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EMC verabschiedet sich mit Produktreigen – Dell Technologies kommt

Die Firmen-Kongressmesse EMC World 2016 begann diesmal melancholisch: Joe Tucci verabschiedete sich von seinen stehend applaudierenden Gästen mit den Worten: „Ich werde hier wohl zum letzten Mal stehen, doch seien Sie sicher: das hier ist kein Ende, das ist erst der Anfang!“ Dann rief er Michael Dell auf die Bühne, der die Geschicke des voraussichtlich ab Herbst vereinigten Unternehmens mit dem Namen Dell Technologies bestimmen wird.

Dell malte in glühenden Worten die leuchtende Zukunft der Firma aus und ließ es sich nicht nehmen, bissige Seitenhiebe in Richtung des großen Konkurrenten HPE zu senden: „Während sie gerade versuchen, sich gesund zu schrumpfen, werden wir im Gegenteil zum Anbieter mit dem breitesten Portfolio.“ Ob Größe wirklich ein Vorteil oder eher ein Hindernis ist, wird man abwarten müssen.

Dell und EMC hätten nur wenig Überschneidungen und ein sich gut ergänzendes Portfolio. Zusammen mit Größe und Breite des Angebots bedeute das glänzende Chancen. In einer Fragestunde für Journalisten betonte Dell, man sei hinsichtlich der Fusion voll im Plan und werde EMC wie vorgesehen von der Börse nehmen, sobald die Aktionäre ihre Zustimmung erteilt haben. Zudem fehlen wohl noch einige behördliche Genehmigungen, unter anderem die aus China. Dell will auch weiterhin durch Akquisen wachsen. Die Lücke im Portfolio bei Netzwerken sollen bis auf Weiteres wie gehabt Kooperationen schließen. Tatsächlich unterhält EMC schon lange gute Beziehungen zu Cisco und Brocade.

EMC-Chef Joe Tucci übergibt den Stab an Michael Dell, der Dell Technologies nach Abschluss der Transaktion führen wird (Bild: Ariane Rüdiger)

Für den Integrationsprozess haben die beiden Unternehmen eigens Chief Integration Officer Rory Read angestellt, der ein Team von 200 Mitarbeitern aus beiden Firmen leitet. Diese arbeiten 16 Aufgabenpakete ab. Bei dem Zusammenschluss werde man darauf achten, Mitarbeiter, Kunden und Partner nicht zu verprellen – allerdings werde es durchaus Entlassungen geben, in erster Linie, weil interne Servicebereiche nicht doppelt vorgehalten werden müssen. Zahlen dazu gab es aber nicht.

Die Unternehmensprodukte der beiden getrennten Anbieter werden unter der Leitung von David Goulden in einem Bereich zusammengefasst, der auch die Marken Secureworks, Virtustream und RSA betreut. VMware und Pivotal bleiben ebenfalls als Marke erhalten, unterstehen aber direkt Dells Ägide. Dells Client-Produkte werden weiter unter der Marke Dell angeboten, hier wird sich wohl auch hinsichtlich der Prozesse und Strukturen wenig ändern.

Obwohl EMC nun also sehr wahrscheinlich vom Markt und von der Börse verschwindet, war von Wehmut wenig zu spüren. Vielmehr gab es eine ganze Reihe von Neuerungen teils im Rahmen der All-Flash-Strategie, teils bezogen auf Cloud-native-Infrastrukturen und -lösungen und schließlich auch bei Services.

Die All-Flash-Speicherplattform Unity ist für Mittelständler gedacht, hat aber trotzdem viele Enterprise-Features (Bild: Ariane Rüdiger)

Die wichtigsten neuen Produkte

Das Wichtigste in Kürze: Mit Unity bringt EMC wie im Frühjahr angekündigt eine vollständig neue, mit vielen vorinstallierten Enterprise-Funktionen ausgerüstete All-Flash-Storageplattform zu einem mittelstandstauglichen Preis auf den Markt. Unity speichert heute auf zwei Höheneinheiten 80 TByte, schon gegen Jahresende sollen es dank höher integrierter SSD-Module 400 TByte sein. Die Serie hat vier Modelle und skaliert derzeit bis 3 PByte, mit neuen SSD-Modulen entsprechend höher.

Jede Einheit hat zwei Controller, in den bereits ein Verschlüsselungsalgorithmus integriert ist, und eine batteriegestützte Minispeicherkarte für die schnelle Sicherung noch nicht gespeicherter Daten bei Abstürzen. Das Filesystem ist transaktionsfähig. Lieferbar sind eine All-Flash-Version für ab unter 18000 Dollar, eine Hybridversion für ab unter 10.000 Dollar, eine reine Softwareversion und eine Version, die in das Konvergenzsysem VxBlock integriert wurde.

