Praxistest: Google Fotos ausprobiert

Auf seiner Entwicklerkonferenz I/O hat Google eine neue Foto-App für Android und iOS vorgestellt. Außerdem steht der Bilderverwaltungs- und bearbeitungsdienst auch als Web-App zur Verfügung. Fotos ersetzt den zuletzt in Google+ integrierten Service.

Google Fotos umfasst mit der Option „Hohe Qualität“ unbegrenzten Speicherplatz für Bilder und Videos bis zu einer Auflösung von 16 Megapixel pro Bild und 1080p für Videos. Allerdings werden die Daten komprimiert. Für Nutzer, die die Speicherung von Bildern und Videos in voller Auflösung bevorzugen, steht die Option „Originalgröße“ parat. Allerdings geht dies auf Kosten des Cloudspeichers, den man bei Google gebucht hat.

Mit Google Fotos lassen sich auch animierte GIFs erzeugen (Bild: ZDNet.de)

Neben der reinen Speicherung von Fotos und Videos bietet der Dienst eine Reihe von Bearbeitungswerkzeugen, die in Sachen Funktionalität deutlich über das Angebot von Mitbewerbern wie besiepielsweise Flickr hinausgehen. So lässt sich etwa eine „Geschichte“ aus einer bestimmten Anzahl von Fotos generieren. Die Erstellung von animierten GIFs (Animationen), Collagen und Filmen beherrscht Google Fotos ebenfalls.

Durch Bilderkennungsverfahren erlaubt Google Fotos eine Unterscheidung nach bestimmten Motiven. Die Suche nach Hunde, Himmel, Berge, Skifahrer oder Blume liefert erstaunlich gute Ergebnisse. Fehlerfrei arbeitet sie jedoch noch nicht.

Qualität der online abgespeicherten Fotos und Videos

Wie sich anhand der Tabelle ablesen lässt, wird ein Foto erst ab einer Größe von 16 Megapixeln durch den Upload auf diese Grenze herunterskaliert. Hinsichtlich Auflösung bleiben Bilder bis zu dieser Größe unverändert. Allerdings komprimiert Google diese je nach Ausgangsmaterial relativ stark, sodass sie nur noch die Hälfte oder weniger des ursprünglichen Speicherplatzes belegen.

Bilder-Upload (Fotos mit LG G3 aufgenommen)

Original-Auflösung Megapixel Upload-Auflösung Megapixel Original-Größe (MByte) Upload-Größe (MByte)
11584×3904 45 6890×2322 16 17,3 5,1
4160×3120 13 4160×3120 13 7 3,6
4160×2340 9,7 4160×2340 9,7 5,5 2,8
3264×2448 8 3264×2448 8 4,3 2,2

Im Test beansprucht ein mit einem LG G3 in voller Auflösung aufgenommenes Bild circa 7 MByte Speicherplatz auf dem Smartphone. Nach dem Upload auf Google Fotos verfügt es zwar noch über dieselbe Auflösung, belegt aber nur noch 3,6 MByte. Mit anderen Smartphones oder Kameras können die Ergebnisse je nach verwendetem Komprimier-Algorithmus unterschiedlich ausfallen. So bleibt die Größe der Aufnahme mit einem Nexus 5 mit Android M mit 1,3 MByte fast unverändert im Vergleich zum Original mit 1,4 MByte. Das mit einer Fujifilm XF1 aufgenommennen 5 MByte große Bild komprimiert Google Fotos auf 2 MByte. Qualitätsunterschiede zum Original sind auf den ersten Blick kaum zu sehen. Erst bei einer Vergrößerung eines Bildausschnitts sind Unterschiede von Original und der Kopie auf Google Fotos erkennbar. Die Kopie ist etwas dunkler und kontrastämer, die Schrift eine Nuance unschärfer.

Durch die Komprimierung von Google Fotos erscheint die Kopie etwas dunkler. Die Schrift erscheint eine Nuance unschärfer (Bild: ZDNet.de)

Während man bei der Darstellung von Bildern mit der Qualität von Google Fotos zufrieden sein kann, sieht es in Verbindung mit Videos anders aus. Filme mit einer höheren Framerate, wie 60 fps oder 120 fps, werden durch den Upload auf 30 fps begrenzt. Die Datenrate sinkt von 30 auf 6 MBit/s, was mit Qualitätseinbußen verbunden ist.

