Der Bundesgerichtshof hat eine Klage der GEMA gegen die Deutsche Telekom zurückgewiesen. Die Verwertungsgesellschaft hatte über drei Instanzen hinweg zu erreichen versucht, dass die Telekom als Access-Provider den Zugang zu einer Webseite mit urheberrechtsverletzenden Inhalten sperren muss. Der zuständige 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wies zugleich eine ähnliche Klage von Tonträgerherstellern gegen Telefónica als Internetanbieter zurück. Die GEMA feierte das Urteil dennoch als Sieg, da das Gericht Zugangssperren unter bestimmten Bedingungen – „als ultima ratio“ – für zulässig halte.
Das Gericht entschied, dass Internetanbieter nur dann Webseiten sperren müssen, wenn Urheberrechtsinhaber zuvor andere Maßnahmen getroffen haben und damit erfolglos blieben. Die Kläger hatten es sich jedoch einfach gemacht und sich darauf berufen, dass ihnen nicht die tatsächlichen Adressen derer bekannt waren, die ihr Urheberrecht verletzten. Die GEMA argumentierte, die beschuldigten Betreiber und Host-Provider der Seite „3dl.am“ hätten sich hinter falschen Adressen versteckt, sodass kein Verfügungsantrag zugestellt werden konnte. Die Tonträgerhersteller machten es sich noch einfacher und trugen vor, sie hätten nicht gegen den Betreiber der Webseiten mit der Bezeichnung „goldesel“ vorgehen können, da sie dem Webauftritt nicht die Identität des Betreibers entnehmen konnten.
Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit kommt für den Bundesgerichtshof jedoch nur dann eine Störerhaftung des Unternehmens in Betracht, das den Zugang zum Internet vermittelt, wenn der Rechtsinhaber selbst zuvor zumutbare Anstrengungen unternommen hat. Er müsste zunächst gegen diejenigen Beteiligten vorgehen, die die Rechtsverletzung begingen oder etwa als Host-Provider dazu beitrugen.
Die Inanspruchnahme des Access-Providers als Störer sei nur zumutbar, wenn andere Maßnahmen sich als erfolglos erwiesen hätten. „Betreiber und Host-Provider sind wesentlich näher an der Rechtsverletzung als derjenige, der nur allgemein den Zugang zum Internet vermittelt“, heißt es dazu. Um sie zu ermitteln, müsse der Rechtsinhaber selbst in zumutbarem Umfang Nachforschungen vornehmen, etwa eine Detektei beauftragen oder staatliche Ermittlungsbehörden einschalten.
Der BGH folgt mit seiner Entscheidung dem Europäischen Gerichtshof, wie iRights.info zum Hintergrund ausführt. Der EuGH hatte schon 2014 entschieden, dass Websperren durch Internetanbieter zulässig sein können, wenn sie verhältnismäßig und zumutbar bleiben. Er überließ es jedoch den nationalen Gerichten, den Schutz von Urheberrechten gegen die wirtschaftliche Freiheit der Internetanbieter sowie die Informationsfreiheit der Nutzer abzuwägen.
Die GEMA las aus dem jetzt ergangenen Urteil vor allem heraus, dass die Sperrung von Piraterie-Webseiten grundsätzlich zulässig ist. „Wir begrüßen das Urteil des BGH“, freute sich der Vorstandsvorsitzende Harald Heker. „Endlich haben wir Rechtsklarheit darüber, dass Zugangssperren von Webseiten, die illegal urheberrechtlich geschützte Musikwerke massenhaft anbieten, zulässig sind. Ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung der Internetpiraterie.“
Der Digitalverband Bitkom begrüßte die Abweisung der Klagen. Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder wies aber darauf hin, dass Netzsperren damit nicht grundsätzlich ausgeschlossen wurden: „Die Gefahr, dass Internetprovider bei Urheberrechtsverletzungen Netzsperren einrichten müssen, ist nach dem BGH-Urteil nicht vollständig gebannt.“ Er kritisierte zugleich die im Rahmen des Telemediengesetzes (TMG) geplante verschärfte Haftung für Host-Provider: „Host-Provider werden unter Generalverdacht gestellt, Verstöße gegen das Urheberrecht zu dulden oder sogar zu fördern.“
Auch der eco-Verband, der 800 Internetunternehmen vertritt, begrüßt die Entscheidung. Oliver Süme, Vorstand für Politik & Recht sagt: „Das Urteil ist ein wichtiges Signal gegen die überzogene Inanspruchnahme von Internetzugangsanbietern bei Rechtsverletzungen Dritter im Internet. Allerdings hätten wir ein grundsätzliches Nein zu Netzsperren begrüßt. Aus unserer Sicht sind Netzsperren kein probates Mittel zur Bekämpfung illegaler Internetinhalte. Der Aufbau einer Infrastruktur zur Sperrung und Filterung von Internetinhalten ist kontraproduktiv für die Bekämpfung illegaler Inhalte und deren Löschung. Gleichzeitig bilden sie die Einflugschneise für eine Zensur-Kultur, die die Grundprinzipien der Transparenz und Rechtsstaatlichkeit untergräbt“.
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