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Frustration bei Anwendern von Business-Software nimmt zu

Für die Hersteller ist das Ergebnis wenig rühmlich. Der Bundesverband der IT-Anwender VOICE hat seine Mitglieder befragt, wie zufrieden sie mit der Lizenzpreisgestaltung und -politik der großen Software-Anbieter auf einer Skala von 0 (vollkommen unzufrieden) bis 10 (absolut zufrieden) sind. Und sämtliche Hersteller schnitten schlecht ab. Das Gros liegt bei Werten zwischen drei und vier Indexpunkten. In der Studie wurden Kunden von SAP, Microsoft, Oracle und IBM zu ihrer Einschätzung in Themenfeldern wie ERP-Software, Business Intelligence / Data Warehouse, Datenbanken und Security befragt.

An der Umfrage beteiligten sich 63 Anwenderunternehmen. Insgesamt zählt VOICE mehr als 400 Mitgliedsfirmen. Der Verband sieht sich zum einen als Netzwerk und Austauschplattform für die IT-Nutzer und zum anderen als produktneutrale übergreifende Interessenvertretung. An der Lizenzpreisgestaltung der Software-Anbieter kritisiert er vor allem die Komplexität. Die Lizenzmodelle seien kaum zu durchschauen, meint Patrick Quellmalz, der bei VOICE den Bereich Service leitet. „Die Lizenzpreise variieren sehr stark von Anwender zu Anwender und von Land zu Land“, so Quellmalz. Hinzu kommt, dass sich die Metriken zwischen den einzelnen Software-Anbietern stark unterscheiden.

Andreas Oczko ist bei der deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) als Vorstand für die Themen Operations, Service und Support zuständig (Bild: DSAG).

Auch Andreas Oczko hat kürzlich in einem ZDNet-Artikel die Komplexität des Lizenzmanagements bei SAP kritisiert. So gebe es Lizenzpakete für bestimmte Anwendungsfälle, Named-User-Lizenzen für unterschiedliche Nutzergruppen sowie Datenbank-Lizenzen und Reporting-Lizenzen, etwa für Business Objects. „Im Jahr 2001 gab es gefühlt etwa um die 50 bis 60 Lizenzmaterialien. Heute sind wir allein im On-Premise-Bereich bei über 1000“, berichtete Oczko, der bei der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) als Vorstand für die Themen Operations, Service und Support zuständig ist.

„Und um die Preisliste zu verstehen, wäre es mitunter hilfreich, promoviert zu haben“, fügt Oczko hinzu. Die Anwender rechnen kaum damit, dass sich die Situation ändern wird. In der VOICE-Umfrage gehen 84 Prozent davon aus, dass die Komplexität in den kommenden Jahren sogar zunehmen wird.

Transparenz und Kommunikationsverhalten mangelhaft

Weiterer Kritikpunkt der Enterprise-Nutzer ist die mangelnde Transparenz. „Wenn sich bei der Preis- beziehungsweise Lizenzgestaltung etwas ändert, wird dies den Anwendern in der Regel nicht mitgeteilt“, sagt Quellmalz. Und Änderungen kommen sehr häufig vor. Quellmalz berichtet von einem Software-Anbieter, der in einem Jahr 500 Anpassungen vornahm.

Auch diesen Vorwurf kann DSAG-Sprecher Oczko unterschreiben: „Als SAP-Kunde erfährt man von Änderungen erst durch gezielte Nachfrage.“ Er kritisiert außerdem, dass SAP verstärkt dazu tendiere, verschiedene Software-Programme zu Paketen zusammen zu schnüren. So müsse man für Module mitbezahlen, die man eigentlich gar nicht benötigt.

In dem vom VOICE Bundesverband der IT-Anwender e.V. dieses Jahr erstmals erstellte „Zufriedenheitsindex “ schneiden die großen Software-Anbieter bei der Lizenzpreisgestaltung durchweg nicht gut ab (Grafik: VOICE).

Das Gefühl, zu viel zu bezahlen, kennen auch andere Anwender, zum Beispiel die des SAP-Konkurrenten Oracle. „Das Vorgehen bei den Named-User-Lizenzen ist nicht nachvollziehbar“, meint Dietmar Neugebauer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Oracle-Anwendergruppe (DOAG). „Ein Unternehmen muss dabei alle potenziellen Oracle-Nutzer lizenzieren – alle, die irgendwann einmal mit dem System arbeiten könnten.“ Das gleiche gelte für Geräte wie Drucker oder Scanner.

