Der EU-Austritt Großbritanniens zieht nicht nur erhöhte Preise für IT-Produkte nach sich, sondern wird voraussichtlich auch erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Zum einen könnten viele Beschäftigte aus dem Niedriglohnsegment, die aus den östlichen EU-Mitgliedsstaaten stammen, das Land verlassen und somit etwa im Pflegebereich für einen Engpass sorgen. Zum anderen wollen sich aber offenbar auch zahlreiche Fachkräfte angesichts des Brexit nach einem neuen Arbeitsplatz umsehen. Das besagt zumindest eine aktuelle Umfrage der Online-Jobbörse StepStone.
„Ein Drittel der hochqualifizierten Briten kann sich vorstellen, ihre berufliche Laufbahn in einem anderen EU-Land fortzusetzen. 600.000 Briten planen bereits konkret, den Job zu wechseln“, fasst StepStone-Geschäftsführer Sebastian Dettmers die Ergebnisse zusammen. Das mit Abstand attraktivste Zielland ist dabei Deutschland. „Damit hat der Brexit das Potenzial, den Fachkräftemangel in Deutschland zu lindern. Unternehmen in Deutschland können von einer Zuwanderung und einer Stärkung des Standorts profitieren.“
Die Ergebnisse der StepStone-Umfrage werden im Wesentlichen von Zahlen gestützt, die Mitbewerber Monster bereits vergangene Woche vorgelegt hat. Dabei handelte es sich um eine Auswertung der Zugriffe auf Stellenangebote. Aus Großbritannien wurde demnach in der Zeit vor und nach dem Referendum signifikant häufiger auf Jobs in Deutschland zugriffen als gewöhnlich: Schon in der Woche vor dem Referendum kletterte der Wert um gut 30 Prozent, in der Woche danach sogar um 44 Prozent.
Das zweithäufigste Ziel der britischen Fachkräfte war bei Monster Irland. Bei der StepStone-Umfrage, bei der Mehrfachnennungen möglich waren, liegt Irland als Zielland erst auf Rang fünf, hinter Deutschland, Frankreich Spanien und den Niederlanden. Eine Erklärung für die Popularität von Irland könnte neben dem Vorteil, keine neue Sprache lernen zu müssen, auch sein, dass nun viele Iren, die in Großbritannien arbeiten, über eine Rückkehr in ihr Heimatland nachdenken.
Das würde zum Gesamtbild passen, denn in der StepStone-Umfrage zeigte sich, dass die Wechselabsicht insbesondere bei Expatriates groß ist, also bei deutschen Fachkräften, die derzeit für ihren Arbeitgeber im Vereinigten Königreich im Einsatz sind. Von ihnen kann sich über die Hälfte vorstellen, das Land zu verlassen. Fast 40 Prozent der Befragten, die dieser Gruppe angehören, bereiten bereits einen Jobwechsel vor.
Fachkräfte mit britischem Pass gehen mehrheitlich davon aus, dass der Brexit ihrer Karriere eher schadet. 41 Prozent erwarten, dass sich dadurch ihre Jobchancen verschlechtern, 34 Prozent fürchten Einbußen beim Gehalt.
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49 Prozent glauben zudem, dass der Ausstieg aus der EU negative Folgen für die britische Wirtschaft hat. Bei Schotten (52 Prozent) und Nordiren (60 Prozent) liegen die Werte noch etwas höher. Ein Drittel der Befragten geht davon aus, dass ihr Arbeitgeber dadurch Nachteile hat.
StepStone-Manager Dettmers empfiehlt daher: „Personalentscheider in Deutschland sollten die erhöhte Wechselbereitschaft britischer Fachkräfte für eine gezielte Kandidatenansprache nutzen.“ Jetzt sei mehr denn je die Zeit, Stellenanzeigen auch auf Englisch zu verfassen und auf Jobbörsen in UK und Nordirland zu platzieren.
[mit Material von Peter Marwan, silicon.de]
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