Technikfirmen im Silicon Valley sind alarmiert über die vermuteten Pläne des kommenden US-Präsidenten Donald Trump, die Überwachungsmaßnahmen auszuweiten. BuzzFeed erfuhr von kleineren Unternehmen in San Francisco, dass sie bereits mit dem Umzug ihrer Server ins Ausland begonnen haben. Sie denken sogar daran, ihre Firmenzentralen zu verlagern, um nicht von Trump zur Herausgabe der über ihre Kunden gespeicherten Daten gezwungen zu werden.
Die Flucht ins Ausland halten Experten für Cybersicherheit aber nicht unbedingt für eine gute Idee, zum anderen sei sie bei größeren Unternehmen und ihrer Serverinfrastruktur gar nicht machbar. Sie weisen darauf hin, dass der US-Auslandsgeheimdienst NSA noch viel weitreichendere Befugnisse für die Ausspähung in anderen Ländern hat. Als andere Optionen empfehlen sie, einfach gespeicherte Daten zu löschen oder sie nur für eine begrenzte Zeit vorzuhalten – statt über Jahrzehnte hinweg wie heute bei vielen Firmen üblich. Sinnvoll könne auch eine Verschlüsselung sein, die selbst ihre eigenen Kryptografen nicht brechen können.
Trump agitierte im Wahlkampf gegen mexikanische Einwanderer, wollte eine Mauer an der Grenze zu Mexiko errichten, äußerte sich herabsetzend über Frauen und dachte über rassenbezogene Profile in der Polizeiarbeit nach. Er wollte Muslimen die Einreise in die USA verweigern sowie Hürden aufbauen, um die Handelsbeziehungen mit China zu erschweren. Die amerikanische Technikbranche beunruhigte er mit Vorschlägen, Teile des Internets aus Sicherheitsgründen zu schließen und die Einwanderung einzuschränken.
Apple wollte Trump zur Fertigung in den USA zwingen und rief sogar zu einem Boykott gegen den iPhone-Hersteller auf, um das Unternehmen zur Aufgabe sicherer Verschlüsselungstechnik zu bewegen. „Wir werden Apple dazu bringen, ihre verdammten Computer und andere Produkte in diesem Land zu produzieren statt in anderen Ländern.“ Dazu wolle er Apple-CEO Tim Cook unter Druck setzen. „Was glauben die denn, wer sie sind?“ sagte er über Apples Weigerung, das FBI bei der Entsperrung eines iPhone 5C zu unterstützen.
„Wir haben keinen Grund zu glauben, dass Trump nicht das tun wird, was er angekündigt hat“, sagte Maciej Ceglowski, Betreiber der Bookmarking-Site Pinboard. Er appellierte auf Twitter an Firmen wie Google und Facebook, für ihre Nutzer Tools bereitzustellen, mit denen sie ihre gespeicherten Daten löschen können. „Trump sagte, dass er illegale Einwanderer finden und deportieren wird“, argumentierte er. „Er kündigte extreme Sicherheitsüberprüfungen von Muslimen an. Wenn Sie solche Vorgehensweisen planen und sie ernsthaft umsetzen wollen, können Sie Facebook zwingen, eine Menge Arbeit für Sie zu erledigen. Sie können das Unternehmen Nutzer aufspüren lassen, deren Sprache Spanisch oder Arabisch ist.“
„In wenig mehr als zwei Monaten wird Donald Trump einen gewaltigen, niemandem zur Rechenschaft pflichtigen Apparat von Militär und nationaler Sicherheit kontrollieren, wie es ihn in der Geschichte der Welt noch nicht gab“, kommentierte im britischen Guardian Trevor Timm, Chef der Freedom of the Press Foundation. „Der Alptraum, vor dem Bürgerrechtler über Jahre hinweg gewarnt haben, ist jetzt auf tragische Weise wahr geworden: Statt den Überwachungsstaat und die Kriegsmaschine abzubauen, haben die Obama-Regierung und die Demokraten sie institutionalisiert – und sie werden bald in den Händen eines Wahnsinnigen sein.“
Whistleblower Edward Snowden hatte schon vor Jahren vor einem neuen politischen Führer gewarnt, der „den Schalter umlegen wird für noch umfangreichere Überwachungsmaßnahmen“. Zur Wahl Trumps mahnte er jetzt aber, ihr nicht zu große Bedeutung beizumessen. Die Amerikaner sollten „sich hüten, zu sehr auf einen gewählten Präsidenten zu hoffen oder ihn zu fürchten“. Seine Worte waren offenbar von Enttäuschung über Barack Obama geprägt, der seine Versprechen nach seinem Amtsantritt nicht umgesetzt habe.
„Wenn wir eine bessere Welt wollen, dann dürfen wir nicht auf einen Obama hoffen oder einen Trump fürchten“, sagte Snowden. „Wir müssen sie selbst schaffen.“ Mit anderen Worten, die Bürger sollten über ihre eigene Sicherheit und Privatsphäre nachdenken, statt sich auf Veränderungen durch die Politik zu verlassen. Amerikaner sollten sich überlegen, wie sie „jedermanns Rechte überall verteidigen“ können, statt nur auf die Präsidentenwahl zu reagieren.
[mit Material von Zack Whittaker, ZDNet.com]
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