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Bundesdatenschutzbeauftrage zweifelt Leitlinien zur Vorratsdatenspeicherung an

Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff (CDU), hält die geplante Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung offenbar für nicht vereinbar mit der Europäischen Grundrechtecharta. „Die Kernfrage, an der sich ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung messen lassen muss, wird sein, ob und wie die vom Europäischen Gerichtshof aufgeworfene Problematik der anlasslosen Speicherung gelöst werden soll. Aus den nun vorgelegten Leitlinien lässt sich jedenfalls nicht erkennen, dass die in diesem Punkt sehr engen Vorgaben des Gerichtes berücksichtigt wurden“, erklärte Voßhoff.

Andrea Voßhoff (Bild: CDU/CSU-Fraktion)

Eine abschließende Beurteilung der vom Innen- und Justizministerium ausgearbeiteten Leitlinien „zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ sowie weiterer datenschutzrechtlicher Fragen sei allerdings erst möglich, wenn die Bundesregierung einen konkreten Gesetzesentwurf vorlege. Die in der vergangenen Woche von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vorgestellten Richtlinien für die Vorratsdatenspeicherung sehen unter anderem vor, dass Telekommunikationsdaten nun noch maximal zehn Wochen gespeichert werden.

Ein erster Anlauf zur Vorratsdatenspeicherung war 2010 am Bundesverfassungsgericht gescheitert, welches das geplante Gesetz für unzulässig erklärte. Mit der aktuellen Neuformulierung unternehmen Innen- und Justizministerium einen zweiten Versuch.

Der Europäische Gerichtshof hatte im April 2014 die der Vorratsdatenspeicherung zu Grunde liegende europäische Richtlinie gekippt. Die Richter sahen in ihr einen Verstoß gegen elementare Grundrechte der Europäischen Grundrechtecharta. Konkret hieß es, dass die Massenüberwachung gegen Grundrechte verstoße und ein Gefühl der ständigen Überwachung erzeuge. Innenminister de Maizière geht dennoch davon aus, dass der aktuelle Vorschlag die Vorgaben der Gerichte erfüllt.

Auch der Hightech-Verband Bitkom hat sich in der Debatte zu Wort gemeldet. „Es ist wichtig, dass ein Ausgleich zwischen dem hohen Gut der Freiheits- und Persönlichkeitsrechte einerseits und berechtigten Sicherheitsinteressen andererseits gefunden wird“, sagte Bitkom-Präsident Dieter Kempf. „Der vorliegende Vorschlag zeigt dabei auch klar Grenzen einer Vorratsdatenspeicherung auf. Letztlich brauchen wir aber eine europäische Lösung. Ein rein nationaler Ansatz belastet ausschließlich die in Deutschland tätigen Unternehmen und ist in Zeiten grenzüberschreitender Kriminalität und terroristischer Aktivitäten nur bedingt effektiv.“

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V. (eco) lehnt den neuen Vorschlag dagegen aus mehreren Gründen klar ab. „Die Leitlinien sind ein fauler Kompromiss. Trotz reduzierten Daten, Speicherfristen und Richtervorbehalt bleibt die Vorratsdatenspeicherung eine anlasslose Überwachung der Kommunikation der Bürger in der digitalen Welt. Sowohl technische als auch rechtliche Fragen bleiben unbeantwortet und die Unsicherheit der Unternehmen geht in die nächste Runde“, erklärte Oliver Süme, eco-Vorstand für Politik und Recht.

Der Bundesverband IT-Mittelstand (BITMi) zeigte sich ebenfalls enttäuscht: „Wir haben gehofft, dass Justizminister Maas stark bleibt und eine anlasslose Datenspeicherung verhindert“, kommentierte BITMi-Präsident Oliver Grün. „Mit dieser Einigung der beiden Minister auf die Leitlinien zur Höchstspeicherfrist wird der Vorratsdatenspeicherung nur ein neuer Name gegeben. An den Sachverhalten eines unsinnigen nationalen Alleingangs, eines Verbotes der Vorratsdatenspeicherung durch BGH und EuGH sowie an der nie nachgewiesenen Wirksamkeit ändert sich nichts.“

Die nun geplante differenzierte Speicherfrist – für Verkehrsdaten zehn Wochen und für Standortdaten vier Wochen – belaste insbesondere kleine und mittelständische IT-Unternehmen, die dazu verpflichtet werden, diese Daten quasi vorab auszuwerten und zu sortieren, so Grün weiter. Die vage Ankündigung einer Entschädigung auf Antrag durch das Bundesjustizministerium helfe nicht: „Es bedeutet mehr Bürokratie für den Wirtschaftsstandort Deutschland und das ist schlecht.“ Zudem bleibe unklar, welche Unternehmen oder Organisationen tatsächlich speichern sollen.

Der FDP-Netzpolitiker Jimmy Schulz bezeichnete es gar als „sehr dreist“, die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen. „Sie stellt die Bevölkerung unter Generalverdacht. Die Vorratsdatenspeicherung kehrt einen wesentlichen Grundpfeiler unseres Rechtssystems, die Unschuldsvermutung um.“

[mit Material von Andre Borbe, silicon.de]

ZDNet.de Redaktion

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