Türkische Behörden haben gestern vorübergehend den Zugang zu Twitter, Youtube und Facebook gesperrt. Die Dienste hatten sich zuvor laut einem Bericht der türkischen Zeitung Hürriyet geweigert, Fotos des in der vergangenen Woche in Istanbul von Linksextremisten getöteten Staatsanwalts zu entfernen. Nach acht Stunden seien sie jedoch der gerichtlichen Anordnung nachgekommen, weswegen die Sperre wieder aufgehoben worden sei.
Ein Behördenvertreter bestätigte gegenüber Hürriyet, dass mehrere türkische Internet Service Provider am Sonntag begonnen hätten, die fraglichen Websites zu sperren. Nutzer hätten sich darauf hin über Probleme beim Zugriff auf Social-Media-Websites beschwert.
Tayfun Acarer, Chef der türkischen Behörde für Informations- und Kommunikationstechnologien, sagte der Zeitung, die Facebook-Sperre sei schon am Sonntag wieder aufgehoben worden. Der Branchenverband ESP wiederum habe mitgeteilt, Youtube habe die fraglichen Inhalte am Sonntagabend entfernt. Twitter habe ebenfalls angekündigt, den Zugang zu seinem Dienst wiederherzustellen.
Am 31. März hatten zwei Mitglieder der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) den Staatsanwalt Mehmet Selim Kiraz in ihre Gewalt gebracht. Er vertrat im Fall des 2013 bei Protesten in Istanbul durch eine Tränengasgranate verletzten und neun Monate später verstorbenen 15-jährigen Berkin Elvan die Anklage.
Ein Sprecher von Staatspräsident Erdogan hatte den später gesperrten Websites laut Hürriyet vorgeworfen, sie verbreiteten durch die Veröffentlichung des Fotos des Staatsanwalts „terroristische Propaganda“. Ein Regierungsvertreter sagte Reuters zudem, die Frau und Kinder des Staatsanwalts seien durch die Verbreitung des Fotos sehr aufgebracht. Twitter und Youtube hätten auf Löschanfragen nicht reagiert. Deswegen habe das Gericht in Istanbul die Entfernung der Inhalte beziehungsweise die Sperre der Dienste verfügt.
Dem Bericht zufolge hatte die Türkei zuvor schon Sanktionen gegen türkische Medien verhängt, die das fragliche Foto veröffentlicht hatten. Ihnen wurde unter anderem der Zugang zu einer Pressekonferenz und der Beerdigung des Staatsanwalts verwehrt. Gegen sieben Zeitungen sei zudem am 2. April ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, darunter auch Hürriyet.
Schon früher hatten türkische Behörden Dienste wie Twitter und Youtube gesperrt. Im Sommer entschied jedoch das Verfassungsgericht des Landes, dass zumindest eine im März 2014 gegen Googles Videodienst verhängte Sperre das Recht auf Meinungsfreiheit verletzt.
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