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Ende der Netzneutralität: Deutsche Telekom plant kostenpflichtige Überholspuren

Timotheus Höttges, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom, hat in einer Stellungnahme die Entscheidung der Europäischen Union zur Netzneutralität kommentiert. Darin kündigt er die Einführung kostenpflichtiger Überholspuren im Internet an. Seiner Vorstellung nach sollen Diensteanbieter gegen Zahlung „einer Umsatzbeteiligung von ein paar Prozent“ eine garantiert „gute Übertragungsqualität“ erhalten.

Wie Spiegel Online berichtet, schließt auch Vodafone die Einführung eines derartigen Angebots nicht aus. „Vodafone verfolgt derzeit keine solchen Planungen, die Aussagen der Telekom sind aus unserer Sicht aber richtig“, zitiert Spiegel Online einen Vodafone-Sprecher. „Ein Ein-Klasse-Internet gibt es bereits heute nicht.“

Höttges argumentiert, dass das Internet immer wieder neue Dienste hervorbringe, an die zuvor niemand gedacht habe. Beispiele sind ihm zufolge Videokonferenzen, Online-Gaming, Telemedizin, selbststeuernde Fahrzeuge und vernetzte Produktionsprozesse in der Industrie. „Gemeinsam haben diese Dienste, dass sie andere, teilweise höhere Qualitätsanforderungen haben als das einfache Surfen oder die E-Mail, die auch ein paar Millisekunden später ankommen kann. Eine Videokonferenz sollte beispielsweise auch zu Stoßzeiten im Netz nicht ins Stocken geraten. Deshalb muss die Möglichkeit bestehen, dass die Daten empfindlicher Dienste im Stau Vorfahrt bekommen.“

Nutzer seien zudem damit vertraut, auch im Internet für mehr Qualität mehr zu bezahlen. Für mehr Speicherplatz für E-Mails, erweiterte Funktionen Sozialer Netzwerke wie Xing und LinkedIn oder auch Videos in HD statt Standardauflösung zahlten sie schon heute Aufpreise. „Qualitätsdifferenzierung ist keineswegs eine Revolution im Netz, sondern die natürliche Weiterentwicklung.“

Höttges ist zudem davon überzeugt, dass sich auch kleine Anbieter die Überholspuren leisten können. Rechenzentren in der Nähe ihrer Kunden, wie sie von großen Internetfirmen wie Google betrieben werden, seien für Start-ups unerschwinglich. „Wollen sie Dienste auf den Markt bringen, bei denen eine gute Übertragungsqualität garantiert sein muss, brauchen gerade sie Spezialdienste“, so Höttges weiter. Er sieht darin nicht nur einen „fairen Beitrag“ für die Nutzung der Infrastruktur, sondern auch eine Möglichkeit, den Wettbewerb unter den Telekommunikationsanbietern anzukurbeln.

Für Vodafone erfüllen schon jetzt bestehende Angebote wie Voice-over-IP und Internet-TV die Kriterien von Spezialdiensten, die eine kostenpflichtige Überholspur erhalten, heißt es weiter in dem Bericht von Spiegel Online. „Aber es wird natürlich künftig auch weitere Spezialdienste geben.“

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Befürworter der Netzneutralität lehnen indes weiterhin die Bevorzugung von Spezialdiensten ab. Die Entscheidung der EU sei „eine Lizenz zum Abkassieren“, kommentiert beispielsweise die Wirtschaftswoche. „Mit der Abschaffung der Netzneutralität wird so ein neues Geschäftsfeld für die Telekommunikationskonzerne geschaffen. Die klagen schon lange, dass sie die teure Infrastruktur betreiben und Konzerne wie Google & Co. dort mit ihren Inhalten die großen Gewinne abschöpfen.“

„Auf den ersten Blick klingt es auch vernünftig, die US-Internetriesen zur Kasse zu bitten und so den lahmenden Netzausbau in Deutschland zu finanzieren. Doch das ist ein Trugschluss, denn damit fällt der Anreiz weg, den ohnehin schon viel zu langsamen Breitbandausbau endlich voranzutreiben. Im Gegenteil: Je mehr Staus drohen, desto besser lassen sich die Spezialdienste verkaufen“, befürchtet die Wirtschaftswoche.

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Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

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