Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat zu einer erneuten Streikwelle bei Amazon in Deutschland aufgerufen. Mit Beginn der heutigen Nachtschicht um 0 Uhr haben Mitarbeiter in Bad Hersfeld (Hessen) die Arbeit niedergelegt. Primäres Ziel der Streikenden ist es nach wie vor, den Versandhändler zu Tarifverhandlungen zu bewegen und bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen.
Wie schon im vergangenen Jahr setzt die Gewerkschaft darauf, den Druck auf Amazon im Weihnachtsgeschäft zu erhöhen. Aktuell veranstaltet der Händler eine „Weihnachts-Angebote-Woche“ mit hunderten Blitzangeboten nach dem Prinzip der vorherigen „Cyber Monday Woche„.
Zuletzt hatten Amazon-Angestellte im Oktober fünf Logistikzentren in Bad Hersfeld, Leipzig, Graben, Werne und Rheinberg bestreikt. Das Unternehmen, das bislang nicht auf die Forderungen der Arbeitnehmervertretung eingeht, kündigte daraufhin an, 10.000 Saisonarbeiter zusätzlich in der Vorweihnachtszeit beschäftigen zu wollen. Ihm zufolge verdienen diese befristet angestellten Kräfte das gleiche wie dauerhaft beschäftigte. Das sind abhängig vom jeweiligen Standort zwischen 9,75 Euro und 10,62 Euro brutto pro Stunde. Zudem zahlt Amazon nach eigenen Angaben Boni und Zuschläge für Überstunden oder Arbeiten an Sonn- und Feiertagen.
„Solange Amazon den Beschäftigten den Respekt und Schutz durch Tarifverträge verweigert, werden wir den Druck aufrechterhalten“, sagt Stefanie Nutzenberger, Verdi-Bundesvorstandsmitglied und zuständig für den Handel. Durch die Weihnachtsaktionen steige das Auftragsvolumen und damit auch der Druck auf die Mitarbeiter, wie die Gewerkschaft kritisiert.
Der Tarifstreit zwischen Amazon und Verdi läuft seit Ostern 2013. Die Arbeitnehmervertreter fordern für die Mitarbeiter des Versandhändlers einen Tariflohn auf Einzelhandelsniveau. Bislang gilt für sie der Tarif der Logistikbranche.
„Amazon wirft Nebelkerzen. Das Unternehmen behauptet, man orientiere sich an der Bezahlung in der Logistik. Damit soll verschleiert werden, dass der Versandhändler Amazon weiterhin einseitig die Arbeitsbedingungen diktieren will“, erklärte Nutzenberger im September.
An seinen neun deutschen Standorten beschäftigt Amazon knapp 9000 Mitarbeiter. Aufgrund der Arbeitsbedingungen in den Logistikzentren stand es schon häufiger in der Kritik. Die Beschäftigten klagen unter anderem über den hohen Anteil an befristeten Arbeitsverhältnissen, über unzureichende Pausenregelungen und über hohen Leistungsdruck. Aus diesem Druck resultiere auch der hohe Krankenstand zwischen 15 und 19 Prozent, wie es von Seiten Verdis heißt.
Die Gewerkschaft wirft Amazon vor, seinen Mitarbeitern zum Teil mehrere hundert Euro weniger an Lohn zu bezahlen als es in vergleichbaren Beschäftigungsverhältnissen im Einzel- und Versandhandel üblich ist. „Das Unternehmen weigert sich, das in Deutschland gesetzlich verbriefte Recht der Beschäftigten auf Tarifverhandlungen durch eine Gewerkschaft anzuerkennen“, so Verdi. „Immer wieder haben Beschäftigte deswegen die Arbeit niedergelegt.“ So kam es bereits im Weihnachtsgeschäft 2013 bei Amazon zu Streiks. Damals hatte das Unternehmen wenig Verhandlungsbereitschaft signalisiert und den Streikenden vorgeworfen, ihren Arbeitskampf zu Lasten der Kinder zu führen.
[mit Material von Martin Schindler, silicon.de]
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