Google arrangiert seine Unternehmensstruktur in Europa neu, um sich dem Geschäftsumfeld in der Region besser anzupassen. Das hat der Direktor der neuen gesamteuropäischen Einheit, Matt Brittin, in Brüssel mitgeteilt. Wie die Financial Times berichtet, vereinigt Google darin eine für den Norden und Westen sowie eine für den Süden und Osten zuständige Tochtergesellschaft.
Brittin selbst war bisher für den Norden und Westen Europas zuständig. Er trägt ab sofort den Titel President of EMEA Business and Operations. Carlo D’Asaro Biondo, der zuvor das Süd- und Osteuropageschäft leitete, ist künftig für Handels- und Partnerbeziehungen in der Region EMEA verantwortlich.
Google EMEA sitzt in London. Für jedes Land wird es weiter einen zuständigen Manager geben. Brittin erklärte in Brüssel, die Zusammenführung ermögliche dem Konzern, „besser auf lokale Bedingungen und Chancen zu reagieren“. Kunden und Partner bekämen so einen einheitlichen Kontakt. Google bereite sich so auch auf einen gesamteuropäischen Digitalmarkt vor, wie ihn EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kürzlich postuliert hatte.
Details liefert Brittin in einem von heute datierenden Blogeintrag nach. Darin beschreibt er Google Play als „Wachstumsmotor“ für europäische Entwickler und ermutigt europäische Firmen, dem Android-Ökosystem beizutreten. Google werde dazu bis 2016 die „essenziellen digitalen Fähigkeiten“ von einer Million Europäer schulen. Zu diesem Zweck soll ein europaweit nutzbares Fortbildungsangebot geschaffen werden, auf das online zugegriffen werden kann.
Brittin schreibt: „Damit Europa sein volles Potenzial ausschöpft, müssen wir den Weg für Firmen online freimachen. Wir benötigen einen einheitlichen Markt in der digitalen Welt, der dem schon vorhandenen Binnenmarkt der realen Welt entspricht. Wenn es zwei Dutzend Gesetzwerke und Regularien gibt, kommen Unternehmen ins Stolpern, sobald sie grenzübergreifend verkaufen, wachsen oder einstellen wollen.“
Ganz wie Apple-CEO Tim Cook drei Tage zuvor betonte Brittin nicht nur die Bedeutung seines Unternehmens für die europäische Wirtschaft, sondern stellte auch Europas Innovationskraft heraus: „Manche Leute sehen die europäische Wirtschaft pessimistisch. Wir beobachten etwas anderes: eine enorme Vielfalt an Firmen und Existenzgründern mit Kreativität, Talent und Ambitionen, die alle digitale Werkzeuge nutzen, um Stellen zu schaffen und die Wirtschaft voranzubringen.“
Der Financial Times zufolge wollte Google ursprünglich mit der Zweiteilung seine europäischen Töchter zum Wettbewerb ermutigen. Brittin räumt nun ein, das Geschäftsumfeld sei heute „komplizierter als vor fünf oder sechs Jahren“. Er bezieht sich damit auf Ansprüche von Regulierern und Beschwerden von Konkurrenten, aber auch das vom Europäischen Gerichtshof eingeräumte „Recht auf Vergessenwerden„, das Privatpersonen Anträge auf Löschung von Suchmaschineneinträgen ermöglicht.
Eine gerade neu aufgerollte EU-Kartelluntersuchung gilt zudem einem möglichen Machtmissbrauch Googles im Suchbereich, wo es eigene vertikale Suchangebote angeblich gegenüber Konkurrenten bevorzugt. Auch an Googles Steuervermeidungsstrategien über seine Zentrale im irischen Dublin kommt immer wieder Kritik auf.
[mit Material von Charlie Osborne, ZDNet.com]
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