Für die Highend-Konvergenzlösung VxRack System 1000 gibt es mit Neutrino eine neue Knoten-Variante, die konsequent auf Cloud-native-Umgebungen ausgerichtet ist. Sie kommt mit einem kompletten Open-Stack-Protokollstapel, den EMC pflegt, und Suse Linux als Betriebssystem. Direkt daran kann EMCs schon im letzten Jahr angekündigtes, fünf Höheneinheiten verbrauchendes Direct-Attach-Storagesystem DSSD D5 angebunden werden. D5 lässt sich jetzt auf zwei Einheiten in einem Rack skalieren, was Leistung und Kapazität verdoppelt. Auch diese Speicherlösung setzt vollständig auf Flash.

Für Neutrino-Knoten als Hardwarebasis hat EMC die Cloud-native-Entwicklungsumgebung Native Hybrid Cloud (NHC) entwickelt. Mit der Kombination aus Neutrino-VxRack und NHC sollen Anwender, so verspricht EMC, schon in zwei Tagen ab Lieferung anfangen können, Apps zu produzieren. NHC umfasst Entwicklungs-, Deployment- und Analysetools, die auf Selbstbedienung und DevOps-Entwicklung zugeschnitten sind.

Kunden, die EMCs Online-Support nutzen, einschließlich der Käufer von Unity, profitieren von dem neuen Dashboard und Analysetool MyService360, das alle EMC-Komponenten im Unternehmen nahezu in Echtzeit überwacht, ihr Betriebsverhalten analysiert und so rechtzeitige Steuer- oder Reparatureingriffe erlaubt. Dabei arbeitet die Lösung mit EMCs internem Datalake zusammen, in dem alle verfügbaren Informationen über EMC-Speicherprodukte vorgehalten und analytisch zugänglich gemacht werden.

EMC bringt eigene Cloud-Services von Virtustream. EMC hatte das 2009 gegründete Start-up vergangenes Jahr für 1,2 Milliarden Dollar aufgekauft. Virtustream hat dank innovativer Mikrosegmentierung den sonst üblichen Overhead bei virtuellen Maschinen beseitigt, was eine genaue nutzungsbasierte Abrechnung ermöglicht. Durch diese und andere technologische Neuerungen ist ein  hochverfügbarer, streng regulierungskonformer, für Enterprise-Applikationen wie SAP tauglicher Service entstanden, den EMC/Virtustream ab 10. Mai von acht Rechenzentren in den USA und Europa aus anbietet. Ressourcen in Deutschland und Frankreich befinden sich im Aufbau.

Der zweite Virtustream-Service ist Virtustream Storage Cloud, ein hochskalierbarer, auf EMC ECS-Produkt basierender Objektstore für große Objekte mit unter anderem einer S3-Schnittstelle. EMC sieht den Cloud-Service vor allem als Archivlösung für „kalte“ Daten aus EMC-Primär- oder Sekundärsystemen. Die Datenverfügbarkeit liegt bei 13 Neunen..

Für das kritische Thema Dubletten-Management hat EMCs Bereich Backup eine CDM (Copy Data Management)-Lösung entwickelt. IDC geht davon aus, dass im Jahr 2018 schon 50 Milliarden Dollar für überflüssige Datenkopien ausgegeben werden. Bei einer Untersuchung des Marktforschungsunternehmens gaben 82 Prozent der Teilnehmer an, zehn und mehr Kopien von Daten zu speichern. EMCs CDM-Lösung beseitigt nicht blind alle Dubletten, sondern analysiert, wie oft und auf welchen Medien eine Datei vorgehalten wird.

Anschließend wird anhand des vom Kunden gewünschten Sicherheitsniveaus jeweils bestimmt, wo wie viele Kopien vorzuhalten sind, der Rest der Kopien wird gelöscht. EMC will auch eine Variante dieses Produkts für SaaS-Provider bereitstellen, die Daten kundenübergreifend analysiert und dem Betreiber signalisiert, bei welchen Kunden Eingriffe nötig sind.

Auch beim Content Management der Zukunft setzt EMC auf Apps: Aus dem Projekt Horizon ist mit LEAK eine App-Serie mit fünf Apps für verschiedene Teilaufgaben des Content Management hervorgegangen, die den Grundstock für ein weites App-Ökosysem samt Markt für Content Services bilden soll. Dabei können die zukünftigen Apps auch von Drittanbietern stammen. Aktive Documentum-Kunden können auf die derzeit vorhandenen fünf Apps kostenlos zugreifen und sie einsetzen.

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Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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