Fake News: Tim Berners-Lee nimmt Google und Facebook in die Pflicht

Der Erfinder des World Wide Web Tim Berners-Lee hat die zunehmende Verbreitung von Falschnachrichten, sogenannter Fake News, über das Internet kritisiert. „Es ist zu einfach, Fehlinformationen im Web zu verbreiten“, schreibt er in einem Blogeintrag. Eine besondere Verantwortung im Kampf gegen Fake News sieht er bei Firmen wie Facebook und Google, die die Rollen von „Datenwächtern“ übernehmen sollen. Die Schaffung zentraler Behörden oder Organisationen zur Beurteilung von falschen und wahren Inhalten lehnt er jedoch ab.

Viele Menschen informierten sich heute über eine Handvoll Social-Media-Sites und Suchmaschinen, die wiederum oftmals für „Klicks“ auf Nachrichtenartikel bezahlt würden. Zudem sähen Verbraucher oft nur bestimmte Nachrichten, die mithilfe von Algorithmen und auf Basis von gesammelten persönlichen Daten ausgewählt würden. Am Ende dieses Prozesses ständen oft Fehlinformationen und Fake News.

„Durch die Nutzung von Datenwissenschaft und Armeen von Bots können diejenigen mit bösen Absichten mit dem System spielen, um falsche Informationen zu politischen oder finanziellen Zwecken zu verbreiten“, erläuterte Berners-Lee. „Wir brauchen mehr Transparenz bei Algorithmen, um zu verstehen, wie wichtige Entscheidungen, die unser Leben betreffen, getroffen werden, und vielleicht auch allgemeine Regeln.“

In seinem Blogeintrag spricht Berners-Lee auch von einem „toten Winkel im Internet“, der beseitigt werden müsse. Politische Kampagnen müssten reguliert werden. Auch politische Online-Werbung brauche mehr Transparenz. Da immer mehr Menschen nur wenige Plattformen als Informationsquellen nutzten und immer bessere Algorithmen auf immer reichhaltigere Daten zugreifen könnten, seien politische Kampagnen inzwischen in der Lage, Nutzern individuelle Wahlwerbung anzuzeigen. Im US-Präsidentschaftswahlkampf seien im vergangenen Jahr Facebook-Nutzern täglich bis zu 50.000 Varianten von Anzeigen mit Wahlwerbung präsentiert worden.

Darüber hinaus befürchtet Berners-Lee, dass das Konzept vieler Anbieter, Inhalte kostenlos im Austausch für persönliche Daten anzubieten, die Meinungsfreiheit im Internet einschränkt. Da Nutzer keine Kontrolle über ihre Daten hätten, würden besonders private Themen wie Krankheiten, Sexualität oder Religion nicht mehr frei im Internet besprochen. „Da unsere Daten in proprietären Silos gespeichert werden, verlieren wir die Vorteile, die wir hätten, wenn wir die direkte Kontrolle über diese Daten hätten und entscheiden könnten, ob und mit wem wir sie teilen.“

Auch der ebenfalls als einer der Väter des Internets geltende Vint Cerf forderte am Wochenende ein entschiedenes Vorgehen gegen Fake News. Die Technologie habe sich schneller entwickelt als die sozialen Normen. Er sieht allerdings alle Internetnutzer in der Verantwortung, dieses Problem zu lösen. „Eine Lösung ist, zu sagen ‚Mach das nicht, das ist falsch, das ist moralisch falsch‘, was schwach klingt. Die Schwerkraft ist eine schwache Kraft, aber wenn man eine große Masse hat, dann ist sie mächtig.“

Google und Facebook haben bereits zahlreiche Maßnahmen gegen Fake News angekündigt und auch mit deren Umsetzung begonnen. Das Social Network ermöglicht es beispielsweise, fragwürdige Inhalte zu melden. Hierzulande überprüft ein Recherchenetzwerk die erhaltenen Beschwerden. Wird ein Facebook-Beitrag tatsächlich als „falsch“ eingestuft, weist Facebook aber lediglich darauf hin, dass dessen Inhalt angezweifelt wird – der Beitrag selbst wird nicht gelöscht und kann weiterhin auf Facebook verbreitet werden.

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[mit Material von Asha McLean, ZDNet.com, und Joan E. Solsman, News.com]

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Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

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