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Smart City: Mit ULE-Funk auf Rattenfang

Bei Smart Citys denkt man zunächst an intelligente Verkehrs- und Parksysteme oder den effizienten Einsatz von städtischer Beleuchtung. Doch auch unterhalb der Straßenebene können vernetzte Lösungen dabei helfen, Großstadtprobleme zu lösen. So kommen bei der Ratten- und Mäusebekämpfung mittlerweile ebenfalls smarte Systeme zum Einsatz, die den Nagern auf den Pelz rücken, ohne dass für den Menschen gefährliche Gifte ins Wasser gelangen.

Keine Stadt oder Gemeinde gibt gerne zu, ein Rattenproblem zu haben. Und dennoch beziffern Experten die hiesige Rattenpopulation auf circa 350 Millionen. Damit gäbe es also rund vier Mal so viele Ratten in Deutschland wie Menschen. Allein in Berlin wird die Zahl der oftmals von Krankheitserregern befallenen Tiere auf bis zu 6 Millionen geschätzt. Bei der Bekämpfung im Abwasserbereich werden dabei Giftköder (Rodentizide) verwendet, die bis dato ungeschützt in rund fünf Prozent aller Kanalschächte eingehängt werden. Kommt es zu Schwankungen des Abwasserspiegels wie beispielsweise durch starken Regen, können die Gifte ins Abwasser gelangen. Die Blutverdünner im Rattengift sind jedoch nicht abbaubar – auch nicht in Klärwerken. Somit bleiben die schädlichen Gifte im Wasserkreislauf, was Folgen für Mensch und Umwelt hat.

Mit einer auf dem ULE-Standard (Ultra-Low Energy) basierenden Köderschutzbox soll sich das Eindringen von Rattengiften ins Abwasser nunmehr verhindern lassen. Die selbsttätige Schließvorrichtung der Box unterbindet den Kontakt des Köders mit dem Abwasserstrom. Laut dem Hersteller ball-b aus Nürnberg, der die Lösung mit Hilfe von weiteren Partnern wie der Firma Telegärtner Elektronik entwickelt hat, können Betreiber wie Städte und Gemeinden zudem die bisherigen Betriebskosten bei der Rattenbekämpfung um bis zu 65 Prozent reduzieren. So muss beispielsweise für die Kontrolle und Bestückung der Box mit Ködergut der Schacht nicht bestiegen werden, wodurch sich auch der Arbeitsschutz für die Mitarbeiter erhöht. „Eine spezielle Sensortechnik ermöglicht zudem das Monitoring der Ratten oder auch Mäuse, sodass die quantitative Schädlingspopulation im Kanal erfasst werden kann“, erklärt Reto Manitz von ball-b. Ohne die Kanäle öffnen zu müssen, werden die Daten an den Betreiber übermittelt, wo sie zentral erfasst, dokumentiert und ausgewertet werden können. Dabei verfügt die Lösung auch über eine Datenimportfunktion in GIS-Systeme.

Köderschutzbox auf Shortlist für DECT Awards

Der eingesetzte ULE-Funkstandard basiert auf geschützten DECT-Frequenzen. Während sich klassischer DECT-Funk längst als weltweiter Standard für schnurlose Telefonie etabliert hat, ist ULE derzeit dabei, sich unter anderem in den Bereichen Gebäudeautomation und Smart Home durchzusetzen. Durch den sicheren Schutz der übertragenen Daten, stabile Verbindungen, eine größere Reichweite im Vergleich zu anderen Funkstandards wie WLAN sowie minimalen Energieverbrauch eignet sich ULE aber auch für Smart-City-Systeme wie hier bei der Schädlingsbekämpfung.

Als eine der innovativsten ULE-basierten Lösungen des Jahres hat es die Köderschutzbox auf die Shortlist der DECT Awards geschafft, die im Rahmen der DECT World Conference in Barcelona vergeben werden. Ob die Lösung den Award auch gewinnt, wird sich am 31. Mai zeigen.

Patentiert ist die Lösung schon. Und rechtliche Fragen wurden laut Reto Manitz ebenfalls bereits geklärt. „Die Köderschutzbox hilft den Städten und Gemeinden nicht nur, Mensch und Umwelt zu schonen, sondern bietet den Anwendern auch die notwendige Rechtssicherheit beim Einsatz von umweltgefährdenden Stoffen zur Schadnagerbekämpfung“, betont Manitz. „Nationale und europäische Vorschriften können somit leicht eingehalten werden. Die Köderschutzbox basiert auf dem neusten Stand der Technik und ist somit eine aktive Risikominderungsmaßnahme im Rahmen der EU Biozidverordnung 528/2012“, so Manitz weiter.

Ob die Lösung tatsächlich dabei hilft, die Rattenplage in Deutschland einzudämmen, wird sich erst noch zeigen müssen. Aber auch, wenn sie lediglich dazu beiträgt, die Konzentration von Rattengift im Wasserkreislauf zu reduzieren, wäre es ein gutes Beispiel dafür, wie moderne Technologie zum Umweltschutz beitragen kann.

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Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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