Netzneutralität: Bundesregierung plant Spagat zwischen offenem Internet und Spezialdiensten

Das Bundeswirtschaftsministerium hat ein Konzept zur Netzneutralität vorgelegt. Darin geht es der Frage nach, ob alle Daten gleich schnell verteilt werden müssen oder es für bestimmte Dienste eine Priorisierung geben darf. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung aus Ministeriumskreisen erfuhr, sieht das bereits vom Bundeskabinett verabschiedete Konzept hier einen Kompromiss vor: Unternehmen sollen nur dann gegen Gebühr schnelle Spezialdienste anbieten dürfen, wenn sie zugleich garantiert ausreichend Bandbreite für den reibungslosen und diskriminierungsfreien Datenverkehr im offenen Internet bereitstellen.

Spezialdienste dürften nur „bei ausreichenden Netzkapazitäten erbracht werden“, heißt es demnach aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Einen entsprechenden Vorschlag wolle die Bundesregierung unter Federführung des Wirtschaftsressorts in Kürze in die europäischen Verhandlungen einbringen, um die geplante Regelung auf EU-Ebene zu verankern.

Zu diesen Spezialdiensten zählen beispielsweise Video-On-Demand-Angebote oder Anwendungen der Telemedizin. Sie dürfen sich dem Konzept zufolge nicht diskriminierend auf gleichwertige Dienste auswirken oder als Ersatz für andere Internetangebote dienen. Auf diese Weise soll die Vielfalt im Netz erhalten werden.

„Es ist uns gelungen, Netzneutralität im offenen Internet zu erhalten und gleichzeitig Innovationen wie etwa Spezialdienste nach klar definierten Prinzipien, zu ermöglichen“, zitiert die FAZ Kreise aus dem Wirtschaftsministerium. Dass diese Prinzipien beachtet und die Vorgaben eingehalten werden, sollen die Regulierungsbehörden sicherstellen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich am gestrigen Donnerstag öffentlich für Spezialdienste im Internet stark gemacht. „Innovationsfreundliches Internet heißt, dass es eine bestimmte Sicherheit für Spezialdienste gibt“, sagte sie auf einer Veranstaltung von Vodafone in Berlin. Anwendungen wie Telemedizin oder fahrerloses Autofahren benötigten „eine fehlerfreie und immer gesicherte Übertragung“, setzten also berechenbare Qualitätsstandards voraus.

Die Netzbetreiber Deutsche Telekom und Vodafone sowie der Branchenverband Bitkom sprechen sich schon lange für Qualitätsklassen im Internet aus. „Nur wenn es dem Endkunden möglich ist, Inhalte und Dienste seiner Wahl in der von ihm erwarteten Qualität optimal zu nutzen, können neuartige Produkte mit der Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg entwickelt und vertrieben werden. Für eine reibungslose Abrufbarkeit bestimmter Dienste kann es für Inhalteanbieter und Endkunden daher sinnvoll sein, eine höherwertige Qualität der Datenübertragung einzukaufen“, so der Bitkom.

ZDNet.de Redaktion

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