Samsung hat das US-Start-up Viv gekauft. Das Unternehmen aus San Jose, das erst im Mai an die Öffentlichkeit gegangen ist, soll nicht in Samsung integriert werden, sondern als eigene Firma weiterbestehen und Samsung und seinen Plattformen Dienste zur Verfügung stellen. Finanzielle Details der Transaktion wurden bislang nicht bekannt gegeben.
Mit der Übernahme steigt nun auch Samsung richtig in die Entwicklung sprachgesteuerter Assistenzsysteme mit künstlicher Intelligenz ein. Außerdem erfolgt der Schritt ausgerechnet mit der Übernahme der neuen Firma der „Siri-Väter“ Dag Kittlaus, Adam Cheyer und Chris Brigham.
Kittlaus, Cheyer und Grigham hatten ihre Firma Siri 2010 an Apple verkauft. Der Konzern hat dann den Namen behalten und die Technologie als Basis für seine Angebote verwendet, die zusammen mit dem iPhone 4s im Oktober 2011 im Markt eingeführt wurden.
Viv-Mitgründer Dag Kittlaus beeindruckte das Publikum bei der ersten Vorführung seiner Kombination aus Künstlicher Intelligenz und Sprachsteuerung im Mai vor allem deshalb, weil das System auch komplexe und mehrschichtige Fragen korrekt beantwortete. Außerdem gab es richtige Antworten auf weiterführende Fragen, ohne dass zuvor der Zusammenhang erneut geklärt werden musste.
So lautete damals eine der Fragen beispielsweise: „Wird es übermorgen um 5 Uhr Nachmittags an der Golden-Gate-Brücke wärmer als 70 Grad [Fahrenheit] werden?“ Die Fähigkeit, derart verschachtelte Fragen mit mehreren, gegenseitigen Abhängigkeiten zu beantworten, stellte Kittlaus damals als eine Stärke der Viv-Plattform heraus.
Viv, das aus Sicht der Macher ja durchaus als Nachfolger oder „Siri 2.0“ bezeichnet werden könnte, zeichnet sich gegenüber Siri dadurch aus, das Nachfragen beantwortet werden können, ohne erneut den Zusammenhang klären zu müssen. Das erklärte Kittlaus damit, dass bei Viv die als Kern verwendete künstliche Intelligenz bei jeder Frage quasi ein neues Programm generiere, mit dem die Antwort gesucht und gegeben wird. Für Siri dagegen wurden diverse Szenarien programmiert. Der Unterschied ist wohl so ähnlich wie der zwischen einem Automaten, der bestimmte Vorgänge erledigen kann und einem Computer, der sich für unterschiedliche Aufgaben unterschiedlicher Programme bedienen kann.
Die Offenheit für die Integration durch Dritte ist zudem ein weiteres, wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen Siri und Viv. Da Samsung Viv nicht einfach in das eigene Unternehmen integriert, sondern als eigenständige Firma weiter betreibt, scheint man diesen Aspekt nicht aufgeben zu wollen. Das legen auch Äußerungen von Kittlaus gegenüber TechCrunch nahe, der den Verkauf mit der hohen Verbreitung von Samsung-Geräten begründete und erklärte, dass sein Ziel „Allgegenwart“ damit am ehesten zu erreichen sei. Das gibt auch Spekulationen Nahrung, dass Samsung Viv nicht nur in Smartphones, sondern auch anderen Gerten, etwa Haushaltsgeräten und Fernsehern, integrieren und mittelfristig ein Konkurrenzprodukt zu Amazon Echo oder Google Home vorbereiten will.
Der Kauf von Viv ist nicht zuletzt ein neuer Versuch von Samsung, mit seinen Geräten auch sein Software-Universum im Markt zu etablieren. Bisherige Versuche in dieser Richtung scheiterten mit Ausnahme der für Unternehmen gedachten Sicherheitstechnologie Samsung Knox nahezu alle kläglich. Gerade angesichts Googles diese Woche mit der Vorstellung der Smartphones Pixel und Pixel XL konkreter gewordenen Ambitionen im Hardwarebereich und der Tatsache, dass die Margen bei Smartphones für Gerätehersteller außer Apple nicht wirklich lohnend sind, wird der Aufbau einer eigenen Software-Welt für Samsung nahezu zum entscheidenden Erfolgskriterium. Mit dem Kauf von Viv scheint dafür der Grundstein gelegt zu sein. Jetzt muss sich in der Praxis zeigen, wie schnell die Technologie im Markt Einzug halten kann und ob sie tatsächlich so viel besser als Siri ist, wie es die erste Präsentation vermuten ließ.
[Mit Material von Peter Marwan, silicon.de]
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