Video-Upload (Videos mit LG G3 aufgenommen)

Original-Format Upload-Format Original-Größe (MByte) Upload-Größe (MByte) Original-Datenrate (MBit/s) Upload-Datenrate (MBit/s)
1280x720x120fps 1280x720x30 46,8 6,2 7,2 3,1
1920x1080x60fps 1920x1080x30 57,1 11,7 30,2 6,2
3820x2160x30fps 1920x1080x30 58,9 12 30,2 6,2

Bearbeitungsmöglichkeiten

Neben dem Abspeichern von Bildern und Videos bietet Google Fotos auch Bearbeitungsfunktionen. Gegenüber der bisherigen App sind diese etwas vereinfacht worden und bieten in Teilbereichen einen weniger großen Leistungsumfang. Für Licht, Farbe und Kontrast – letztere nennt Google Pop – steht jeweils ein Schiebregeler zur Verfügung. Die Vorgängerversion bot zur Bild-Verbesserung hingegen mehr Optionen. Außerdem ist eine selektive Bearbeitung des Bildes nicht mehr möglich. Entsprechende Änderungen beziehen sich immer auf das gesamte Foto. Immerhin ist in Google Fotos aber die deutlich leistungsfähigere Bildbearbeitung Snapseed über das Optionsmenü integriert, sofern diese App installiert ist. Insofern fallen die Mängel bei der Bildbearbeitung weniger ins Gewicht. Für Videos steht eine rudimentäre Schnittfunktion zur Verfügung. Damit kann man beispielsweise ein Video am Anfang und am Ende kürzen.

Geschichte, Film, Animation erstellen

Wer die Foto-Geschichten von Google+ schätzt, wird sich darüber freuen, dass man diese mit Google Fotos manuell erstellen kann. Bisher hat Google+ diese zu bestimmten Zeitpunkten – etwa nach Ende einer Reise – automatisch erstellt. Jetzt kann eine Geschichte jederzeit mit selbst ausgewählten Bildern vom Anwender erstellt werden. Die Möglichkeit, aus Bildern ein animiertes GIF, ein Video – jeweils mit maximal 50 Bildern – oder eine Collage mit bis zu 9 Fotos zu erzeugen, runden das Leistungsangebot von Google Fotos ab. Das Erstellen von Film, Geschichte, Animation und Collage steht allerdings nicht im Web-Interface zur Verfügung. Das funktioniert bisher nur mit den Apps. Alben, Filme und Geschichten werden unter Sammlungen zusammengefasst.

Bilder in Alben sortieren

Bilder lassen sich in Alben sortieren. Anders als Flickr erlaubt Google aber keine Auswahl nach Tagen. Der Nutzer muss stattdessen jedes Bild manuell auswählen. Das Albumdeckblatt kann hingegen nicht manuell ausgewählt werden. Hierfür muss man mit dem Browser in die Google+-Bearbeitung wechseln. Auch die Reihenfolge der Bilder in einem Album lässt sich nicht beeinflussen – weder mit der App noch über das Web-Interface. Hierfür muss man mit dem Browser wiederum zur Google+-Ansicht wechseln.

Fazit

Der unbegrenzte Speicherplatz für Fotos mit bis zu einer Auflösung von 16 Megeapixeln klingt zunächst einmal ganz nett. Leider werden die Bilder aber stärker als das Original komprimiert, sodass man je nach Motiv mehr oder weniger starke Qualitätseinbußen in Kauf nehmen muss. Diesbezüglich wäre Flickr mit 1000 GByte kostenlosem Speicherplatz die bessere Alternative. Noch stärker fällt die Komprimierung bei Videos aus. Hier reduziert der Upload auf Google+ die Datenrate und die Anzahl der Bilder pro Sekunde auf maximal 30fps. Des Weiteren sind die fehlenden Einflussmöglichkeiten bei Alben in Sachen Albumdeckblatt und Sortierreihenfolge zu bemängeln. Auf der Habenseite stehen dafür das Erstellen von Geschichten, Animationen und Videos. Die etwas reduzierten Bildbearbeitungsmöglichkeiten können ambitionierte Anwender mit der leistungsfähigern Google-App Snapseed ausgleichen, das nach der Installation über das Optionsmenü in Google Fotos zur Verfügung steht.

Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

Recent Posts

Microsoft nennt weitere Details zu kostenpflichtigen Patches für Windows 10

Erstmals liegen Preise für Verbraucher vor. Sie zahlen weniger als Geschäftskunden. Dafür beschränkt Microsoft den…

7 Stunden ago

Microsoft verschiebt erneut Copilot Recall

Die Entwickler arbeiten noch an weiteren „Verfeinerungen“. Windows Insider erhalten nun wohl eine erste Vorschau…

1 Tag ago

GenKI im Job: Mitarbeitende schaffen Tatsachen

Laut Bitkom-Umfrage werden in jedem dritten Unternehmen in Deutschland private KI-Zugänge genutzt. Tendenz steigend.

1 Tag ago

97 Prozent der Großunternehmen melden Cyber-Vorfälle

2023 erlitten neun von zehn Unternehmen in der DACH-Region Umsatzverluste und Kurseinbrüche in Folge von…

1 Tag ago

„Pacific Rim“-Report: riesiges, gegnerisches Angriffs-Ökosystem

Der Report „Pacific Rim“ von Sophos beschreibt Katz-und-Maus-Spiel aus Angriffs- und Verteidigungsoperationen mit staatlich unterstützten…

1 Tag ago

DeepL setzt erstmals auf NVIDIA DGX SuperPOD mit DGX GB200-Systemen

NVIDIA DGX SuperPOD soll voraussichtlich Mitte 2025 in Betrieb genommen und für Forschungsberechnungen genutzt werden.

1 Tag ago