Führende US-Technologiefirmen haben in einem offenen Brief ein Ende der Massenüberwachung gefordert. Hintergrund ist, dass die Befugnisse der Geheimdienste zur Sammlung von Metadaten nach Abschnitt 215 des US-Gesetzes Patriot Act am 1. Juni ablaufen. Der Brief wurde laut Electronic Frontier Foundation (EFF) von zahlreichen nicht Regierungsorganisationen, Stiftungen und Branchenverbänden sowie der Allianz Reform Government Surveillance unterzeichnet, der unter anderem Apple, Facebook, Google, Microsoft und Yahoo angehören.
Für eine künftige Datensammlung fordern sie angemessene Garantien für den Schutz der Privatsphäre und der Grundrechte der Nutzer. Ein neues Gesetz müsse zudem Transparenz auf Seiten der Regierung und der Daten liefernden Unternehmen gewährleisten und auch eine angemessene Offenlegung der Entscheidungen des Geheimgerichts Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC) erlauben.
Die Allianz Reform Government Surveillance fordert den US-Kongress zudem in einem eigenen Brief auf, das von Demokraten und Republikanern getragene Gesetz USA Freedom Act zu verabschieden. „Es schützt die nationale Sicherheit und bestätigt Amerikas Bekenntnis zu den Freiheiten, die wir alle in Ehren halten“, heißt es dort.
Das Gesetz verhindert der Gruppe zufolge die massenhafte Sammlung von Internet-Metadaten und erlaubt es Technikfirmen zudem, die Öffentlichkeit über Regierungsanfragen nach Nutzerdaten zu informieren. Es enthalte außerdem angemessene Kontrollmechanismen.
„Seit der Gründung der Reform-Government-Surveillance-Allianz im vergangenen Jahr haben unsere Unternehmen in die Stärkung der Sicherheit ihrer Services und mehr Transparenz investiert. Jetzt hat der Senat die Möglichkeit, ein starkes Signal an die Welt zu senden und andere Länder zu ermutigen, ähnliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen“, schreibt die Allianz in ihrem Brief.
Der für Regierungsangelegenheiten zuständige Microsoft-Vizepräsident Fred Humphries sieht die Reform vor allem als wichtiges Mittel an, um das Vertrauen in Internetdienste wiederherzustellen. „Fast zwei Jahre nach Beginn der Enthüllungen über die staatliche Überwachung hat die US-Regierung noch unerledigte Aufgaben vor sich, um den von ihr geschaffenen Vertrauensverlust auszugleichen“, schreibt Humphries in einem Blogeintrag.
Laut Reform Government Surveillance muss beispielsweise gewährleistet sein, dass Regierungen ohne eine rechtliche Grundlage nicht auf Daten zugreifen können. Auch bei den Rahmenbedingungen für grenzübergreifende Anfragen nach Nutzerdaten sieht die Gruppe akuten Handlungsbedarf.
Mangelndes Vertrauen in die US-Regierung bremst laut einer aktuellen Umfrage des Branchenverbands Bitkom auch eine intensivere Nutzung von Cloud Computing in der deutschen Wirtschaft. 74 Prozent der deutschen Firmen fordern angesichts der Enthüllungen über die Abhörprogramme von NSA und GCHQ von ihrem Cloud-Anbieter, dass sein für die Cloud-Angebote genutztes Rechenzentrum sich im Rechtsgebiet der EU befindet.
Für zwei Drittel kommt sogar nur ein Anbieter in Betracht, dessen Hauptsitz auch in der EU liegt. Dank des Patriot Acts können US-Unternehmen von ihrer Regierung zur Herausgabe von Daten gezwungen werden, auch wenn sich das Rechenzentrum außerhalb der USA befindet.
In den USA wächst der Wiederstand gegenüber der massenhaften Überwachung seitens der Regierung und seiner Geheimdienste. Erst kürzlich hat die Wikimedia Foundation Klage (PDF) gegen die National Security Agency (NSA) und das US-Justizministerium eingereicht. Sie wirft dem US-Auslandsgeheimdienst und dem Department of Justice vor, mit der massenhaften “Upstream”-Überwachung die Grundrechte von Bürgern und Wikipedia-Nutzern verletzt zu haben.
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