisch machbar sei und manchmal zu nützlichen Ergebnissen führe, bedeute aber noch nicht, dass es sinnvoll oder legal sei. Emmerson widerspricht zudem dem Argument, dass alles, was im Internet geschehe, automatisch „öffentlich“ sei. „Das Internet ist kein rein öffentlicher Raum. Es besteht aus mehreren Schichten privater, sozialer und öffentlicher Bereiche.“
Er betont zudem, dass die Privatsphäre kein absolutes Recht sei. Die Überwachung verdächtiger Personen sei im Rahmen formeller Ermittlungen durch Geheimdienst und Strafverfolgungsbehörden unter Umständen vollkommen legal.
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