Trotz zahlreicher gegensätzlicher Indikatoren, Meldungen, Berichte und Anzeichen wird China in Europa vielfach immer noch als verlängerte Werkbank wahrgenommen. Als wichtiger Produktionsstandort und vielleicht auch als wichtiger Absatzmarkt. Aber nur selten als Kooperations- und noch seltener als Innovationspartner.
Dem Problem muss sich auch Huawei stellen, insbesondere die Enterprise Business Group des Konzerns. Sie ist neben dem Bereich für das Consumer Business, in dem vor allem Smartphones und Tablets angesiedelt sind, sowie der Sparte für Carrier-Ausrüstung, derzeit der kleinste Bereich, wächst allerdings schnell. Weltweit legte sie beim Umsatz zuletzt um 45 Prozent auf rund 5,9 Milliarden Dollar zu. In Westeuropa fiel der Zuwachs mit 55 Prozent sogar noch größer aus.
Damit ist der Bereich ein wichtiger Umsatzträger für das Unternehmen, dessen Gesamtumsatz 2016 bei 75,1 Milliarden Dollar lag (2016 und 2015 bei 61,3 respektive 46,7 Milliarden). Inzwischen, so berichtete Leon He, Chef der Huawei Enterprise Business Group Europe, diese Woche in Paris auf dem westeuropäischen Partner Summit des Unternehmens, werden 90 Prozent dieses Umsatzes über Vertriebspartner abgewickelt.
Davon gibt es in Westeuropa etwas über 1000. Das soll zunächst auch so bleiben. Huawei möchte den Beteuerungen des in Paris anwesenden Managements zufolge lieber mit den bestehenden Partnern umfangreicher ins Geschäft kommen, als das Geschäft über den Ausbau der Partnerbasis auszubauen.
Die bei solchen Veranstaltungen üblichen Treueschwüren und Loyalitätsbekundungen zum indirekten Vertrieb über Partner sind offenbar nicht nur leere Worte. Beispielsweise bestätigte Beat Halter, Leiter Network Security und Infrastructure Management bei der in der Schweiz ansässigen Abraxas Informatik AG, die in Paris den Technologie-Award als „IP Partner oft he Year“ erhalten hat, dass ein Projekt an der ETH Zürich vor allem über sein Unternehmen abgewickelt worden sei, weil Huawei eben nur über Partner verkaufe.
Dabei ging es um die umfangreiche Ausstattung der Hochschule mit WLAN Access Points. Im Zuge der von Huawei gewonnenen Ausschreibung wurden Wettbewerbsprodukte abgelöst. Abraxas Informatik, das sonst vorrangig Managed Services erbringt, beschränkte sich dabei im Wesentlichen auf die Auslieferung und Installation und eine kleine Anpassung für die Montage der Huawei-Geräte.
Solche Projekte liebt Huawei. Schließlich geht es dem Konzern darum zu zeigen, was er kann. Und um Umsatz. Gewinn ist dabei zunächst nicht so wichtig – von dieser Kenngröße sprach in Paris keiner der vortragenden Huawei-Manager. Die Profitabilität für die Partner soll durch den Schritt weg vom Produktverkauf, hin zum Digitalisierungspartner für die Anwenderunternehmen erhöht werden.
Doch der Schritt ist schwierig. Darauf haben auf der Veranstaltung Chris Barnard, Analyst bei IDC, und Keith Humphreys von EuroLAN Research hingewiesen. Sie zeigten auf, wie Huawei-Partner von den neuen, von der Branche und Huawei besonders in den Mittelpunkt gestellten, horizontalen Bereichen Cloud und IoT sowie deren Anwendung in den vertikalen Marktsegmenten Smart City, Banking, Transportwesen, Smart Grid und der Fertigungsbranche, einerseits profitieren können, wie sie aber andererseits auch damit umgehen müssen, dass dabei nicht mehr der klassische Produktverkauf mit nachfolgender Implementierungsphase im Mittelpunkt steht, sondern alles in irgendeiner Form zum Service wird oder zumindest werden kann.
„Wir waren gewohnt, Hardware zu verkaufen, einen Servicekatalog zu verkaufen ist aber etwas anderes“, räumte denn auch Jeff Jiang, VP Enterprise Cloud Business bei Huawei in Europa, ein. EuroLAN-Analyst Humphreys verdeutlichte das an einem Beispiel unter Zuhilfenahme der 78-er Regel – einer früher in den USA zur einfachen Zinsberechnung herangezogenen Methode. Jeder Cloud-Anbieter müsse sich das vergegenwärtigen und eine magere Anfangsphase durchmachen. Und jeder Vertriebspartner, der sich auf die Cloud einlässt müse wissen, dass er damit nicht nur eine technische Änderung vornimmt, sondern auch Geschäftsmodell und Provisionszahlungen der Mitarbeiter angepasst werden müssen, damit das gesamte Vorhaben – für das ein langer Atem erforderlich ist – überhaupt Aussicht auf Erfolg hat.
Zweiter wesentlicher und auch andernorts schon vielfach betonter Aspekt von Cloud-, SaaS- oder Pay-as-you-use-Angeboten ist, dass der Kunde nicht nur einmal überzeugt, sondern langfristig zufriedengestellt werden muss. Schließlich kann er – zumindest theoretisch – jederzeit abwandern. Dass das dann in der Praxis doch nicht so einfach ist, wie es oft dargestellt wird, hat sich inzwischen herumgesprochen. Daher spielt auch in der neuen Welt Vertrauen eine wesentliche Rolle.
