Die FDP hat entsprechend ihrer Ankündigung von Ende Oktober Verfassungsbeschwerde gegen das im Dezember in Kraft getretene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung eingereicht. Baden-Württembergs FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke und der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki übergaben die Klageschrift am gestrigen Mittwoch an der Pforte des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. „Dieser Angriff auf die Bürgerrechte darf nicht akzeptiert werden“, lautete ihre Botschaft.
Aus Sicht der Liberalen stellt die systematische Speicherung von Telefon- und Internetdaten für die Jagd nach Terroristen und anderen Schwerverbrechern unbescholtene Bürger unter Generalverdacht. Die Beteuerungen der Union, dass das Gesetz dem Sicherheitsgefühl der Menschen diene, ließ Kubicki nicht gelten. Es sei unverhältnismäßig und unzulässig, pauschal die Daten von 82 Millionen Bundesbürgern zu erheben. Der FDP-Vize gab sich optimistisch, dass die Karlsruher Richter das ebenso sehen.
„Das Argument der Verteidiger dieser verfassungswidrigen Maßnahme – die Abwehr von Terroranschlägen und kriminellen Handlungen – hält keiner nüchternen und objektiven Prüfung stand“, sagte Kubicki. „In Frankreich konnten wir bei den schrecklichen Anschlägen vom Januar und November sehen, dass die anlasslose Datenspeicherung in dieser Frage wirkungslos war.“
Auch der vielfach geäußerte Einwand „Wer nichts getan hat, braucht nichts zu befürchten“ müsse in diesem Zusammenhang wie eine Unterwerfungsgeste des Bürgers gegenüber dem Staat verstanden werden, so Kubicki weiter. Es verwundere nicht, „dass die Staatsparteien der Union ein solches Staatsverständnis haben“, die Sozialdemokraten hätten mit Unterstützung dieser Maßnahme aber „Verrat an ihrer Bürgerrechtstradition“ begangen.
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Es ist bereits die vierte Verfassungsklage gegen das mit den Stimmen von Union und SPD verabschiedete „Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“. Noch am Tag des Inkrafttretens im Dezember hatte schon die Medienexpertin der Grünen im Bundestag, Tabea Rößner, zusammen mit mehreren Berliner Abgeordneten und Journalistenverbänden Klage eingereicht. Wie die drei übrigen Beschwerden war diese mit einem Eilantrag „auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung“ verbunden, mit dem Provider vorläufig von der Pflicht zum Protokollieren von Verbindungs- und Standortdaten befreit werden sollen.
Den ersten dieser Anträge hatte das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 12. Januar abgelehnt (Az. 1 BvQ 55/15). Als Grund nannten die Richter: „Das Vorbringen des Antragstellers lässt nicht erkennen, dass Nachteile, die mit dem Inkrafttreten des Gesetzes nach späterer Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit verbunden wären, die Nachteile, die im Falle der vorläufigen Verhinderung eines sich als verfassungsgemäß erweisenden Gesetzes einträten, in Ausmaß und Schwere deutlich überwiegen.“ In der Sache selbst ist damit aber noch nichts entschieden, sodass eine Klage letztlich durchaus noch erfolgreich sein könnte.
Schon im Vorfeld der Verabschiedung des neuen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung im Bundestag hatten IT-Verbände die Gesetzesvorlage wegen technischer Fehler, sachlicher Mängel und den zu erwartenden Schwierigkeiten beziehungsweise hohen Kosten bei der Umsetzung kritisiert. Datenschützer sowie Bürgerrechtsorganisationen wiesen zudem mehrfach darauf hin, dass aus ihrer Sicht der neuerliche Anlauf weder die Vorgaben des Bundesgerichtshofs noch des Europäischen Gerichtshofs erfüllt.
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