Whistleblower Edward Snowden erhält in diesem Jahr den Kasseler Bürgerpreis Das Glas der Vernunft. Die Entscheidung für den 26. Preisträger, die Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD) als mutig bezeichnete, fiel nach langer Diskussion im Konsens.
Der Trägerverein des nach der deutschen Wiedervereinigung initiierten Preises attestierte Snowden, mit den Enthüllungen der NSA-Überwachungspraktiken „ein völlig neues Bewusstsein geschaffen“ und eine Diskussion zur Frage ausgelöst zu haben, wie weit Staaten gehen dürfen, wenn die individuelle Freiheit der Menschen berührt ist. „Edward Snowden hat uns aufmerksam gemacht auf die Gefahren einer ungezügelten Datennutzung und Datenspeicherung“, zitiert die HNA aus der Jury-Begründung. Snowden sehe durch Geheimdienstpraktiken faktisch die Grundrechte aufgehoben.
„Wir wollen geschützt werden, aber wir wollen nicht grenzenlos überwacht werden“, sagte Dieter Mehling von der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Kasseler Bürgerpreises bei der Bekanntgabe. Staaten müssten zwar Daten sammeln in einer von Terrorismus gefährdeten Welt, aber dabei gebe es einen Zielkonflikt. Edward Snowden sei seinem Gewissen gefolgt und mit seinen Enthüllungen ein großes persönliches Risiko eingegangen.
Edward Snowdens Berliner Anwalt ließ bereits wissen, dass Snowden sich über den Preis freut und ihn gerne annehmen wird. Die Laudatio im Kasseler Opernhaus hält Schriftsteller und Jurist Bernhard Schlink. Als Festredner kommt Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung. An der Preisverleihung am 25. September wird Snowden selbst aber mit großer Sicherheit nicht teilnehmen können. Zumindest die vom Kasseler Kunstprofessor Karl Oskar Blase gestaltete Preis-Skulptur soll Snowden in seinem Moskauer Exil übergeben werden.
Der mit 10.000 Euro dotierte und aus privaten Spenden finanzierte Preis wurde 1991 aus Anlass der deutschen Wiedervereinigung initiiert, mit der auch die geschichtlich und kulturell verbundenen Regionen Nordhessen und West-Thüringen wieder zusammengeführt wurden. Er wird an Personen oder Institutionen verliehen, die sich um die Überwindung ideologischer Schranken, Vernunft und Toleranz gegenüber Andersdenkenden verdient gemacht haben. Zu den bisherigen Preisträgern zählen Hans-Dietrich Genscher, Yehudi Menuhin, Pavel Kohout, Joachim Gauck, Ai Weiwei, Vandana Shiva, Jürgen Habermas und Avi Primor.
Nicht wie geplant konnte hingegen die Philosophische Fakultät der Universität Rostock Edward Snowden die Ehrendoktorwürde verleihen. Das Verwaltungsgericht Schwerin entschied zugunsten des Universitätsrektors, der das Vorhaben als rechtswidrig ansah, da es den Regularien widerspreche, die für eine solche Verleihung „besondere wissenschaftliche Leistungen“ voraussetzen.
In anderen Bundesländern gibt es weniger einengende Voraussetzungen für eine Ehrendoktorwürde – der Liedermacher Wolf Biermann bekam sie ebenso verliehen wie der frühere VW-Chef Bernd Pischetsrieder. Die Philosophische Fakultät in Rostock hatte ihr Ansinnen auch mit der Absicht begründet, den Studierenden ein Vorbild zu empfehlen: „Sein Fall ist einerseits eine praktische Anleitung zu moralisch verantwortlichem Handeln und andererseits eine Warnung vor dem leichtfertigen Irrglauben, in der besten aller möglichen Welten zu leben.“
Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, hingegen unterstellte dem Whistleblower vor Kurzem, ein russischer Agent zu sein, ohne jedoch Beweise dafür vorlegen zu können. Dem NSA-Untersuchungsausschuss sagte er, es gebe „eine hohe Plausibilität“, dass Snowden für die russischen Geheimdienste SWR oder FSB arbeite – oder zumindest als „nützlicher Idealist“ geführt werde. Er warf Snowden außerdem vor, er habe wie kein zweiter den US-Geheimdienst NSA „ausgeplündert“.
Snowden äußerte sich kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe zu den Äußerungen des Verfassungsschutzpräsidenten. Auf Deutsch twitterte er: „Ob Maaßen ein Agent des SVR oder FSB ist, kann derzeit nicht belegt werden.“
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