Prominenter Entwickler: „Bitcoin ist ein Fehlschlag“

Ein führender Bitcoin-Entwickler, Mike Hearn, hat die Community verlassen und in einem Beitrag auf Medium das Experiment Bitcoin für gescheitert erklärt. Die Kryptowährung werde inzwischen von China aus kontrolliert und liege in der Hand von höchstens zehn Personen. Transaktionen seien langsam und unzuverlässig, Gebühren unberechenbar.

Hearn hatte 2011 Google nach fast acht Jahren verlassen, um sich in Vollzeit Bitcoin zu widmen. Er gehörte zuletzt zu den Unterstützern von Bitcoin XT, das die Limitierung auf 1 MByte pro Bitchain-Block aufzuheben suchte. Dabei beriefen sich Hearn und Gavin Andresen auf die Vision des nie tatsächlich identifizierten Bitcoin-Erfinders mit dem möglicherweise fiktiven Namen Satoshi Nakamoto. Demnach war das Block-Limit nur eine Übergangslösung, von der immer klar war, dass sie langfristig wieder aufgegeben werden würde.

Auch Hearns jetziger Abschiedsbeitrag beschäftigt sich ausführlich mit der Diskussion von Bitcoin Core und Bitcoin XT und warum eine Erhöhung des Blocklimits nötig ist. Hearn erklärt aber Bitcoin auch deshalb für gescheitert, weil sich beide Fraktionen „im offenen Bürgerkrieg“ befinden. Niemand würde sein Geld einer Bank anvertrauen, in der vergleichbare Zustände herrschen, erklärt er.

Die Verarbeitung von Bitcoin-Zahlungen könne heute bis zu 14 Stunden dauern und in dieser Zeit verändert, also zurückgenommen werden, schreibt Hearn. Auch seien die Gebühren unberechenbar und lägen inzwischen über denen typischer Kreditkartenzahlungen, während es früher einer der größten Vorzüge des dezentralen Bezahlsystems war, dass geringe oder keine Transaktionsgebühren anfielen.

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Versuche, diese Probleme zunächst innerhalb von Bitcoin Core und später mit Bitcoin XT zu beseitigen, seien von chinesischen Minern verhindert worden, erklärt Hearn. Zwei von ihnen verfügen nach seinen Angaben allein über mehr als 50 Prozent aller fürs Mining verfügbaren Rechenkraft. Sie seien zum einen von einer Loyalität durchdrungen, die Innovation ausschließe. Zum anderen sei ihre Verbindung zum globalen Internet durch die chinesische Firewall so eingeschränkt, dass sie eine allzu große Popularität von Bitcoin geradezu bekämpfen müssten. Das Mining eines Blocks ist mit einer Belohnung von 25 Bitcoin oder umgerechnet etwa 11.000 Dollar verbunden.

Der Streit der Bitcoin-Fraktionen gehe außerdem so weit, dass im Verlauf des Jahres 2015 jegliche Transparenz verlorenging und Bitcoin-Anleger heute oft gar nicht die nötigen Informationen bekommen könnten. Beispielsweise wurde der Link zur Wechselbörse Coinbase, größtes und bekanntestes Bitcoin-Start-up der USA, von der offiziellen Bitcoin-Website entfernt, als sich Coinbase für Bitcoin XT aussprach. Alle primären Kommunikationskanäle für alles rund um Bitcoin würden nun zensiert. In Foren kam es zu Massenausschlüssen.

Es habe immer Rückschläge gegeben, wie die Schließung der Wechselbörse Mt Gox, erklärt Hearn. Aber der aktuelle Konflikt sei nicht mehr zu bewältigen, zumal schon jeder Kompromissvorschlag bekämpft werde. Er habe sich entschlossen, an der Bitcoin-Entwicklung nicht mehr teilzunehmen, und auch alle „Coins“ verkauft.

2015 gab es ungeachtet des Streits um das Block-Limit eine Reihe guter Nachrichten für die Kryptowährung. So entschied der Europäische Gerichtshof, dass Bitcoin-Transaktionen von Mehrwertsteuer befreit sind, und widersprach damit auch der Auffassung der deutschen Bundesregierung. Zudem unternahm ItBit den Versuch, der erste Bitcoin-Dienstleister mit Banklizenz in den Vereinigten Staaten werden. Es war 2014 von Singapur nach New York umgezogen. Dort wirbt es mit hochgradiger Sicherheit und 100 Prozent Compliance. Und auch Coinbase als erste Bitcoin-Wechselbörse in den USA nahm erst im Januar 2015 den Betrieb auf.

Sollte es zum Äußersten kommen, also Hearn Recht behalten und Bitcoin als gescheitertes Projekt an Bedeutung (und Wert) verlieren, dürfte doch zumindest das dahinter stehende Blockchain-Konzept überleben. IBM, Intel, Cisco und Linux Foundation entwickeln eine Alternative zur ursprünglichen Blockchain. Beteiligt sind auch Deutsche Börse und London Stock Exchange sowie Banken wie JP Morgan. Die Peer-to-Peer-Technik soll teure und ineffiziente Systeme für die Kontenabstimmung bei Finanzdienstleistern überflüssig machen. Sie könnte auch eine Basis fürs Internet der Dinge sein.

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Florian Kalenda

Seit dem Palm Vx mit Klapp-Tastatur war Florian mit keinem elektronischen Gerät mehr vollkommen zufrieden. Er nutzt derzeit privat Android, Blackberry, iOS, Ubuntu und Windows 7. Die Themen Internetpolitik und China interessieren ihn besonders.

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