Twitter will angeblich gegen Ende März die bisherige Begrenzung auf 140 Zeichen aufheben, die eigentlich sein Markenzeichen ist und seine Erfolgsgeschichte begründete. Laut Recode denkt der Mikroblogging-Dienst daran, Texte mit einem Umfang von bis zu 10.000 Zeichen zuzulassen, was etwa 2000 Wörtern entspräche. Die Publikation beruft sich auf mehrere Personen, die mit den Plänen des Unternehmens vertraut sind.
Das entspräche der Grenze, die schon seit August für Direktnachrichten bei Twitter gilt. Die maximale Zeichenzahl soll jedoch noch nicht endgültig festgelegt sein und könnte sich noch ändern, bis das intern als „Beyond 140“ bezeichnete Produkt eingeführt wird. Auch das Datum für die Umsetzung sei noch nicht völlig sicher. Twitter wollte zu dem Bericht nicht Stellung nehmen.
Auf den ersten Blick soll sich Twitter dadurch nicht wesentlich ändern, vielmehr sollen Tweets wie bisher mit einer Länge von nicht mehr als 140 Zeichen erscheinen – und erst eine Interaktion des Nutzers mehr Inhalt sichtbar machen. So könnte der Klick auf einen Tweet für eine erweiterte Darstellung sorgen. Durch die Beibehaltung des bisherigen Designs sollen die Nutzer wie bisher durch die Timeline scrollen können – und nicht etwa durch längere Texte davon abgehalten werden, sich mit einer größeren Zahl von Tweets zu beschäftigen.
Schon im September wurde erstmals über ein solches Vorhaben Twitters berichtet. Demnach wurde eine größere Textlänge schon seit Jahren erwogen, jedoch erst nach der Rückkehr von Mitgründer Jack Dorsey in eine ernsthafte Planung umgesetzt. Zunächst als Interim-CEO und schließlich als neuer Twitter-Chef unterstützte Dorsey die Idee offen. „Dass Jack reinkommt und sagt, es sei OK, macht den Unterschied“, wurde ein leitender Manager der Firma zitiert.
Die 140-Zeichen-Grenze geht auf die Möglichkeit zurück, einen Tweet in eine auf 160 Zeichen begrenzte SMS zu packen. Nicht alle Nutzer und auch nicht alle Investoren sind begeistert von ihrer möglichen Aufhebung. Nach der Meldung über eine bevorstehende Änderung fiel der Aktienkurs von Twitter um fast 3 Prozent. Ars Technica kritisierte die Pläne als verheerend: „Twitter versucht genau das zu ändern, was Twitter großartig macht, weil es nach Möglichkeiten sucht, mehr Geld mit dem geliebten Service zu machen. Die Aufhebung der Zeichengrenze ist jedoch eine schreckliche Idee.“
„Wir haben viel Zeit damit verbracht, zu beobachten, was die Leute bei Twitter tun“, argumentierte hingegen Jack Dorsey mit einem Tweet. „Und wir sehen, dass sie Screenshots von Texten anfertigen und sie tweeten. Aber was wäre, wenn dieser Text … tatsächlich Text wäre? Text, der durchsucht werden könnte. Der hervorgehoben werden könnte. Das bringt mehr Nutzen und Wirkung.“ Da die 140-Zeichen-Grenze auch für ihn noch gilt, musste Dorsey für dieses Posting seinen eigenen längeren Text als Screenshot veröffentlichen.
Seit Jack Dorsey im Oktober als dauerhafter CEO bestätigt wurde, sucht er nach neuen Einnahmequellen und will insbesondere die Zahl der Nutzer erhöhen. Twitters Mitgliederzahlen sind zuletzt nur noch geringfügig angestiegen. Zwischen dem zweiten und dritten Quartal 2015 kamen lediglich 4 Millionen neue Nutzer hinzu. Als Folge kündigte das Unternehmen Mitte Oktober die Entlassung von rund 8 Prozent seiner Belegschaft an, was sich allerdings nicht nachhaltig auf den Aktienkurs auswirkte.
[mit Material von Terry Collins, News.com]
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