Netze müssen schneller, kostengünstiger und ad hoc programmierbar werden. Dazu trägt NFV bei. NFV steht für Network Function Virtualization. Was aber bedeutet das?
Wichtige Funktionen von Netzwerken auf den Netzwerkebenen 2 (Netzwerk) und 3 (logische Verbindung) wurden bisher ausschließlich durch proprietäre Hardware bereitgestellt und von dieser ausgeführt. Beispiele dafür sind Firewall-, Loadbalancer-, Routing- oder Monitoring-Appliances. Die stammten von unterschiedlichen Herstellern. Das wiederum bedeutete unterschiedliche Bedienersystematiken, die erlernt werden mussten, unterschiedliche Update-Zyklen, Lizenzvereinbarungen und Protokolle. Das verursacht viel Aufwand, der sich letztlich in den Netzwerkkosten für die Anwender und in der mangelnden Flexibilität des Providers beim Erfüllen dringlicher Kundenwünsche niederschlägt.
Mit NFV werden diese Funktionen nun von der Hardware abgelöst und als virtualisierte Software so bereitgestellt, dass sie auf beliebigen Standardservern lauffähig sind, beispielsweise in einer virtuellen Maschine. Dadurch können die Funktionen zentral gebündelt und beispielsweise durch Server-Spiegelung mit wenig Aufwand redundant ausgelegt werden.
Außerdem erhöht NFV einerseits Sicherheit und Verfügbarkeit während andererseits der Aufwand gegenüber Lösungen reduziert wird, die auf Spezial-Hardware basieren. Steuern und einrichten lassen sich die über NFV bereitgestellten Funktionen über Softwareschnittstellen. Damit entfällt das umständliche Konfigurieren von Appliances, das im ungünstigsten Fall händisch an ihrem Standort erfolgen musste. Auch der damit verbundene Aufwand für Vor-Ort-Personal, Fahrzeuge und die Zeit, die für solche Wartungsaufgaben aufgewendet wurde, fällt weg.
Zudem können gerade benötigte Funktionen auf den Verbindungen, wo man sie braucht, ad hoc ein- und ausgeschaltet werden – sogar über Selbstbedienungsportale, wenn Anwender ihre Dienste on demand selbst konfigurieren möchten. Mehrwertfunktionen im Netz werden also elastisch und flexibel wie auch die Netzverbindungen selbst im SDN (Software Defined Network) und wie Anwender es wünschen. Provider können ihren Kunden damit bessere und flexiblere Angebote unterbreiten und die versprochenen Services schneller bereitstellen. Das wochenlange Warten auf einen neuen Service, etwa eine WAN-Verbindung, gehört der Vergangenheit an. Schon in Minuten ist sie genau in der benötigten Qualität und Bandbreite verfügbar.
Das Netz lässt sich mittels NFV jederzeit um neue Mehrwertfunktionen erweitern, indem diese wie die bisherigen über eine virtuelle Maschine bereitgestellt werden. So ist eine solche Funktion schnell für alle Anwender verfügbar. Neuinstallationen von Hardware im Netz sind dafür in der Regel nicht nötig. Aktualisierungen bestehender Mehrwertfunktionen, die als Software realisiert sind, erfordern keine Installationen auf proprietären Appliances mehr, sondern lediglich Standard-Software-Updates der NFV-Lösung auf der entsprechenden virtuellen Maschine.
Der Trend zur Cloud verstärkt den Nutzen von NFV. Der Datenverkehr in die Cloud hat sich nach Erhebungen von Cisco in den vergangenen Jahren jährlich verdoppelt – und ein Ende ist nicht abzusehen. In Zukunft werden Unternehmen regelmäßig mehrere Cloud-Provider parallel nutzen und sehr wahrscheinlich auch wechseln. Daher wird es immer wichtiger, dass ihnen ihr Provider Verbindungen zu Cloud-Providern genau mit den von ihnen gewünschten Qualitäten, Funktionen und Bandbreiten sehr schnell bereitstellen und diese Verbindungen nach Gebrauch wieder abbauen kann. Dabei sollten nur für die tatsächliche Nutzungsdauer und den tatsächlichen Nutzungsumfang Kosten anfallen.
NFV vervollständigt das Konzept des SDN (Software Defined Networking). Beide Technologien verwandelt das gesamte Netz mit allen seinen Verbindungen in eine Liquid Infrastructure, die sich nahezu in Echtzeit an die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Benutzer anpasst. „Netzwerkbetreiber und Unternehmen sprechen deshalb inzwischen nicht mehr von SDN und NFV, sondern eher von Netzwerkintelligenz“, sagt Süleyman Karaman, Geschäftsführer der Colt Technology Services GmbH.
„Netzwerkintelligenz und hohe Bandbreiten sind inzwischen ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Unternehmen.“ Werden solche intelligenten Infrastrukturen von mehreren Kunden gemeinsam genutzt, teilen sich alle Kunden des Providers deren Kosten über die Netzentgelte. Karaman: „Das Anmieten intelligenter Netzservices ist ein Beispiel für die positiven Effekte der sich ausbreitenden Sharing-Ökonomie: Provider wie Colt konzentrieren sich auf den Aufbau technologisch auf neuestem Stand befindlicher Netzwerke, damit Anwender sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Unternehmen wie das Filmfestival Berlinale, die Molkerei Theo Müller oder das Brandschutzunternehmen hhpberlin haben das bereits verstanden.“
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