Entwicklerplattform Fabric: Twitter will in jede App

Twitter hat auf seiner Entwicklerkonferenz Flight in San Francisco eine neue Plattform für die einfache Entwicklung mobiler Anwendungen vorgestellt. Fabric kombiniert modulare Kits, die grundlegende Herausforderungen aller App-Entwickler bewältigen sollen: Stabilität, Distribution, Einnahmen und Identität.

Die Plattform basiert unter anderem auf den Services des von Twitter übernommenen Crash-Analyse-Dienstes Crashlytics sowie der 2013 gekauften Mobile-orientierten Werbebörse MoPub. Sie soll helfen, „stabilere Apps zu schaffen, Einnahmen durch die weltgrößte Mobile-Werbebörse zu generieren und Ihnen ermöglichen, Twitters Anmeldesysteme und reichhaltige Ströme von Echtzeit-Inhalten für eine breitere Distribution und einfachere Identitätsverwaltung zu nutzen“, verspricht das Unternehmen den Entwicklern in einem Blogeintrag. Fabric soll vor allem durch seine Einfachheit bestechen. „Die Installation ist in Minuten erledigt, und die meisten Features benötigen nur wenige Codezeilen.“

Viele Entwickler dürften sich allerdings verdutzt die Augen reiben, wenn sie jetzt von Twitter in dieser Weise hofiert werden. Mit „Chirp“ hatte Twitter schon im Jahr 2010 eine erste Konferenz für Entwickler veranstaltet. Es fanden aber nicht nur keine weiteren Veranstaltungen statt – vielmehr stieß das Unternehmen diese Community immer wieder vor den Kopf, obwohl es von externen Entwicklern und ihren Zusatzdiensten profitiert hat. 2012 etwa verärgerte es sie mit strikteren API-Richtlinien. “Twitters API hat mehr Regeln als Nordkorea”, kommentierte damals Aaron Levie, Gründer und CEO des Onlinespeicherdiensts Box. Und Instapaper-Entwickler Marco Arment fasste in seinem Blog die Gefühlslage vieler zusammen: “Ich würde todsicher kein Geschäft auf Twitter aufbauen, und ich glaube auch nicht, dass ich auf dieser Basis noch irgendwelche nicht trivialen Funktionen entwickeln würde. Wenn ich im Twitter-Client-Geschäft wäre, würde ich anfangen, an einem anderen Produkt zu arbeiten.”

Der Mikroblogging-Dienst glaubt offenbar, das alles durch verlockende Angebote vergessen machen zu können. Für das Unternehmen hängt davon nicht weniger ab als der Erfolg seiner eingeleiteten Strategiewende. Es will über sein ursprüngliches Angebot hinauswachsen und strebt an, dass Twitter in praktisch jede App integriert wird. Auszahlen kann es sich für das Unternehmen selbst, wenn die Entwickler auch die Werbebörse MoPub annehmen – und Twitter einen Anteil florierender Einnahmen erhält.

„Das ist ein großer Schritt für Twitter“, sagte dazu Kevin Weil, der bei Twitter für Fabric verantwortlich ist. „Twitter ist dabei, mehr zu einem Unternehmen der mobilen Services zu werden. Wir gehen voran, um eine stärkere Rolle im mobilen Ökosystem zu spielen. Das basiert auf dem, was wir als Mobile-First-Unternehmen in den letzten sieben Jahren gelernt haben.“

„Es ist kein Abschied, sondern wir bewegen uns über Twitter als Produkt hinaus – hin zu Twitter als Unternehmen und als Plattform“, versicherte Twitter-CEO Dick Costolo gegenüber Wired. „Es geht darum, die Zukunft der mobilen Landschaft zu definieren und eine Anwendungsentwickler-Plattform der Zukunft zu schaffen.“

Ein neues Feature der Plattform heißt Digits und soll eine einfache Anmeldung ermöglichen, für die nicht mehr als eine Telefonnummer erforderlich ist. Das könnte insbesondere in aufstrebenden Märkten Vorteile bringen, da Nutzer zur Kontoeinrichtung in einer App nicht erst über eine E-Mail-Adresse verfügen müssen. Digits soll Apps „bereit machen für weltweite Akzeptanz“. Es ist ab sofort in 216 Ländern und in 28 Sprachen erhältlich – für iOS, Android und das Web.

[mit Material von Ian Sherr, News.com]

ZDNet.de Redaktion

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