Wikileaks hat 2420 Dokumente veröffentlicht, die sich auf die Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses beziehen. Insgesamt hat die Enthüllungsplattform ein Datenvolumen von 90 GByte ins Netz gestellt. Die Dokumente stammen von verschiedenen deutschen Behörden und wurden auf Verlangen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses vorgelegt, der nach den Snowden-Enthüllungen die Aktivitäten des US-Auslandsgeheimdienstes NSA in Deutschland aufklären soll. Nach ersten Auswertungen wurden jedoch nur Dokumente mit geringer Geheimhaltungsstufe veröffentlicht.
Im Enthüllungspaket enthalten sind 125 Dokumente des Bundesnachrichtendienstes (BND), 33 des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) sowie 72 vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Sie schließen Verwaltungsakten, Verträge, Korrespondenz und Pressereaktionen mit ein. Wikileaks interpretiert die Dokumente als bedeutsam für einen Einblick in die Behördenarbeit sowie die Praxis der parlamentarischen Untersuchung. Es stellt frühe Vereinbarungen zwischen BND und NSA heraus sowie spätere, die eine enge Zusammenarbeit der beiden Geheimdienste belegten. Ein Dokument enthüllt demnach, dass ein BND-Mitarbeiter Software für XKeyscore schreiben sollte, eine Spähsoftware der NSA.
„Dieses reichhaltige Beweismaterial beweist, dass die Untersuchung Dokumente von Edward Snowden genutzt hat und doch zu feige war, ihm eine Zeugenaussage zu gestatten“, kommentierte Wikileaks-Gründer Julian Assange. „Deutschland kann keine Führungsrolle innerhalb der Europäischen Union übernehmen, wenn seine eigenen parlamentarischen Verfahren gegenüber den Wünschen eines Staates untergeordnet sind, der kein EU-Mitglied ist.“
Nicht amüsiert sind die Mitglieder des Untersuchungsausschusses über die Veröffentlichung, und das über Parteigrenzen hinweg. „Es ist unsäglich“, machte sich Grünen-Vertreter Konstantin von Notz bei Twitter bemerkbar. „Wer sowas durchsticht und veröffentlicht, torpediert bewusst die Aufklärung und notwendige Kontrolle der Dienste.“ Die von der Linken in den Ausschuss entsandte Anne Roth befürchtet, dass der Ausschuss künftig keine digitalisierten Dokumente mehr bekommt und seine Arbeit damit noch schwieriger wird: „Wenn jetzt alle NfD-Akten im Netz sind, dürfen zukünftige Untersuchungsausschüsse vermutlich wieder Papierakten lesen.“
Der Ausschuss habe immer wieder damit zu kämpfen, die entsprechend eingestuften Unterlagen zu bekommen, gab Ausschussvorsitzender Patrick Sensburg (CDU) gegenüber Deutschlandradio Kultur zu bedenken: „Das erleben wir jeden Tag, dass wir uns das erkämpfen müssen. Dieser Kampf wird schwerer werden.“ Zum anderen habe Wikileaks nur „einen kleinen Teil der Dokumente mit dem niedrigsten Einstufungsgrad veröffentlicht“. Nicht an die Öffentlichkeit gelangt seien höher eingestufte Dokumente oder Zeugenaussagen, die ein Gesamtbild liefern könnten.
Auch für Sensburg ist noch nicht klar, wie die Daten durchsickerten. Er wollte weder Aktivitäten eines ausländischen Nachrichtendienstes ausschließen noch die Weitergabe durch Personen aus dem Bundestag. „Was wir momentan noch gar nicht wissen, ob noch mehr Daten abgeflossen sind“, sagte der Ausschussvorsitzende. Bei höher eingestuften Dokumenten sei das allerdings weniger wahrscheinlich.
Insbesondere nachdem Ende Oktober 2013 bekannt wurde, dass die NSA das Telefon von Bundeskanzlerin Merkel abgehört hat, wurde der Ruf nach einem Untersuchungsausschuss zu den NSA-Aktivitäten in Deutschland laut. Dieser wurde dann am 18. März 2014 eingesetzt. Seitdem versucht er, das gesamte Ausmaß des NSA-Skandals aufzudecken und herauszufinden, in welchem Maß deutsche Geheimdienste wie der BND an der Spionage beteiligt waren. Schon im letzten Jahr stellte Wikileaks Protokolle des NSA-Untersuchungsausschusses ins Netz.
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