Das im Juni vorgestellte Fire Phone hat die Verkaufserwartungen nicht erfüllt und Amazon zu einer hohen Abschreibung von 170 Millionen Dollar gezwungen. Diese Belastung führt der Onlinehändler in seiner Quartalsbilanz für das dritte Quartal 2014 vorrangig zurück auf „die Inventarbewertung des Fire Phone und Kostenverpflichtungen gegenüber den Lieferanten“. Die Abschreibung trug zum Rekord-Quartalsverlust von 437 Millionen Dollar bei, der Amazons Aktienkurs um über 10 Prozent einbrechen ließ.
An Lager waren zum Ende des dritten Quartals noch Smartphones im Wert von rund 83 Millionen Dollar, wie Finanzchef Tom Szkutak berichtete. Er lehnte eine Stellungnahme dazu ab, wie sich das auf den Ausblick für das vierte Quartal auswirken könnte. Das Fire Phone bezeichnete er als „ein gutes Gerät in einem stark umkämpften Markt“.
„Oops“, kommentierte mit einem knappen Tweet John Legere, der für seine vorlauten Äußerungen über den Mitbewerb bekannte Chef von T-Mobile USA. Er konnte seine Schadenfreude unbeschwert kundtun, denn Amazons Smartphone ist in den USA exklusiv an das Mobilfunknetz des Konkurrenten AT&T gebunden. Das trug sicher mit zu den schwachen Verkäufen bei, kann sie aber nicht vollständig erklären. „Es gibt eine Menge Gründe für den ausbleibenden Erfolg“, sagte gegenüber News.com Avi Greengart von Current Analysis. „Entscheidend aber ist, dass Amazon den Verbrauchern keinen guten Grund geliefert hat, es zu kaufen.“
Bei der Vorstellung pries CEO Jeff Bezos das Fire Phone als „einziges Smartphone mit dynamischer Perspektive“. Mit Dynamic Perspective umschrieb er ein komplexes Sensorensystem, das darauf reagiert, wie der Nutzer das Gerät hält, betrachtet und bewegt. Das ermöglicht unter anderem Darstellungen aus verschiedenen Perspektiven, indem die Position des Nutzers anhand von Gesichtsmerkmalen bestimmt und die Bilddarstellung entsprechend angepasst wird. Durch Neigen und Schwenken des Geräts lassen sich außerdem zusätzliche Informationen und Bedienelemente einblenden.
Als weitere Besonderheit erkennt die Objekterkennung Firefly mit einem Tastendruck Filme, Musik, Bücher, URLs, Telefonnummern, QR- & Strichcodes sowie Produkte und liefert dazu passende Informationen. URLs und Telefonnummern können direkt gespeichert beziehungsweise angerufen oder im Browser geöffnet werden. Außerdem unterstützt das Fire Phone wie die jüngsten Kindle-Tablets das sogenannte Mayday-Feature – über einen Button für Notfälle kann sich der Anwender fast rund um die Uhr direkt mit einem Support-Mitarbeiter verbinden.
Diese Features und die leistungsfähige Hardware reichten jedoch nicht aus, um Amazons Flaggschiff-Smartphone von der Palette konkurrierender Geräte abzuheben. Potenzielle Käufer warteten auch bereits auf die nächste iPhone-Generation oder etwa Samsungs Galaxy Note 4. Da das Fire Phone wie auch Amazons Tablets mit dem auf Android basierenden Fire OS laufen, sind sie außerdem an einen weniger umfangreichen App Store gebunden. Mit äußerst mäßigen 2,1 von 5 Sternen bewerteten die Käufer das Gerät auf Amazons Website.
Schon zwei Monate nach dem US-Verkaufsstart reagierte Amazon auf die schleppenden Verkäufe und reduzierte den Preis von 199 Dollar auf nur noch 0,99 Dollar – aber noch immer gekoppelt mit einer zweijährigen Vertragsbindung. Auch in Großbritannien ist es inzwischen kostenlos mit einem O2-Vertrag zu bekommen. In Deutschland ist das Fire Phone seit dem 30. September und zunächst exklusiv bei der Deutschen Telekom verfügbar. In Kombination mit ihren neuen Magenta-Mobil-Tarifen bietet sie Amazons Smartphone ab 1 Euro an.
[mit Material von Roger Cheng, News.com]
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