Categories: RechtRegulierung

Wiener Gericht prüft Zulässigkeit der Datenschutzklage gegen Facebook [Update]

In der österreichischen Hauptstadt Wien verhandelt ab heute das Landesgericht für Zivilsachen die Datenschutzklage des Juristen Max Schrems. Wie der Österreichische Rundfunk (ORF) berichtet, wird das Gericht zunächst prüfen, ob eine Klage in Österreich überhaupt zulässig ist. Facebook bestreitet einer Pressemitteilung (PDF) der von Schrems gegründeten Initiative Europe versus Facebook zufolge die Zuständigkeit der österreichischen Justiz.

„In der EU kann eine Person, die nicht beruflich oder gewerblich handelt, eine Klage gegen ein Unternehmen an seinem Heimatsgerichtsstand einbringen – in diesem Fall ist das Wien“, heißt es in der Stellungnahme. Laut ORF zweifelt Facebook aber nicht nur die Zuständigkeit des Gerichts an, sondern jegliche Sammelklagen gegen sich. Am europäischen Sitz des Social Network in Irland sei keine Sammelklage möglich, weil das gegen die „öffentliche Ordnung“ verstoße.

„Das Vorbringen von Facebook ist ein großartiges Unterhaltungsprogramm für jeden Juristen“, wird Schrems in der Pressemitteilung zitiert. „Teilweise wird leider auch mit etwas skurrilen Unterstellungen gearbeitet. Ich sehe diese Argumente derzeit aber eher als Akt der Verzweiflung, den man nicht ernst nehmen kann. Wenn Facebook rechtlich sinnvolle Argumente hätte, dann müsste man sich diese Ochsentour nicht antun.“

Das Gericht wird nach Einschätzung von Schrems erst nach der ersten Verhandlung und auch nur schriftlich über seine Zuständigkeit entscheiden. Danach können beide Parteien Beschwerde gegen die Entscheidung einreichen. Das letzte Wort werde wahrscheinlich erst in einiger Zeit gesprochen.

Schrems wirft Facebook nun vor, es versuche, das Verfahren zu verzögern. „Das ist eine typische Strategie, weil den meisten Klägern irgendwann das Geld und die Zeit ausgehen. In diesem Fall haben wir wegen der Prozessfinanzierung aber zum Glück einen sehr langen Atem“, ergänzte Schrems.

Ende August 2014 hatte das Landgericht Wien die Klage an sich zugelassen. Schrems will erreichen, dass Facebook in Europa seine Datenverwendungsrichtlinie überarbeitet, die nach seiner Einschätzung ungültig ist. Zudem soll das Unternehmen für „viele Arten der Datenverwendung“ keine Zustimmung seiner Nutzer einholen. Auch die Teilnahme am NSA-Überwachungsprogramm PRISM sowie das Tracking von Internetnutzern auf Webseiten, beispielsweise über den „Gefällt mir“-Button, soll europäisches Recht verletzen.

Sein Ziel von 25.000 Unterstützern für die Sammelklage hatte Schrems Anfang August innerhalb weniger Tage erreicht. Für jeden Kläger fordert er 500 Euro Schadenersatz, was einer Gesamtsumme von 12,5 Millionen Euro entspricht.

Die Unterstützer der Sammelklage tragen jedoch kein Kostenrisiko. Der Rechtsstreit wird durch die Roland ProzessFinanz AG finanziert, die im Erfolgsfall einen Anteil von 20 Prozent erhält.

[Update 14.35 Uhr]

Wie oe24.at berichtet, hat das Gericht Facebook aufgefordert Unterlagen für den Prozess innerhalb von drei Wochen zu übersetzen. Anschließend steht Schrems genauso viel Zeit zu, um auf diese einzugehen. Ein Urteil fällt das Gericht anschließend in schriftlicher Form.

In der heutigen Verhandlung warfen Facebooks Anwälte Schrems vor, die Klage aus finanziellen Interessen und nicht als Verbraucher eingebracht zu haben. „Er lebt dafür, aber nicht davon“, konterte sein Anwalt Wolfram Proksch.

Tipp: Sind Sie ein Facebook-Experte? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de.

Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

Recent Posts

Studie: Ein Drittel aller E-Mails an Unternehmen sind unerwünscht

Der Cybersecurity Report von Hornetsecurity stuft 2,3 Prozent der Inhalte gar als bösartig ein. Die…

3 Tagen ago

HubPhish: Phishing-Kampagne zielt auf europäische Unternehmen

Die Hintermänner haben es auf Zugangsdaten zu Microsoft Azure abgesehen. Die Kampagne ist bis mindestens…

3 Tagen ago

1. Januar 2025: Umstieg auf E-Rechnung im B2B-Geschäftsverkehr

Cloud-Plattform für elektronische Beschaffungsprozesse mit automatisierter Abwicklung elektronischer Rechnungen.

4 Tagen ago

Google schließt schwerwiegende Sicherheitslücken in Chrome 131

Mindestens eine Schwachstelle erlaubt eine Remotecodeausführung. Dem Entdecker zahlt Google eine besonders hohe Belohnung von…

4 Tagen ago

Erreichbarkeit im Weihnachtsurlaub weiterhin hoch

Nur rund die Hälfte schaltet während der Feiertage komplett vom Job ab. Die anderen sind…

4 Tagen ago

Hacker missbrauchen Google Calendar zum Angriff auf Postfächer

Security-Experten von Check Point sind einer neuen Angriffsart auf die Spur gekommen, die E-Mail-Schutzmaßnahmen umgehen…

5 Tagen ago