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Google Pixel – der Phaeton unter den Smartphones

[Kommentar] Mit den Pixel-Smartphones tritt Google in direkte Konkurrenz zu den Champions im Smartphonemarkt Apple und Samsung. Das ist zunächst keine so dumme Idee. Schließlich können nur diese beiden Hersteller ihre Telefone mit Gewinn verkaufen. Für die anderen ist dies ein Zuschussgeschäft. Um in diesem Markt sein Geschäft profitabel zu gestalten, reicht es aber nicht aus, einfach die Strategie eines erfolgreichen Mitbewerbers zu kopieren. Sonst wäre ja der Phaeton von VW auch ein Erfolg geworden. Ist er aber nicht. Und dafür gibt es viele Gründe, an denen auch Google nicht vorbeikommt.

Image: Apple und Samsung kennt man als Smartphonehersteller, Google als Suchmaschine

Mit Apple verbinden die meisten Konsumenten das iPhone oder – jedenfalls zu früheren Zeiten – den iPod. MacBooks und iMacs sind weit weniger populär. Bei Samsung ist es ähnlich. Klar wissen ITler, dass der südkoreanische Hersteller auch leistungsfähige SSDs und RAM-Module baut, aber als Konsumentenmarke spielen die Galaxy-Smartphones die erste Geige. Möglicherweise werden auch einige Fernseher nennen, wenn sie zu Samsung-Produkten befragt werden.

Google wiederum ist den meisten als Suchmaschine bekannt. „Googeln“ hat als Synonym für die Recherche im Internet bereits 2004 Eingang in den Duden gefunden. Mit einem Telefonhersteller verbindet den Konzern nur ein Bruchteil der Verbraucher. Zudem hat sich Google gerade von der bisherigen Smartphone-Marke Nexus und seiner Kundschaft mit der Neuausrichtung verabschiedet. Auf die Frage an die Nexus-Nutzer in der Redaktion, ob sie sich denn nun das neu Pixel zulegen werden, kommt die lapidare Antwort: „Für den Preis kann ich mir auch gleich ein Galaxy oder ein iPhone kaufen“.

Der jetzige Google-Hardware-Chef Rick Osterloh bezeichnet 2015 die Preise für das iPhone als unverschämt. 2016 bringt er die Pixel-Smartphones zu ähnlichen Konditionen auf den Markt (Bild: Google)

Werbung: Google hat keine Ahnung

Google hat von Werbung in eigener Sache keine Ahnung. Diese Behauptung mag auf den ersten Blick seltsam klingen, schließlich erlöst keine Firma mehr Geld mit Werbung und sollte daher Bescheid wissen, wie das Anzeigengeschäft funktioniert. Das mag für den Online-Bereich richtig sein. Aber Offline-technisch sieht und hört man von Google so gut wie gar nichts. Dieses Feld überlässt der Suchkonzern bisher Samsung und Apple. Um sich als Smartphone-Hersteller zu etablieren, müsste Google auch Print- und TV-Werbung in ihre Marketing-Strategie mit einbinden. Das erscheint derzeit unwahrscheinlich.

Pixel-Smartphones: kein relevantes Alleinstellungsmerkmal

Rein technisch betrachtet, darf man die Ausstattung der Pixel-Smartphones als größtenteils konkurrenzfähig betrachten. Ein relevantes Alleinstellungsmerkmal bieten sie jedoch nicht. Es mag ja sein, dass Google Assistant, quasi ein Google Now mit künstlicher Intelligenz, dieses sein soll. Das muss aber den Konsumenten erst erklärt werden. Stand heute nutzen viele Anwender weder die Spracheingabe noch die Assistentenfunktionen der verschiedenen Hersteller, sei es nun Cortana, Google Now oder Siri. Und auch die VR-Lösung Daydream dürfte kaum als kräftiges Kaufargument für die Pixel-Smartphones geeignet sein. Zum einen bietet der Mitbewerb ähnlich Lösungen, und zum anderen ist die Technik noch nicht massentauglich. Bis auf ein paar Nerds dürfte sich derartige Brillen kaum jemand aufsetzen.