Hier hat Huawei eine erhebliche Bürde mit auf den Weg bekommen. Erstens gab es noch vor gar nicht allzu langer Zeit diverse Spionage-Warnungen– und Befürchtungen, die es allerdings stets kategorisch zurückgewiesen hat. Zweitens haben viele europäische und deutsche Unternehmen mit der eher sprunghaften und spontanen Geschäftspolitik asiatischer Firmen in der Vergangenheit schon unerfreuliche Erfahrungen gemacht. Auch das mag ein Grund für die starke Partnerorientierung von Huawei sein, haben die Kunden doch so einen Gewährsmann vor Ort, der im Falle eines Problems greifbar ist und greifbar bleibt.
Um beiden Sorgen zu begegnen, bemühte sich das Huawei-Management, das ja in viele Marktsegmente gleichzeitig eindringen oder sich dort festsetzen will, die Partner durch zahlreiche Angaben zur inzwischen gefestigten Position des Unternehmens im Markt zu bestärken und ihnen zugleich Munition für ihre Gespräche mit potenziellen Kunden an die Hand zu geben. Zur „Propaganda durch Tatsachen“ gehört einerseits die Erwähnung zahlreicher positiver Platzierungen in diversen Ranglisten, die Relevanz und Bekanntheit der Marke Huawei untermauern sollen.
Andererseits dienen dazu die zahlreichen Geschäftsbeziehungen zu renommierten Firmen im Allgemeinen und zu ausgewählten Referenzkunden respektive Technologiepartnern. So konnte Europachef Leon He etwa darauf verweisen, dass Huawei im branchenübergreifenden Interbrand-Ranking inzwischen weltweit Platz 72 belegt, dass es in der Liste der Fortune-500-Firmen selbst auf Platz 129 liegt.
Von den insgesamt 132 Fortune-500-Firmen mit Sitz in Westeuropa sind dem Unternehmen zufolge inzwischen 41 Huawei-Kunden. Dass Huawei mit seiner Enterprise-Sparte in jüngster Zeit insbesondere bei Großkunden Erfolge zu verzeichnen hat, wird auch daran deutlich, dass es ein Jahr zuvor erst 17 waren. Zu den Referenzkunden gehört ganz neu DHL, das zusammen mit Huawei ein IoT-Projekt angegangen ist und seien Container nicht nur trackt, sondern auch mit einem digital steuerbaren Schloss versieht und – sofern relevant – auch Temperatur und Luftfeuchtigkeit aus der Ferne überwacht.
Auch mit dem Landmaschinenhersteller Holmer, der dabei mit T-Systems und dem Fraunhofer ESK kooperiert, ist Huawei mit einer IoT-Lösung im Geschäft: es geht dabei um vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) bei Maschinen zur Zuckerrübenernte.
Ein weiterer wichtiger Ritterschlag für Huawei beim Kampf um Kunden in Europa ist, dass führende europäische Telekommunikationsfirmen – Orange, Telefónica und die Deutsche Telekom – für einen Teil ihrer Cloud-Angebote inzwischen auf Huawei-Hardware setzen. Vorreiter diesbezüglich, besonders aktiv und mit seiner Datentreuhänder-Strategie wohl auch am erfolgreichsten, ist die Deutsche Telekom. Sie setzt für die Open Telekom Cloud auf Huawei. Über der Hardware liegt – wie bei dem Huawei-eigenen Cloud-Angebot FusionCloud – OpenStack. So soll es Firmen leichter fallen, Aufgaben in die Public Cloud und von dort wieder zur Private Cloud zu migrieren.
Huaweis- Chef-Cloud-Stratege Jeff Jiang stellt bei den Cloud-Angeboten grundsätzlich deren Offenheit in den Vordergrund. Die konsequente Nutzung von OpenStack sei nur ein Teil davon. Jiang verweist auch auf das inzwischen beachtliche Engagement bei Open-Source-Projekten wie OpenStack, Cloud Native, Apache Spark, Hadoop, OPNFV und weiteren, sowie dem von Huawei mitgetragenen CarbonData.
Weiteres Standbein dieser Charme-Offensive unter dem Schlagwort „Open“ sind die OpenLabs. In ihnen arbeitet Huawei mit Partnern und großen Kunden quasi auf Zuruf daran, Lösungen für vertikale Märkte, bestimmte Länder oder spezifische Probleme zu erarbeiten. Nach Aussagen von Partnern in Paris funktioniert das tatsächlich erstaunlich unbürokratisch und sei der Weg zu den Technikern „wesentlich kürzer, als bei vielen amerikanischen Firmen“ – sofern er da überhaupt gangbar sei.
Eines dieser weltweit derzeit 12 OpenLabs befindet sich seit April 206 in München. Zwei weitere sollen dieses Jahr in Europa noch eröffnet werden. In Paris stehen dann Entwicklungen im Bereich IoT, für Energieversorger und die Fertigungsbranche im Mittelpunkt, in London konzentriert sich Huawei zunächst auf Entwicklungen für die Digitalisierung der Finanzbranche. Weitere, unter anderem in Moskau, Johannesbirg, Dallas und Bangkok, sind geplant. Insgesamt will Huawei bis 2019 in seine OpenLabs rund 200 Millionen Dollar investieren.
Sie sollen als Schnittstellen und Orte der Begegnung mit den weltweit rund 80.000 Entwicklern dienen, die für Huawei arbeiten. Über sie soll dann auch ein Teil der Arbeiten, die mit den laut Huawei 11 Milliarden Dollar, die 2016 für den Bereich Forschung & Entwicklung eingeplant sind, auf die Straße gebracht werden. Damit gibt der Konzern fast ein Siebtel seines Umsatzes für diesen Bereich aus. Das belegt wohl am besten, mit welchem Ehrgeiz der Konzern seine Ziele verfolgt.
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