Entgegen ursprünglichen Planungen, die eine Unterstützung von Windows 10 für sämtliche Lumia-Smartphones mit Windows Phone 8.1 vorsah, will Microsoft für ältere Modelle wie Lumia 920, 925 und 1020 kein Update auf Windows 10 Mobile anbieten. Stattdessen beschränkt es die Unterstützung auf die Windows-Smartphones Lumia 430.1, 435, 532, 535, 540, 635 (1 GByte RAM), 638 (1 GByte RAM) 640, 640 XL, 735, 830, 930 und 1520, die das Update bei Verfügbarkeit erhalten sollen.
Angeblich führten negative Nutzer-Rückmeldungen dazu, dass einige Geräte von der Windows-10-Kompatibilitätsliste gestrichen wurden. Das gab der frühere Chef des Windows-Insider-Programms Gab Aul auf Anfrage eines Anwenders im März auf Twitter bekannt, der ihn nach dem Grund für die Nichtberücksichtigung des von ihm genutzten Lumia 1020 für das Windows-10-Update befragte. Aul empfahl ihm allerdings auch, die bis dato verfügbare Windows-10-Version 10586 einfach weiter zu verwenden.
Tatsächlich hat Microsoft für das Anniversary Update Windows 10 1607 Build 14393 die Hardwarevoraussetzungen erhöht. Demnach müssen Hersteller von Desktop-Geräten diese mit mindestens 2 GByte RAM ausstatten. Zum Start von Windows 10 waren auch Computer mit 1 GByte RAM erlaubt. Für Smartphones und Tablets sah Microsoft ursprünglich 512 MByte RAM als Minimalvoraussetzung vor. Inzwischen beträgt das Limit 1 GByte RAM.
Allerdings erfüllen auch einige der nicht berücksichtigten Geräte wie das Lumia 920 diese Voraussetzung. Und so hat es nicht lange gedauert bis einige engagierte Lumia-Nutzer einen Weg gefunden hatten, die Installation neuerer Windows-10-Versionen auf nicht länger von Microsoft unterstützten Lumia-Geräten zu ermöglichen. Im XDA-Forum wurde eine entsprechende Lösung veröffentlicht. Sie basiert auf den Entwicklungen der XDA-Mitglieder vcfan und Pasquiindustry.
Demnach haben die Anwender einen Weg gefunden, die interne Bezeichnungen wie Gerätehersteller und Modellbezeichnung über einen Registry-Editor mit Daten des Lumia 950 XL auszutauschen. Nach der Modifikation der Registry mit Daten des Lumia 950 XL funktioniert das Update auf die neueste Windows-10-Version über die Insider-App. Wer später das Gerät mit den ursprünglichen Gerätedaten wieder versehen will, sollte diese Angaben mit einem Tool wie System Monitor vor der Modifikation auslesen.
Um von dieser Möglichkeit profitieren zu können, muss man das Gerät als Entwickler-Modell registrieren und einen Registry-Editor über ein Entwickler-Tool auf das Gerät installieren. Dafür sind folgende Downloads nötig:
Nach dem Download von WP8.0 SDK Tools Lite Setup Av1.20.zip entpackt man das Archiv zunächst und installiert das SDK über die Batch-Datei InstallWP80SDKToolsLite.bat. Jetzt verbindet man das Smartphone mit dem Rechner und registriert dieses mit dem Programm PhoneReg.exe, das sich im Verzeichnis C:\Program Files (x86)\Microsoft SDKs\Windows Phone\v8.0\Tools\Phone Registration befindet, mit dem eigenen Microsoft-Konto. Im Gerät selbst – ZDNet hat für den Test ein Lumia 920 mit der letzten von Microsoft zur Verfügung gestellten Insider-Version verwendet – muss dafür zusätzlich unter Einstellungen – Update & Sicherheit – Für Entwickler die Option Entwicklermodus aktiviert werden.
