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Filesharing-Urteil: Eltern haften bei Kenntnis des Täters für ihre Kinder

Eltern haften als Anschlussinhaber unter bestimmten Bedingungen als Täter für illegale Filesharing-Aktivitäten ihrer Kinder. Das hat jetzt das Oberlandesgericht München entschieden (Az. 29 U 2593/15) und damit ein vorinstanzliches Urteil des Landgerichts München I vom 1. Juli 2015 (Az. 37 O 5394/14) bestätigt. Demnach können die Eltern einer Strafzahlung nur entgehen, wenn sie bei Kenntnis des Verantwortlichen diesen auch benennen.

Im vorliegenden Fall hatte ein Münchner Elternpaar eine Abmahnung wegen Filesharing erhalten, weil über ihren Anschluss ein Musikalbum über eine Tauschbörse illegal verbreitet worden war. Es weigerte sich jedoch, für die Abmahnkosten und Schadensersatz aufzukommen, da es die vorgeworfene Tat nicht begangen habe. Die Eltern verwiesen darauf, dass ihre drei volljährigen Kinder ebenfalls Zugang zu ihrem Internetanschluss gehabt haben. Sie wüssten zwar, welches ihrer Kinder es gewesen sei, seien aber nicht bereit, den Namen des Kindes zu nennen.

Nachdem der Rechteinhaber Universal Music die Eltern verklagt hatte, machten die Kinder vor Gericht von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Daraufhin verurteilte das Landgericht München I die Eltern zur Zahlung von insgesamt 3544,40 Euro nebst Zinsen, wogegen sie Berufung einlegten.

Das Oberlandesgericht München schloss sich jedoch der Auffassung des Landgerichts an. Die Richter begründeten dies damit, dass die Eltern nicht die gegen sie bestehende Vermutung der Täterschaft erschüttert haben sollen. Denn sie hätten nicht ihrer sogenannten sekundären Darlegungslast genügt. Der Verweis auf die theoretisch bestehende Zugriffsmöglichkeit ihrer Kinder reiche nicht aus. Vielmehr hätten sie konkrete Angaben zur Verletzungshandlung machen müssen. Hierzu hätten die Eltern auch angeben müssen, welches ihrer Kinder die Urheberrechtsverletzung begangen hat. Ansonsten könnten Rechteinhaber ihre Ansprüche kaum bei einer Familie mit gemeinsamen Internetanschluss durchsetzen. Das Gericht hat in seiner Entscheidung die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, weil der Streitfall für eine Vielzahl von Filesharing-Verfahren von Bedeutung sei.

Update vom 16. Februar 2016: Inzwischen haben die betroffenen Eltern gegen das Urteil beim Bundesgerichtshof Revision eingelegt, wie die Rechtsanwaltskanzlei Werdermann von Rüden, die hinter dem Portal Abmahnhelfer.de steht, unter Berufung auf „informierte Justizkreise“ mitteilt. Der Bundesgerichtshof wird das Verfahren demnach unter dem Aktenzeichen I ZR 19/16 verhandeln. Eine Entscheidung wird für das kommende Jahr erwartet.

„Die Entscheidung steht in einem krassen Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung anderer Land- und Amtsgerichte. Die Familie steht unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Daraus wird abgeleitet, dass Familienmitglieder andere Familienmitglieder nicht ans offene Messer liefern müssen. Außerdem steht den Anschlussinhabern ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht zu, dessen Wertungen durch dieses Urteil untergraben werden“, erklärte dazu Rechtsanwalt Johannes von Rüden. „Es kann nicht sein, dass Familienangehörige eines geständigen Mörders sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht berufen dürfen, den Eltern eines minderjährigen Internetpiraten dieser Weg aber verwehrt sein soll. Dass das nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand.“

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Auch der Kölner Medienrechtsanwalt Christian Solmecke von der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke hält das Urteil des OLG München für „fragwürdig“ und bezeichnet es als „zweifelhafte Entscheidung zugunsten der Abmahnindustrie“. Ihm zufolge sollen Eltern hier als Anschlussinhaber für eine nicht begangene Tat haften, weil sie ihr Kind nicht an den Pranger stellen wollen. Die vom OLG München ausgesprochene Verpflichtung des Anschlussinhabers, den tatsächlichen Täter zu benennen, widerspricht nach Ansicht von Solmecke der Auffassung des Bundesgerichtshofs, nach der es ausreicht, einen alternativen Sachvortrag vorzutragen, ohne einen konkreten Täter benennen zu müssen. Allerdings sei es in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen (I ZR 169/12 und I ZR 75/14) auch jeweils so gewesen, dass die Betroffenen nicht wussten, wer die Tat begangen hat.

„Insofern stellen sich Abgemahnte derzeit besser, wenn sie vortragen, die Tat nicht selbst begangen zu haben. Darüber hinaus müssen dann noch andere Familienmitglieder genannt werden, die zur Tatzeit anwesend waren und als mögliche Täter in Betracht kommen“, so Solmecke. „Kommen allerdings minderjährige Täter in Betracht, muss noch vorgetragen werden, dass diese auch tatsächlich vorher belehrt worden sind. Volljährige Kinder und Ehegatten müssen vor der Internetnutzung nicht belehrt werden.“

ZDNet.de Redaktion

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