Auch das zunehmende Angebot von Cloud-Diensten hat den Lizenzdschungel nicht überschaubarer gemacht. „Im Grunde gelten für die Cloud-Services der großen Anbieter SAP, Oracle, IBM und Microsoft ähnliche Lizenzmodelle wie für den On-Premise-Bereich“, sagt Quellmalz. Von größerer Flexibilität könne keine Rede sein. „Die Leistungen werden pro Monat berechnet und es gibt eine einjährige Kündigungsfrist“, so Quellmalz. Bisher biete auch noch keiner der großen Anbieter ein Pay-per-use-Konzept.

Für die Unternehmen ist die komplexe und intransparente Lizenzpolitik nicht nur ärgerlich. Sie kostet auch Personalressourcen. Laut Quellmalz sind in vielen Firmen ganze Mannschaften damit beschäftigt, sich um das Lizenzmanagement zu kümmern. Ein Mitarbeiter reiche dafür oft nicht aus.

Dietmar Neugebauer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Oracle-Anwendergruppe (Bild: DOAG)

Machtlosigkeit in Deutschland

Die Möglichkeiten der deutschen Unternehmen daran etwas zu ändern, sind jedoch gering. „Die deutschen Niederlassungen der US-amerikanischen Software-Anbieter haben in dieser Sache keine eigene Entscheidungsbefugnis“, erklärt Quellmalz. „Daher kann zum Beispiel ein Unternehmen mit seinen Änderungswünschen bei Microsoft Deutschland nur wenig erreichen.“ Dieses Problem kennt auch DOAG-Mann Neugebauer: „Oracle Deutschland ist hauptsächlich für den Vertrieb zuständig. Unsere Einflussmöglichkeiten sind hierzulande daher sehr gering.“ Den Anwendern von Produkten aus Walldorf geht es inzwischen ähnlich. „SAP unterliegt mittlerweile globalen Regularien“, so Oczko. „SAP ist an der US-Börse gelistet und agiert daher häufig wie ein US-Unternehmen.“

Auch die Freiheitsgrade der Vertriebsleute auf SAP-Seite seien nicht mehr so groß wie früher, meint Oczko: „Sie können kaum noch etwas eigenmächtig entscheiden.“ Neben der Entscheidungsbefugnis fehle ihnen aber auch Erfahrung. „Häufig sprechen die Vertriebler die falschen Leute in den Unternehmen an“, berichtet Oczko. Der Grund liegt seiner Meinung nach darin, dass der Markt rasant anwachse und daher in kurzer Zeit mehr Vertriebsspezialisten benötigt werden. „Und die müssen sich um zunehmend um mehr Kunden kümmern und ein stark wachsendes Produktportfolio überblicken.“

Wettbewerb nicht zum Nutzen der Anwenderfirmen

Dieses Problem wird sich wahrscheinlich nicht so einfach lösen lassen. In Bezug auf die anderen in der Umfrage angesprochenen Themen hat Voice dagegen klare Vorstellungen gegenüber den Software-Anbietern. „Wir fordern einfache und transparente Lizenzbestimmungen sowie -metriken“, sagt Quellmalz. Zudem sollten die Anwender in die Diskussion über neue Lizenzmodelle einbezogen werden. Als weiteren Punkt verlangt VOICE bessere Dokumentationen sowie das kostenfreie Bereitstellen detaillierter Lizenzinformationen.

Das Interesse an Verbesserungen beim Thema Lizenzen ist groß. Laut VOICE geben 70 Prozent der Anwenderunternehmen zwischen 10 und 30 Prozent ihres IT-Budgets nur für Software-Lizenzen aus. Bei knapp der Hälfte der befragten Firmen (45 Prozent) liegt dieses IT-Budget zwischen 2 und 49 Millionen Euro.

„Zwar steigen die IT-Budgets in diesem Jahr wieder moderat an“, berichtet Quelmalz. „Aber wenn man bedenkt, wie groß neben Personal und Equipment-Aufwänden der fixe Kostenblock ist, den Anwender jährlich zu tragen haben, bleibt nur wenig Raum für Innovation. Die Kosten für die bereits eingesetzten Applikationen lassen Anwendern kaum Bewegungsspielraum.“

Einen Grund für die oft undurchsichtige Lizenzpolitik sieht Quellmalz im Wettbewerbsverhalten. „Häufig geht es den Software-Anbietern darum, die eigenen neuen Produkte bei den Kunden durchzusetzen und das eigene Ökosystem gegen das der Konkurrenz abzugrenzen.“ In einem Bereich, in dem der Wechsel zum Wettbewerb für den Kunden einen erheblichen Aufwand und in der Migrationsphase auch ein erhebliches Risiko mit sich bringt, scheint das noch zu funktionieren.

Peter Marwan

Für ZDNet veröffentlicht Peter immer wieder Beiträge zum Thema IT Business.

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