Heute verhandelt das Landgericht Würzburg über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Facebook. Die Entscheidung könnte weitreichende Auswirkungen auf die künftige Gestaltung und das künftige Geschäftsgebaren von Facebook in Deutschland haben. Der Antrag geht auf den aus Syrien stammenden Flüchtling Anas Modamani und den Würzburger Anwalt Chan-jo Jun zurück. Sie werfen einem Facebook-Nutzer aus dem Rheinland vor, Urheber einer Fake-News zu sein und dem US-Konzern, nicht genug gegen die Verbreitung verleumderischer Falschbehauptungen auf seiner Site zu tun.
Bevor Modamani und Jun klagten, wurden von der Kanzlei dem Regionalportal inFranken zufolge „Dutzend Kommentare, in denen Modamani verunglimpft wird, an Facebook über das angebotene Online-Formular gemeldet.“ Facebook habe jedoch lediglich geantwortet, die Beiträge verstießen nicht gegen seine Richtlinien. Entfernt wurde keiner der beanstandeten Beiträge. Nun wolle Anwalt Jun Facebook zwingen, diese Inhalte nicht mehr zu verbreiten.
In einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk erklärte Jun im Januar: „Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist zunächst einmal die Verbreitung der unwahren Tatsachenbehauptung“ – vulgo „Fake-News“. Erst danach gehe es auch darum, dass Facebook diese auch nach Aufforderung nicht lösche. Das begründe Facebook damit, dass Falschnachrichten und Beleidigungen kein Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards sind. Laut Jun verstoßen sie aber gegen das deutsche Recht. An das scheint sich Facebook nicht gebunden zu fühlen. Mit dem Prozess wolle er aber beweisen, dass deutsches Recht auch für Facebook gilt.
Der Bitkom hatte kürzlich die Politik zur Besonnenheit beim Thema Fake-News gemahnt und davor gewarnt, dem komplexen Phänomenen mit vermeintlich einfachen und schnellen Lösungen zu begegnen. “Rechtsstaatliche Prinzipien und das hohe Gut der Meinungsfreiheit müssen geschützt werden“, so Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Beispielsweise könnten die mit der Androhung hoher Bußgelder angedachten Löschpflichten innerhalb von 24 Stunden dazu führen, dass Betreiber sozialer Netzwerke aus Sorge vor rechtlichen Konsequenzen und bei unklaren Fällen mehr Inhalte löschen als notwendig. Dadurch befürchtet der Bitkom “eine massive Einschränkung der Meinungsfreiheit und eine Verwischung der Grenze zwischen Presseerzeugnissen und Plattformen.
Das hat Jun bereits einmal versucht: Im Oktober 2015 hatte er gegen drei Facebook-Manager Klage wegen Volksverhetzung eingereicht. Damals waren 61 Hass-Postings und andere strafrechtlich relevante Postings der Auslöser, die Jun an Facebook zur Löschung übermittelt hatte. Allerdings kam das Soziale Netzwerk dieser Aufforderung nur in wenigen Fällen nach.
In einer Pressemitteilung erklärte Jun damals: „Wir sind der Auffassung, dass eine strafrechtliche Verantwortung für die handelnden Personen der deutschen GmbH durchaus schon darin zu sehen ist, dass die Gesellschaft Finanzmittel für den Portalbetrieb erzeugt.“ Die Finanzierung des Portalbetriebes sei “mit Sicherheit eine Behilfehandlung”. Der Standort der Server sei unerheblich, da die Autoren in Deutschland handeln. Damit unterliegen sie deutschem Recht.
Einen Monat später wurde die Klage ausgeweitet. Knapp ein jahr später, am 4.11.2016 hat dann die Staatsanwaltschaft München ein Ermittlungsverfahren gegen Mark Zuckerberg und weitere Facebook-Manager wegen Volksverhetzung eingeleitet (Aktenzeichen: 115 Js 208662/16). Damit hat Jun einen Teilerfolg erzielt. Im März 2016 hatte der Hamburger Generalstaatsanwalt die Aufnahme von Ermittlungen gegen Facebook und seine Manager zunächst mit der Begründung verweigert, deutsches Recht sei in dem Fall nicht anwendbar.
Mitte Januar hatte Facebook angekündigt, in Deutschland mit dem Recherchenetzwerk Correctiv zusammenarbeiten zu wollen. Das soll von Facebook-Nutzern als Fake-News gemeldete Posts überprüfen und bewerten. Stuft Correctiv einen Beitrag als Falschmeldung ein, soll er allerdings nicht gelöscht, sondern lediglich als dubios markiert werden.
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