Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen hat eine erweiterte Resolution zum Schutz der Privatsphäre im digitalen Zeitalter verabschiedet. Sie sieht erstmals vor, dass Regierungen Opfer unrechtmäßiger Massenüberwachung entschädigen müssen. Die Neufassung basiert auf der unter Federführung Deutschlands und Brasiliens ausgearbeiteten, Ende 2013 von der UN-Vollversammlung angenommenen Resolution, die als Reaktion auf die von Edward Snowden aufgedeckte Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA und seinem britischen Pendant GCHQ eingebracht worden war.
Dem jetzigen Beschluss gingen wochenlange Verhandlungen mit den Mitgliedern der Geheimdienstallianz Five Eyes voraus, nämlich Australien, Großbritannien, Kanada, Neuseeland und die USA. Sie versuchten, den Umfang der Resolution einzuschränken. Die fünf Länder zählen nicht zu den 65 Unterstützern des neuen Entwurfs, über den die UN-Vollversammlung im Dezember final abstimmen muss.
Die Entschließungen der Vollversammlung sind rechtlich zwar nicht bindend, reflektieren aber einen weltweiten Konsens und haben deswegen politisches Gewicht. Die Resolution ruft alle Regierungen auf, Gesetze zu verabschieden, die Bürgern auch online das Recht auf Schutz der Privatsphäre garantieren.
„Wo Techniken zur Massenüberwachung eingesetzt werden, kann leicht eine Situation entstehen, in der es keinerlei Privatsphäre bei der Kommunikation übers Internet mehr gibt“, sagte der deutsche Botschafter Harald Braun vor dem UN-Menschenrechtsausschuss. Ohne eine angemessene Überprüfung „riskieren wir, uns in Staaten nach Orwellschem Vorbild zu verwandeln“, in denen Bürger durchgehend überwacht werden.
In dem Resolutionsentwurf heißt es, Regierungen müssten „Individuen, deren Recht auf Privatsphäre durch illegale oder unbegründete Überwachung verletzt wurde, Zugang zu einem wirksamen Rechtsmittel bieten“. Er bezieht sich auch auf Metadaten, die gesammelt werden, um beispielsweise Auskunft darüber zu erlangen, zu welcher Zeit, an welchem Tag und von welchem Ort ein Anwender auf seine E-Mails zugreift. „Metadaten können für die Privatsphäre ebenso wichtig sein wie der Inhalt der Kommunikation“, sagte Braun, der zugleich Bedenken äußerte, wie einfach es sei, durch die Sammlung von Metadaten Persönlichkeitsprofile zu erstellen.
Die Resolution enthält auch einen Aufruf an den Menschenrechtsausschuss, weitere Maßnahmen zu ergreifen. Er soll beispielsweise einen Gesandten für digitalen Datenschutz ernennen, der dafür sorgt, dass die Problematik ein Thema auf der internationalen Agenda bleibt.
Die Gegner der Resolution argumentierten, dass Regierungen angesichts der aktuellen Entwicklungen im Irak und in Syrien nicht vom Einsatz der Kommunikationsüberwachung zur Terrorabwehr abgehalten werden dürften. Australien und Großbritannien betonten, dass die UN mit Hinblick auf die Online-Privatsphäre ein Gleichgewicht zwischen der Achtung der Individualrechte und der Verpflichtung der Regierungen zum Schutz ihrer Bürger vor Bedrohungen finden müsse. Kanada kritisierte das „enge Blickfeld“ der Resolution und forderte für die Zukunft eine breitere Diskussion unter Einbeziehung von Regierungen, Industrie, bürgerlicher Gesellschaft und der Technologie-Community.
[mit Material von ZDNet.com]
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