Gerichtsurteil: Datensammlung des britischen Geheimdiensts GCHQ war bis 2015 illegal

Das für die britischen Geheimdienste zuständige Investigatory Powers Tribunal hat entschieden, dass die massenhafte Sammlung von Kommunikationsdaten und Personendaten durch den Auslandsgeheimdienst GCHQ und die Nachrichtendienste MI5 und MI6 gegen Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt. Das gilt für den Zeitraum zwischen 1998 und dem 4. November 2015, als die Abhörprogramme öffentlich gemacht wurden, wie der Guardian berichtet.

Das Urteil bezieht sich auch auf die Speicherung von persönlichen Datensätzen, die medizinische und Steuerunterlagen, finanzielle Aktivitäten, Kommunikations- und Reisedaten sowie biografische Daten enthalten können. Hier dauerte der Verstoß allerdings nur rund zehn statt 17 Jahre an.

Das Urteil ist ein Sieg für die Bürgerrechtsorganisation Privacy International, die gegen die Abhörprogramme der britischen Regierung geklagt hatte. Sie kritisierte unter anderem eine fehlende Kontrolle der gesammelten Daten durch das Parlament. Die Abgeordneten seien zudem nicht ausreichend informiert worden und hätten als Folge ihre Kontrollfunktion nicht wahrnehmen können.

Das Gericht kritisierte unter anderem, dass Betroffene nicht über die Nutzung oder gar einen möglichen Missbrauch ihrer Kommunikationsdaten informiert wurden und somit auch keine Möglichkeit hatten, sich zu wehren. „Es kann nicht angenommen werden, dass die Öffentlichkeit die massenhafte Datensammlung vorhersehen konnte, wenn sie dem Parlament nicht erläutert wurde“, heißt es in der Urteilsbegründung.

Die Bürgerrechtler kritisieren jedoch, dass das Investigatory Powers Tribunal offen gelassen hat, was mit den vor 2015 gesammelten Personendaten geschehen soll. „Die Öffentlichkeit und das Parlament verdienen eine Erklärung, warum jedermanns Daten mehr als zehn Jahre lang ohne jegliche Aufsicht gesammelt wurden, und eine Bestätigung, dass die unrechtmäßig gewonnenen Daten zerstört werden.“

Das britische Parlament berät derzeit über eine Verschärfung der Abhörgesetze. Das Investigatory Powers Bill genannte Gesetz soll laut The Guardian erstmals eine rechtliche Grundlage für eine massenhafte Sammlung von digitalen Daten schaffen.

HIGHLIGHT

Mehr Sicherheit im smarten Zuhause

Wie Sie Ihr persönliches Internet der Dinge vor versteckten Gefahren schützen

[mit Material von Roland Moore-Colyer, TechWeekEurope]

Tipp: Wissen Sie alles über Edward Snowden und die NSA? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de.

Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

Recent Posts

CopyRhadamantys greift weltweit Unternehmen an

Ausgeklügelte Phishing-Kampagne verwendet eine weiterentwickelte Version der Rhadamanthys-Stealer-Malware.

15 Stunden ago

Facebook Marketplace: EU verhängt Geldbuße von fast 800 Millionen Euro gegen Meta

Die EU-Kommission kritisiert die Verknüpfung von Facebook und dem hauseigenen Online-Kleinanzeigendienst. Sie sieht darin einen…

18 Stunden ago

Umfrage: Angestellte in Deutschland unterschätzen NIS-2-Richtlinie

Fast zwei Drittel halten jedoch eine Umsetzung aller Vorgaben von NIS 2 bis Jahresende für…

1 Tag ago

Kostenloser Dekryptor für ShrinkLocker

Mit dem Dekryptor von Bitdefender können Opfer von Attacken mit der Shrinklocker-Ransomware Dateien wiederherstellen.

2 Tagen ago

Malwarebytes warnt vor Betrugsmaschen beim Weihnachtseinkauf

In der Vorweihnachtszeit ist vor allem Malvertising auf dem Vormarsch. Cyberkriminelle locken Nutzer über schädliche…

2 Tagen ago

Bedrohungsindex: Deutliche Zunahme von Infostealern im Oktober

Dazu trägt unter der Infostealer Lumma-Stealer bei. Hierzulande dominiert der Infostealer Formbook die Malware-Landschaft.

2 Tagen ago