Britischer Premier Cameron will verschlüsselte Online-Kommunikation verbieten

Der britische Premierminister David Cameron will jede Form von digitaler Kommunikation verbieten, die von Strafverfolgungsbehörden und Nachrichtendiensten nicht abgehört werden kann. Ein solches Gesetz kündigte er einem Bericht von The Independent zufolge für den Fall seiner Wiederwahl an. Die nächsten Wahlen zum britischen Unterhaus finden spätestens im Juni 2015 statt.

Ein derartiges Gesetz würde Messaging-Plattformen wie WhatsApp, Snapchat sowie Apples iMessage und Facetime betreffen, die alle Daten verschlüsseln. Bei einer Veranstaltung am Montag sagte Cameron, dieser Schritt sei „genau richtig“ für eine moderne liberale Demokratie.

„Wollen wir in unserem Land eine Möglichkeit der Kommunikation zwischen Menschen erlauben, die wir im Extremfall mit einem vom Innenminister unterschriebenen Durchsuchungsbefehl nicht lesen können?“, sagte Cameron dem Bericht zufolge. „Bis jetzt haben Regierungen in diesem Land gesagt, nein, solche Kommunikationsmittel brauchen wir nicht.“

Deswegen sei es rechtlich in Großbritannien möglich, im Extremfall Briefe zu lesen oder auch Telefonate abzuhören, so Cameron weiter. Diese Möglichkeiten seien auch auf die mobile Kommunikation übertragen worden. „Die Frage bleibt, sollten wir erlauben, dass es Kommunikation gibt, bei der das einfach nicht möglich ist? Meine Antwort ist nein. Die erste Pflicht jeder Regierung ist es, für die Sicherheit ihrer Bürger zu sorgen.“

Wie andere EU-Politiker auch nahm Cameron die Terroranschläge in Frankreich in der vergangenen Woche, um seine Forderung zu rechtfertigen. Er schloss sich zudem der Einschätzung von Andrew Parker, Chef des britischen Geheimdiensts MI5 an, der schon am Tag nach dem Mordanschlag auf die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo die Wichtigkeit von Abhörmaßnahmen betont hatte. „Das Abfangen von Kommunikation ist ein wichtiger Teil der Werkzeugsammlung der Sicherheits- und Geheimdienste“, sagte Parker. Sobald man diese Möglichkeit verliere, verliere man auch die Fähigkeit, Bedrohungen zu erkennen und abzuwehren.

Im Juli hatte das britische Parlament ein Eilgesetz verabschiedet, das es der Polizei und Sicherheitsbehörden erlaubt, auf Internet- und Mobilfunkdaten zuzugreifen. Die Abgeordneten reagierten damit auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wonach die europäischen Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung das Recht auf Privatsphäre verletzen.

Cameron will im Rahmen eines neuen Abhörgesetzes aber auch klare Regeln für den Zugriff auf Kommunikation aufstellen. „Ich möchte erneut betonen, dass das nur passieren kann, wenn der Innenminister persönlich einen Durchsuchungsbefehl unterschreibt. Wir haben wahrscheinlich ein besseres Kontrollsystem für diese sehr aufdringlichen Maßnahmen als jedes andere mir bekannte Land“, ergänzte Cameron.

Die oppositionelle Labour-Partei lehnt Camerons Vorstoß nicht generell ab, fordert aber einen starken Schutz für die Privatsphäre unbeteiligter Personen. „Die Behörden müssen weiterhin in der Lage sein, mit einem rechtmäßigen Durchsuchungsbefehl die Inhalte der Kommunikation von Terrorverdächtigen zu betrachten. Und es muss weiterhin eine Absicherung für unschuldige Personen geben“, sagte Yvette Cooper, Innenministerin im Schattenkabinett der Labour-Partei.

[mit Material von Leon Spencer, ZDNet.com]

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Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

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