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Einige Dinge auf die Konsumenten stehen, fehlen dem Pixel andererseits. Während iPhone 7 und Galaxy S7 gegen Staub und Wasser geschützt sind, vermisst man dieses Feature bei den Pixel-Smartphones. Auch eine Wireless-Ladefunktion wie beim Galaxy S7 gibt es nicht. Auf einen microSD-Card-Slot, den immerhin das S7 bietet, nachdem Samsung diese Möglichkeit der Speichererweiterung beim Galaxy S6 nicht vorsah, müssen Pixel-Kunden ebenfalls verzichten. Hinzu kommt, dass ein Akkutausch beim Pixel nicht ohne Weiteres möglich ist. Diesbezüglich teilt das Gerät allerdings das Schicksal seiner vermeintlichen Mitbewerber.

Was für die Pixel-Smartphones spricht

Die Aktualisierung mit Sicherheitsupdates ist bei keinem Android-Telefon besser als bei den Google-Smartphones. Google verspricht wie bei den Nexus-Geräten monatliche Patches für entdeckte Sicherheitslücken über einen Zeitraum von drei Jahren. Außerdem werden die Geräte zwei Jahre lang mit aktuellen Betriebssystemversionen versorgt. Samsung hat diesbezüglich aber aufgeholt. Die Sicherheitspatches erreichen die Anwender zwar einen Monat später als bei den Google-Smartphones, in Sachen Auslieferungsintervall und Support unterscheiden sich die Galaxy-Flaggschiffe inzwischen aber nicht mehr von den Google-Geräten. Mit KNOX verfügen die Galaxy-Smartphones außerdem über eine Sicherheitslösung, die es in dieser Form auf Android-Telefonen nur bei Samsung gibt. Mit Google for Work stellt Google einige dieser Funktionen auch unter Android bereit. Den vollen Funktionsumfang gibt es aber nur mit den Galaxy-Smartphones.

Geht es nach Sicherheit, Verwaltbarkeit und Versorgung mit Updates, können weder Samsung noch Google mit dem iPhone mithalten. Das iPhone gilt zwar nicht als 100 Prozent sicher, was es eigentlich auch gar nicht geben kann, Branchenexperten sehen aber dennoch Vorteile, die für das iPhone sprechen.

Xiaomi Mi 5s: Ähnlich ausgestattet wie das Pixel, kostet aber nur die Hälfte (Bild: Xiaomi)

Gefahr aus China

In Sachen High-End-Smartphones muss Google neben den etablierten Herstellern wie Apple und Samsung auch die aufstrebenden Marken wie Xiaomi aus China im Blick haben. Xiaomi ist zwar derzeit weder in Europa noch in den USA aktiv. Das könnte sich allerdings bald ändern, wenn man den Worten des für das internationale Geschäft zuständigen Managers Hugo Barra Glauben schenken will. Dieser hat im August eine baldige Expansion in die USA in Aussicht gestellt. Barra kam übrigens 2013 von Google zu Xiaomi.

Sollte der US-Markteintritt von Xiaomi noch in diesem Jahr erfolgen, dürfte der Preis für die Pixel-Smartphones erheblich unter Druck geraten. Schließlich hat Xiaomi gerade sein neues Flaggschiff Mi 5S vorgestellt, das größtenteils die gleiche Hardware wie die Pixel-Smartphones verwendet. Dazu zählt auch der Bildsensor Sony IMX378 von Sony, der für die exzellente Bewertung des Google Pixel in Sachen Kameratechnik größtenteils verantwortlich ist.

Fazit

Noch 2015 hat der damals für Motorola tätige und jetzige Google-Hardware-Chef Rick Osterloh die Preise für das iPhone als unverschämt bezeichnet. Folgt man dieser Einschätzung, müsste man die Preise für die Pixel-Smartphones als „unverschämt2“ bezeichnen. Die neuen Google-Smartphones werden mit der aktuellen Preisgestaltung vermutlich eine Bruchlandung hinlegen und als Phaeton unter den Smartphones in die Geschichte eingehen. Wenn schon Premium und Premiumpreise, dann auch eine Premiummarke. Android-Fans werden daher eher zum etablierten High-End-Smartphone wie dem Galaxy S7 greifen, zumal sie dafür weniger Geld ausgeben müssen. Und was iPhone-Kunden anbelangt: Nun, diese werden sicher nicht zu einem Newcomer im Smartphone-Segment wechseln.

Google sollte sich in Sachen Preisgestaltung für seine Pixel-Smartphones eher an Xiaomi orientieren. So kostet das kürzlich vorgestellten Xiaomi Mi 5s mit 128 GByte nur circa 400 Euro, während das ähnlich ausgestattete Pixel das Doppelte kostet.

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Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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