Nach der Registrierung startet man das Tool XapDeploy.exe, das sich im Verzeichnis C:\Program Files (x86)\Microsoft SDKs\Windows Phone\v8.0\Tools\XAP Deployment befindet und wählt unter XAP die Datei vcREG_1_5_W10M.xap aus.
Nachdem der Registry-Editor mit XapDeploy auf das Gerät kopiert wurde, wird dieser auf dem Smartphone gestartet. Die App vcREG sollte an oberster Stelle in der App-Ansicht unter „Neu hinzugefügt“ stehen (später wird sie alphabetisch einsortiert). Im Programm-Fenster klickt man zunächst auf die drei Punkte in der rechten unteren Ecke. Anschließend wählt man templates aus. Jetzt sollte auf dem Bildschirm ein Fenster mit fünf Optionen erscheinen. Zwei davon, nämlich Live Interop/Capability Unlock und Restore NDTKsvc, müssen markiert werden. Anschließend klickt man auf „Apply“. Damit wird der Schreibschutz der Registry aufgehoben.
Die Registry steht nun für Modifikationen bereit. Im Hauptprogrammfenster von vcREG 1.5 aktiviert man zunächst die Optionen „String“ und „HKEY_LOCAL_MACHINE“. Anschließend trägt man unter Path „System\Platform\DeviceTargetingInfo“, im Feld Key „PhoneManufacturer“ und unter Value „MicrosoftMDG“ ein. Mit einem Klick auf „Write“ wird die Registry mit diesen Daten aktualisiert. Das Ganze wiederholt man nun für die Keys PhoneManufacturerModelName, PhoneModelName und PhoneHardwareVariant mit den Werten RM-1085_11302, Lumia 950 XL und RM-1085. Sämtliche Modifikationen sind in der folgenden Tabelle noch einmal übersichtlich aufgelistet.
Anpassung von Keys unter dem Registry-Path System\Platform\DeviceTargetingInfo | ||||
Key | PhoneManufacturer | PhoneManufacturerModelName | PhoneModelName | PhoneHardwareVariant |
Value | MicrosoftMDG | RM-1085_11302 (Dual-SIM: RM-1116_11258) | Lumia 950 XL (Dual-SIM: Lumia 950 XL Dual SIM) | RM-1085 (Dual-SIM: RM-1116 |
Eine bequemere Art der Registry-Modifikation bietet CustomPFD 0.6, das ähnlich wie vcReg 1.5 installiert wird. Nur dass dafür die Version 8.1 des SDKs benötigt wird. In Verbindung mit der Windows-10-Desktop-App CustomPFD Remote kann man anschließend die Registry-Werte bequem vom Desktop aus anpassen. Dennoch müssen auch in diesem Fall mit vcREG 1.5 zuvor die Optionen Live Interop/Capability Unlock und Restore NDTKsvc aktiviert werden.
Mit dem Austausch einiger Gerätedaten des Lumia 920 mit denen des Lumia 950 XL in der Registry installiert die Windows-Insider App die neueste Version von Windows 10 Mobile. Nutzer sollten sich aber der Gefahr bewusst sein, dass bei dem geschilderten Prozedere durchaus etwas schiefgehen kann und das Telefon möglicherweise nicht länger genutzt werden kann. Daher sollte die Modifikation nur von versierten Anwendern durchgeführt werden.
Im ZDNet-Test mit dem Lumia 920 verlief das Upgrade auf Windows 10 1607 Build 14393.67 problemlos. Bis auf die manuelle Helligkeitsregelung funktioniert das Smartphone wie mit der Vorgängerversion. Ob es auch in Zukunft Insider-Builds für derart modifizierte Geräte geben wird, bleibt allerdings fraglich. Die Erkennung soll Microsoft inzwischen bei einigen Modellen so verfeinert haben, dass weitere Registry-Anpassungen nötig sind. Das Windows Device Recovery Tool lässt sich beispielsweise nicht in die Irre führen und identifiziert das Gerät trotz Modifikation als Lumia 920. Dadurch kann man das Smartphone wieder zurück in den Ursprungszustand mit Windows Phone 8.1 setzen.
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