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BGH-Urteil zu Tauschbörsen: Kennen Eltern den Täter, müssen sie ihn verraten oder haften selbst

Zum Thema „Tauschbörsennutzung und Urheberechtsverletzung“ hat der Bundesgerichtshof diese Woche ein weiteres mit Spannung erwartetes Urteil gefällt. Nach dem grundsätzlichen BGH-Urteil zu dem Thema im Januar 2014 (Aktenzeichen I ZR 169/12 ) wird mit ihm eine weitere offene Frage in Bezug auf einen, von Familien gemeinsam genutzten Internetanschluss beantwortet.

Unwissende Eltern haben bei Abmahnungen wegen Tauschbörsennutzung einem aktuellen BGH-Urteil zufolge ihrer Kinder bessere Chancen ungeschoren davonzukommen (Bild: Shutterstock/Oleg Zhevelev)

Der BGH hatte damals festgestellt, dass nicht billigerweise angenommen werden kann, dass der Anschlussinhaber der Täter ist und damit auch haftet, sofern zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung andere volljährige Familienmitglieder den Anschluss nutzen konnten. Falls er eine Abmahnung erhalten hat, muss er allerdings im Rahmen der sogenannten „sekundären Darlegungslast“ mitteilen, ob Dritte Zugriff hatten, wer die sind und ob sie sie als Täter in Betracht kommen.

Laut BGH sind jedoch nur „zumutbare Nachforschungen“ anzustellen, um diese Informationen zu erhalten. Was unter zumutbar zu verstehen ist, hat der BGH dann in einem weiteren Verfahren im Oktober 2016 präzisiert. Nach Auffassung des 1. Zivilsenats des BGH muss der Abgemahnte selbst nicht den Täter finden und diesen auch nicht benennen.

Das Gericht hat in seiner Entscheidung vielmehr deutlich festgestellt, dass die Nachforschungen lediglich auf den möglichen Zugriff und Namen des potenziellen Täters bezogen sind. Weitere Nachforschungen sind dem Anschlussinhaber nicht zuzumuten. In dem Fall ging es um ein Ehepaar. Der Mann hatte mitgeteilt, dass auch die Frau mit ihrem Computer Zugriff hatte. Die von den Rechteinhabern verlangte Auskunft, ob sich darauf Filesharing-Software befunden hat, ist ihm laut BGH jedoch nicht zumutbar.

Im aktuellen BHG-Urteil dreht es sich um einen Anschluss, der von einer Familie mit drei volljährigen Kindern gemeinsam genutzt wurde. Die Rechteinhaber hatten den Anschlussinhaber (die Eltern) wegen Urheberrechtsverletzung auf Schadensersatz in Höhe von mindestens 2500 Euro sowie Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 1379,80 Euro in Anspruch genommen, weil ein Album der Künstlerin Rihanna im Januar 2011 über den Internetanschluss per Filesharing öffentlich zugänglich gemacht wurde. Die Eltern hatten bestritten, die Rechtsverletzung begangen zu haben. Sie verteidigten sich damit, dass die drei bei ihnen wohnenden, volljährigen drei Kinder jeweils eigene Rechner besessen und über einen mit einem individuellen Passwort versehenen WLAN-Router Zugang zum Internetanschluss hatten. Sie wüssten zwar, welches Kind für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist, wollten dessen Namen jedoch nicht nennen.

Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Kanzlei Wilde Beuger Solmecke (Bild: Solmecke / WBS Law)

In dem Verfahren vor dem BGH ging es nun also darum, ob die Eigentumsrechte der Musikindustrie oder Artikel 6 des Grundgesetzes, der den Schutz von Ehe und Familie zusichert, höher bewertet werden. Wie so oft bei Gerichtsurteilen, kommt es aber auch hier auf die Details an: „Der Bundesgerichtshof bestätige heute erneut, dass der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie höher zu bewerten ist, als der Eigentumsschutz der Musik- und Filmindustrie. Der Anschlussinhaber ist nicht zu konkreten Nachforschungen innerhalb der Familie verpflichtet. Ermittelt er jedoch selber den Täter, so muss er diesen auch benennen, selbst wenn er aus seinem familiären Umfeld kommt“, erklärt der Kölner Anwalt Christian Solmecke.

Der Bundesgerichtshof betonte Solmecke zufolge auch erneut, dass zunächst einmal die Musik- und Filmindustrie beweisen muss, dass der Anschlussinhaber als Täter haftet. Wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen den Internetanschluss benutzen, spreche allerdings eine Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers. Zu dieser Frage müssten sich Anschlussinhaber im Rahmen ihrer sogenannten „sekundären Darlegungslast“ auch äußern, weil die genaueren Umstände den abmahnenden Rechteinhabern nicht bekannt sein können.

Im aktuellen Fall haben die Eltern dieser „sekundären Darlegungslast“ nicht genügt, weil sie den Namen des Kindes verschwiegen haben, das ihnen im Rahmen der ihnen obliegenden Nachforschungen gegenüber die Rechtsverletzung zugegeben hatte. Die Angabe des Namens ist nach Auffassung des BGH zumutbar und mit Artikel 6 des Grundgesetzes vereinbar.

„Die Entscheidung führt zu dem Ergebnis, dass Eltern sich nunmehr besser stellen, wenn sie zwar theoretisch die Möglichkeit in den Raum stellen, dass ihre Kinder die Tat begangen haben, gleichzeitig aber erklären, dass sie den wahren Täter nicht kennen“, so der Anwalt. „Kennen die Eltern den Täter, müssen sie ihn verraten oder sie haften selbst. Kennen Sie den Täter nicht, sind die Eltern von der Haftung befreit.“

[Mit Material von Peter Marwan, silicon.de]

ZDNet.de Redaktion

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